Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsentschädigung aufgrund des dem Kläger eingeräumten dinglichen Mitbenutzungsrechts an einem im Eigentum der Beklagten befindlichen Grundstück
Leitsatz (redaktionell)
Ist ein Ehegatte zwar nicht Miteigentümer des Familienwohnhauses aber hat er ein dem Miteigentum in seinen Funktionen weithin vergleichbares dingliches, auf Lebenszeit bestehendes Wohnrecht mit umfassendem Mitbenutzungsrecht am gesamten Anwesen, steht ihm ein Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung bezüglich der ehemaligen Ehewohnung aus einer entsprechenden Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB zu. Ein solcher Anspruch besteht, wenn ein Ehegatte nach Scheitern der Ehe das im Miteigentum beider Ehegatten stehende Familienwohnhaus verlässt und zum Ausgleich für die entgangene Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsentschädigung verlangt. Hier ist nach Lebenshintergrund und Interessenkollision dem Grunde nach eine vergleichbare Lage gegeben.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, § 741
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OLG (Entscheidung vom 22.12.2008; Aktenzeichen 15 U 4/08) |
LG Kiel (Entscheidung vom 14.05.2008; Aktenzeichen 2 O 280/06) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Nutzungsentschädigung aufgrund des dem Kläger eingeräumten dinglichen Mitbenutzungsrechts an einem im Eigentum der Beklagten befindlichen Grundstück.
Die im Juni 2002 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch Urteil des Familiengerichts am 29. September 2006 rechtskräftig geschieden. Mit notariellem Vertrag vom 17. März 2003 übertrug die Mutter des Klägers ihr seinerzeit von den Parteien bewohntes Grundeigentum auf die Beklagte. Das Grundstück ist 1.209 qm groß und mit einem Mehrfamilienhaus sowie Nebengebäuden bebaut; das Wohngebäude verfügt über drei Wohnungen. In Abschnitt II. des notariellen Vertrages räumte die Beklagte dem Kläger als "Gegenleistung" die Mitbenutzung aller im Souterrain und im Erdgeschoss liegenden Räume des auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäudes gemäß §§ 1090 bis 1092 BGB ein; von dem Mitbenutzungsrecht sind zudem die auf dem Grundstück stehenden zwei Nebengebäude und der Carport umfasst.
Die Parteien wohnten zunächst in der -später zeitweise vermieteten -Erdgeschosswohnung. Sie zogen in die Souterrainwohnung um, nachdem diese ausgebaut worden war. Im Juni 2004 trennten sich die Parteien. Nachdem der Kläger durch Urteil des Landgerichts Kiel vom 28. Oktober 2004 wegen sexueller Nötigung unter anderem zum Nachteil der Beklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war, wies das Familiengericht die Souterrainwohnung der Beklagten für die Dauer des Getrenntlebens zur alleinigen Nutzung zu. Die Beklagte bewohnt diese Wohnung mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten.
Das Landgericht hat der auf Zahlung eines monatlichen "Nutzungsausfalls" gerichteten Klage in Höhe von 550 € monatlich ab Oktober 2006 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten, mit der sie eine Herabsetzung der Nutzungsentschädigung begehrt hat, hat das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt, für die Zeit von Oktober 2006 bis April 2008 eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.711,53 € und ab 1. Mai 2008 eine Nutzungsentschädigung von monatlich 349,25 € an den Kläger zu zahlen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.
I.
Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, dem Kläger stünde ein Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung aus einer entsprechenden Anwendung von § 745 Abs. 2 BGB zu. Ein solcher Anspruch bestehe, wenn ein Ehegatte nach Scheitern der Ehe das im Miteigentum beider Ehegatten stehende Familienwohnhaus verlasse und zum Ausgleich für die entgangene Nutzungsmöglichkeit eine Nutzungsentschädigung verlange. Eine nach Lebenshintergrund und Interessenkollision vergleichbare Lage sei dem Grunde nach gegeben, wenn der eine Ehegatte zwar nicht Miteigentümer des Familienwohnhauses sei, aber ein dem Miteigentum in seinen Funktionen weithin vergleichbares dingliches, auf Lebenszeit bestehendes Wohnrecht mit umfassendem Mitbenutzungsrecht am gesamten Anwesen habe.
