Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsbetreuer. Höhe des Stundensatzes. Besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse. Abgeschlossene Ausbildung. Sozialwirtin. Vertrauensschutz. Erhöhung des Stundensatzes. Verwaltungsverfahren. Schützenswertes Vertrauen
Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe des dem Berufsbetreuer gem. § 4 VBVG zu vergütenden Stundensatzes.
Normenkette
BGB §§ 1836, 1908i; VBVG § 4
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 20.07.2012; Aktenzeichen 12 T 1050/12) |
AG Ingolstadt (Entscheidung vom 01.06.2012; Aktenzeichen 17 XVII 26/92) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Ingolstadt vom 20.7.2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 110 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden Betreuerin), die im Februar 2006 zur Berufsbetreuerin des mittellosen Betroffenen bestellt wurde, beantragte für den Abrechnungszeitraum vom 1.1.2012 bis zum 31.3.2012 die Festsetzung ihrer Vergütung auf der Grundlage des ihr bis dahin im Verwaltungsverfahren erstatteten Stundensatzes von 44 EUR.
Rz. 2
Sie schloss im Jahr 2004 erfolgreich die Ausbildung zur Sozialwirtin (BFZ-FH) bei den beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft in Kooperation mit der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten ab.
Rz. 3
Das AG hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) (im Folgenden Staatskasse) hat das LG den Beschluss des AG dahin abgeändert, dass es die Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 EUR festgesetzt hat.
Rz. 4
Mit der vom LG zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betreuerin ihren Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.
II.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Rz. 6
1. Die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts, nach der die Betreuerin nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat, ist nicht zu beanstanden. Das Beschwerdegericht hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zu den Voraussetzungen einer mit einer Hochschulausbildung vergleichbaren Ausbildung (BGH v. 18.1.2012 - XII ZB 409/10, FamRZ 2012, 629 Rz. 11 [staatlich anerkannte Sozialwirtin]; v. 4.4.2012 - XII ZB 447/11, NJW-RR 2012, 774 Rz. 16 ff. [Sparkassenbetriebswirtin]) in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die von der Betreuerin absolvierte Ausbildung zur Sozialwirtin schon im Hinblick auf Art und Umfang nicht mit einer Ausbildung an einer Hochschule zu vergleichen ist.
Rz. 7
2. Das Beschwerdegericht war - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verpflichtet, an dem zuvor von dem Rechtspfleger im Verwaltungsverfahren der Betreuerin zugebilligten Stundensatz von 44 EUR für die Zukunft festzuhalten. Es musste vielmehr auf den neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung erneut prüfen. Nachdem es dabei abweichend von der früheren Wertung des Rechtspflegers zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Betreuerin die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, entsprechend zu entscheiden (vgl. BVerfGE 18, 224, 240, 241; BGH, Urt. v. 2.12.1976 - VII ZR 88/75, NJW 1977, 375, 376). Die Betreuerin musste auch schon früher stets damit rechnen, dass der im Verwaltungsverfahren zugebilligte Stundensatz bei einer gerichtlichen Festsetzung und Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss v. 8.2.2012 - XII ZB 231/11 - juris Rz. 15).
Rz. 8
Das Beschwerdegericht hat somit zu Recht ein schützenswertes Vertrauen der Betreuerin verneint und die Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 EUR festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 3659777 |
NJW 2013, 6 |
EBE/BGH 2013 |
FamRZ 2013, 781 |
NJW-RR 2013, 577 |
FGPrax 2013, 120 |
JurBüro 2013, 376 |
BtPrax 2013, 122 |
JZ 2013, 292 |
MDR 2013, 559 |
Rpfleger 2013, 333 |