Leitsatz (amtlich)

Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 522 Abs. 1, § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 16.10.2018; Aktenzeichen 23 S 162/18)

AG Cham (Urteil vom 01.08.2018; Aktenzeichen 8 C 121/18)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Regensburg vom 16.10.2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 581,11 EUR.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Das LG hat durch den angefochtenen Beschluss die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG als unzulässig verworfen, da der Wert des Beschwerdegegenstands nicht 600 EUR übersteige (§ 511 Abs. 2 ZPO). Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.

Rz. 2

1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, Alt. 2 ZPO).

Rz. 3

2. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.

Rz. 4

a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben sowie den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen. Anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§§ 576 Abs. 3, 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangels aufzuheben (vgl. BGH, Beschlüsse v. 19.3.2019 - VI ZB 27/17, juris Rz. 5; vom 12.2.2019 - VI ZB 35/17, juris Rz. 4; v. 6.2.2018 - VI ZB 12/17, juris Rz. 4; v. 26.4.2016 - VI ZB 4/16 und - VI ZB 7/16, NJW-RR 2016, 952 Rz. 16; v. 16.4.2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rz. 4; BGH, Beschl. v. 13.3.2014 - V ZB 138/13, FamRZ 2014, 1364 Rz. 3; jeweils m.w.N.). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§§ 577 Abs. 2 Satz 1 und 4, 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Dies gilt auch, wenn das Berufungsgericht die Berufung verwirft, weil die Berufungssumme nicht erreicht sei (vgl. BGH, Beschlüsse v. 12.2.2019 - VI ZB 35/17, juris Rz. 5; v. 6.2.2018 - VI ZB 12/17, juris Rz. 4; v. 16.4.2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rz. 4; BGH, Beschl. v. 13.3.2014 - V ZB 138/13, FamRZ 2014, 1364 Rz. 3). Denn die Wertfestsetzung kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die Grenzen des ihm von § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder rechtsfehlerhaft von ihm Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschlüsse v. 12.2.2019 - VI ZB 35/17, juris Rz. 5; v. 6.2.2018 - VI ZB 12/17, juris Rz. 4; v. 16.4.2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rz. 4; jeweils m.w.N.).

Rz. 5

b) So verhält es sich hier. Der für die rechtliche Überprüfung erforderliche Sachverhalt und das Rechtschutzziel des Klägers lassen sich der angefochtenen Entscheidung auch unter Berücksichtigung der darin in Bezug genommenen Verfügung nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen.

III.

Rz. 6

Sollte das Berufungsgericht (erneut) zu dem Ergebnis gelangen, dass die Berufungssumme nicht erreicht ist, wird es vor der Verwerfung der Berufung eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung zu treffen haben, da das erstinstanzliche Gericht ersichtlich davon ausgegangen ist, dass die Beschwer des Klägers 600 EUR übersteigt, und deswegen keine solche Prüfung vorgenommen hat (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 12.4.2011 - VI ZB 31/10, NJW-RR 2010, 934 Rz. 10 f.; BGH, Beschl. v. 21.8.2018 - VIII ZB 1/18, juris Rz. 13; jeweils m.w.N.).

IV.

Rz. 7

Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Mangels tatsächlicher Feststellungen zum Sach- und Streitstand hat der Senat den Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach der Wertfestsetzung des Berufungsgerichts bestimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13211371

NJW 2019, 9

FamRZ 2019, 1440

NJW-RR 2019, 952

FA 2019, 313

JZ 2019, 548

MDR 2019, 954

VersR 2020, 250

Mitt. 2019, 476

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