Wende man die - von der Beklagten eingewandten - Vorschriften des Schleswig-Holsteinischen AGBGB zu Art. 96 EGBGB an, sei auch nach § 10 Abs. 1 AGBGB grundsätzlich ein Anspruch auf Geldrente gegeben (BU 13 f.).
Bei der Bemessung der Nutzungsentschädigung sei entgegen der Auffassung des Landgerichts auf den hälftigen Wert der Nutzung beider Wohnungen abzustellen. Hinsichtlich der Erdgeschosswohnung, die nunmehr wieder vermietet sei, sei von einem zumindest erzielbaren Mietzins von 550 € und bezüglich der Souterrainwohnung von einer Kaltmiete von 500 € auszugehen.
In entsprechender Anwendung der §§ 748, 755 BGB seien die Darlehensraten, die die Beklagte zu leisten habe, auf die Nutzungsentschädigung anzurechnen. Ebenfalls seien die von der Beklagten zu entrichtenden Steuern und der monatlich an die Mutter des Klägers zu entrichtende Betrag von 130 € teilweise anrechenbar; auch insoweit handele es sich um eine Grundstückslast (BU 16 f.).
Schließlich sei der Anspruch weder verwirkt noch führe eine analoge Anwendung des § 162 BGB zu einem Fortfall des Anspruchs.
II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
1.
Zu folgen ist dem Berufungsgericht jedoch, soweit es § 745 Abs. 2 BGB auf das für die ehemalige Ehewohnung im Souterrain bestehende Mitbenutzungsrecht entsprechend angewandt hat. Dabei ist das Berufungsgericht zu Recht von einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ausgegangen; vor allem haben die Beteiligten in dem notariellen Vertrag vom 17. März 2003 ausdrücklich auf die "§§ 1090 bis 1092 BGB" verwiesen.
a)
Steht ein Recht mehreren gemeinschaftlich zu (§ 741 BGB), kann jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, nach § 745 Abs. 2 BGB eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen und notfalls gerichtlich durchsetzen. Dem Fehlen einer Vereinbarung oder eines Mehrheitsbeschlusses über die Verwaltung und Benutzung steht gleich, wenn nach einer Regelung tatsächliche Veränderungen eingetreten sind, die ein Festhalten an der bisherigen Verwaltungsvereinbarung unerträglich erscheinen lassen. Auch in diesem Falle ist jeder Teilhaber berechtigt, eine Änderung der bisherigen Verwaltungsregelung zu fordern (BGH Urteil vom 4. Februar 1982 - IX ZR 88/80 - FamRZ 1982, 355, 356).
aa)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann demjenigen Ehegatten, der nach endgültiger Trennung aus der im Eigentum beider Ehegatten stehenden Immobilie ausgezogen ist, ein Zahlungsanspruch nach § 745 Abs. 2 BGB zustehen (Urteil vom 4. Februar 1982 - IX ZR 88/80 - FamRZ 1982, 355, 356; s. auch Senatsurteile vom 13. November 1996 - XII ZR 125/95 - FamRZ 1997, 484, 486; vom 8. Mai 1996 - XII ZR 254/94 - FamRZ 1996, 931, 932; vom 13. April 1994 - XII ZR 3/93 - FamRZ 1994, 822; vom 11. April 1990 - XII ZR 32/89 - NJW 1991, 570, 571; BGHZ 87, 265, 271 f.). Weitere Voraussetzung ist, soweit eine Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung im Streit steht, dass die - hier gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch maßgeblichen (vgl. MünchKomm-BGB/Wellenhofer 5. Aufl. § 1568 a Rdn. 6) - §§ 1 Abs. 1, 2, 5 Abs. 2 HausratsVO a.F. nicht zur Anwendung gelangen, also unter den Parteien Einigkeit darüber besteht, wer von ihnen die Ehewohnung künftig bewohnen soll (BGH Urteil vom 4. Februar 1982 - IX ZR 88/80 - FamRZ 1982, 355; Wever Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 5. Aufl. Rdn. 102 m.w.N.).
