Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.02.2013; Aktenzeichen 6 UF 169/11) |
AG Darmstadt (Beschluss vom 15.03.2011; Aktenzeichen 54 F 1193/10 PF) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen in Darmstadt des OLG Frankfurt vom 7.2.2013 teilweise aufgehoben und insgesamt neu gefasst.
Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG Darmstadt vom 15.3.2011 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die dem weiteren Beteiligten zu 1) aus der Staatskasse zu erstattenden Ansprüche für seine Tätigkeit als Ergänzungspfleger werden unter Zurückweisung seines darüber hinausgehenden Vergütungsantrags vom 12.11.2010 auf 210,03 EUR festgesetzt.
Die weitergehende Beschwerde der Staatskasse wird zurückgewiesen.
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 289 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Das Verfahren betrifft die Vergütung des Ergänzungspflegers für einen unbegleitet eingereisten minderjährigen Flüchtling.
Rz. 2
Das AG bestellte Ende 2009 das Jugend- und Sozialamt der Stadt F. zum vorläufigen Pfleger des mittellosen Minderjährigen und den Beteiligten zu 1), einen Rechtsanwalt, zum Ergänzungspfleger mit dem Wirkungskreis "ausländer- und asylrechtliche Betreuung". Der Ergänzungspfleger führte in Anwesenheit eines Dolmetschers ein Gespräch mit dem Minderjährigen und reichte einen Asylantrag für ihn ein. Ferner begleitete er ihn zur Anhörung im Asylverfahren. Er erstattete sodann seinen Bericht gegenüber dem AG und beantragte, seine Kosten und Auslagen "gemäß §§ 1835, 1836 BGB" i.H.v. 498,85 EUR festzusetzen. Hierbei berechnete er bei einem Gegenstandswert von 3.000 EUR eine 1,8-Gebühr nach §§ 2, 13, 14 RVG sowie nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2300 RVG-VV nebst Auslagen und Umsatzsteuer.
Rz. 3
Das AG hat die dem Ergänzungspfleger aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütungsansprüche in beantragter Höhe festgesetzt. Das OLG hat die zugelassene Beschwerde der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Staatskasse), mit der diese eine Herabsetzung der Vergütung auf Beratungshilfesätze i.H.v. 99,96 EUR erstrebt hat, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Staatskasse, die dem Ergänzungspfleger für den Teil seiner Tätigkeit, der seinem "beruflichen Dienst" zuzuordnen sei, zuzuerkennende Vergütung auf die Sätze der Beratungshilfe zu begrenzen. Außerdem sei ihm für die auf eine Stunde zu schätzende Erstellung des Berichts ein Betrag von 33,50 EUR zu vergüten. Mit Auslagen und Umsatzsteuer ergebe sich daher eine Vergütung von 210,03 EUR.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Dem Ergänzungspfleger stehen jedenfalls keine über 210,03 EUR hinausgehenden Ansprüche gegen die Staatskasse zu.
Rz. 5
1. Die für vorliegendes Verfahren maßgeblichen Rechtsfragen hat der Senat - nach Erlass der angegriffenen Entscheidung - mit Beschluss vom 4.12.2013 (XII ZB 57/13 - juris Rz. 11 ff.), auf den in vollem Umfang Bezug genommen wird, entschieden.
Rz. 6
a) Danach war die Bestellung des Ergänzungspflegers für einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling zwar nicht zulässig, was ihrer Wirksamkeit aber nicht entgegensteht. Sie bindet daher die Gerichte im Vergütungsfestsetzungsverfahren.
Rz. 7
b) Wie im dortigen Verfahren ist das OLG auch hier schon deshalb zu Unrecht von einem Wahlrecht des anwaltlichen Ergänzungspflegers zwischen einer Vergütung nach Stundensätzen und einer solchen auf Grundlage des anwaltlichen Vergütungsrechts ausgegangen, weil es an der für den Vergütungsanspruch gem. § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB konstitutiven Feststellung fehlt, dass die Ergänzungspflegschaft berufsmäßig geführt wird. Mithin kam eine Abrechnung auf Stundenbasis nicht in Betracht. Soweit die Rechtsbeschwerde gleichwohl eine Stunde als gem. § 3 Abs. 1 VBVG vergütungsfähig zugesteht, ist dies der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren entzogen.
Rz. 8
c) Das OLG hat nicht geprüft, ob bzw. inwieweit die vorliegend vom Ergänzungspfleger im Rahmen seiner Amtsführung geleisteten Dienste spezifische anwaltliche Tätigkeiten darstellen, die allein einen Aufwendungsersatzanspruch gem. § 1835 Abs. 3 BGB begründen können. Die Rechtsbeschwerde stellt das Bestehen eines solchen Anspruchs dem Grunde nach nicht in Frage. Mit Erfolg macht sie jedoch geltend, dass dem Ergänzungspfleger insoweit jedenfalls kein die Beratungshilfesätze übersteigender Anspruch zusteht (Senatsbeschluss v. 4.12.2013 - XII ZB 57/13 - juris Rz. 16 ff.). Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts geht die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers für den Minderjährigen im verwaltungsrechtlichen Asylverfahren nicht über die Leistungen hinaus, die ein Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe schuldet.
Rz. 9
2. Mithin kann der Beteiligte zu 1) jedenfalls nicht mehr als die 210,03 EUR für seine Tätigkeit als Ergänzungspfleger mit Erfolg geltend machen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Gebühr nach Nr. 2503 RVG-VV (in der hier maßgeblichen, vor dem 1.8.2013 geltenden Fassung) nebst Pauschale gem. Nr. 7002 RVG-VV und Reisekosten, jeweils gem. Nr. 7008 RVG-VV zzgl. Umsatzsteuer, sowie dem Betrag von 33,50 EUR nebst Umsatzsteuer (eine Stunde gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG), bezüglich dessen die Rechtsbeschwerde nicht geführt wird.
Fundstellen