bb)
Diese Grundsätze finden nach Auffassung des Senats auch Anwendung, wenn dem weichenden Ehegatten lediglich ein dingliches Mitbenutzungsrecht an der Ehewohnung eingeräumt ist (so auch OLG Koblenz FamRZ 2001, 225; OLG Naumburg Urteil vom 13. November 2007 - 3 U 10/07 - n.v.; Wever aaO Rdn. 114).
(1)
Bei dem dinglich eingeräumten Mitbenutzungsrecht handelt es sich seiner Art nach um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gemäß § 1090 BGB.
Nach dieser Bestimmung kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen. Als Benutzung kommt jeder fortgesetzte und wiederholte Gebrauch eines Grundstücks und damit auch die Benutzung eines auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes in Betracht. Das gilt für den Fall, dass das Mitbenutzungsrecht Wohnraum umfasst (OLG Saarbrücken MittRhNotK 1992, 47, 48). Soll das Recht, ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes als Wohnung benutzen zu können, begründet werden, so muss dies nicht unter Ausschluss des Eigentümers in der Form eines Wohnungsrechts gemäß § 1093 BGB geschehen. Möglich ist es auch, eine Wohndienstbarkeit ohne Ausschluss des Eigentümers gemäß § 1090 BGB zu begründen (OLG Saarbrücken MittRhNotK 1992, 47, 48).
(2)
Zwar steht das Eigentumsrecht in Fallkonstellationen der vorliegenden Art anders als im Falle der Miteigentümerschaft nicht beiden Ehegatten gemeinschaftlich im Sinne von § 741 BGB zu. Gleichwohl finden die §§ 741 ff. BGB auf das Verhältnis des Alleineigentümers zum Mitbenutzungsberechtigten entsprechend Anwendung. Denn bezogen auf das Recht, die Sache zu nutzen, sind sie gleichberechtigt. Die insoweit bestehende Gemeinschaft bedarf genauso einer gemeinschaftlichen Verwaltung wie die Miteigentümergemeinschaft. Zu Recht weist das Oberlandesgericht Koblenz darauf hin, dass die fragliche Konstellation nach Lebenshintergrund und Interessenkollision mit dem Fall der Miteigentümerschaft vergleichbar sei (OLG Koblenz FamRZ 2001, 225). So hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, zwischen dem Nießbraucher und dem Alleineigentümer bestehe eine Nutzungs- und Verwaltungsgemeinschaft, auf die §§ 741 ff. BGB entsprechend anwendbar seien (BGH Beschluss vom 25. Oktober 2006 - VII ZB 29/06 - FamRZ 2007, 135).
(3)
Auch wenn das als beschränkte persönliche Dienstbarkeit ausgestaltete Mitbenutzungsrecht - ebenso wie das Nießbrauchsrecht, aber anders als das Eigentumsrecht - weder übertragbar (§ 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB) noch vererblich ist (Palandt/Bassenge BGB 69. Aufl. Überblick vor § 1018 Rdn. 1), bedeutet das - vorbehaltlich anderslautender Vereinbarungen - nicht, dass es nur persönlich ausgeübt werden kann. Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit erlischt, wenn ihre Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd unmöglich wird (BGH Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 163/06 - MDR 2007, 708, 709). Das ist u.a. der Fall, wenn das Recht niemandem mehr einen Vorteil bietet (BGH aaO). An diesen Voraussetzungen fehlt es aber, wenn der Nutzungsberechtigte sein Recht - aus welchen Gründen auch immer - nicht persönlich ausübt. Denn ihm bleibt nach § 1090 Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit, mit Gestattung des Grundstückseigentümers die Ausübung seines Rechts anderen zu überlassen und dadurch beispielsweise für sich einen Mietzinsanspruch gegen den Besitzer der dem Recht unterliegenden Räume zu begründen (zum Wohnungsrecht nach § 1093 BGB: BGH Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 163/06 - MDR 2007, 708, 709).
cc)
Der nach Auffassung des Senats gebotenen analogen Anwendung der §§ 741 ff. BGB steht die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des Senats vom 8. Mai 1996 (- XII ZR 254/94 - FamRZ 1996, 931) nicht entgegen, mit der er einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung des weichenden gegenüber dem verbleibenden Wohnungsberechtigten abgelehnt hat. Dort hatte der Senat u.a. maßgeblich darauf abgestellt, dass den Parteien das Wohnungsrecht als Altenteilsleistungen gewährt worden sei, die Berechtigung also regelmäßig mit dem Verbleiben auf dem Grundstück verknüpft sei (Senatsurteil aaO S. 932). Die letztgenannten Erwägungen treffen auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu, weil es vorliegend an einer Altenteilsleistung fehlt (näher dazu unten 3.) und der Kläger sein Mitbenutzungsrecht nicht mit dem Auszug aus der Ehewohnung verlieren sollte (näher dazu unten b) bb).
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg (FamRZ 1996, 1085) betraf ebenfalls eine andere Fallgestaltung. Dem mit seinem Zahlungsbegehren erfolglos gebliebenen und die Ehewohnung verlassenden Ehegatten war eine anderweitige wirtschaftliche Verwertung seines Wohnungsrechtes aus § 1093 BGB, insbesondere durch Vermietung an Dritte, nach Maßgabe der zwischen den Ehegatten geschlossenen notariellen Vereinbarung versagt (OLG Bamberg FamRZ 1996, 1085). Im Übrigen stehen das Wohnungsrecht nach § 1093 BGB auf der einen Seite und das Alleineigentum auf der anderen Seite einer entsprechenden Anwendung der §§ 741 ff. BGB schon deshalb entgegen, weil das Nutzungsrecht gemäß § 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließlich dem Wohnungsrechtsinhaber zusteht. Ein Teilrecht, das beiden gemeinschaftlich zustehen kann, besteht in diesem Fall nicht.
b)
Gemessen hieran hat das Berufungsgericht dem Kläger für die zuletzt als Ehewohnung genutzte Souterrainwohnung dem Grunde nach zu Recht eine Nutzungsentschädigung zugesprochen.
aa)
Zutreffend hat das Berufungsgericht den Anspruch auf § 745 BGB gestützt und nicht auf die hier noch anwendbaren Normen der HausratsVO. Denn zwischen den Parteien bestand Einigkeit dahin, dass eine persönliche Nutzung des Klägers für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung nicht gewollt war. Ihm ging es vielmehr um eine Entschädigung bzw. eine Teilhabe an den Mieteinnahmen. Dass der Beklagten die Ehewohnung zuvor für die Zeit des Getrenntlebens zugewiesen war, ändert daran nichts, da die Zuweisung mit der Rechtskraft der Scheidung der Parteien gegenstandslos geworden ist.
bb)
Ebenso wenig ist die weitere Auslegung des Berufungsgerichts zu beanstanden, wonach das Mitbenutzungsrecht nicht mit dem Auszug des Klägers gegenstandslos werden sollte. Dies wäre dann der Fall, wenn der Kläger das Recht nur zur persönlichen Ausübung übertragen bekommen hätte. Dass das Berufungsgericht in diesem Kontext zu dem Ergebnis gelangt, die Mutter des Klägers habe ihn im Falle des Scheiterns der Ehe nicht rechtlos stellen, sie habe vielmehr das Grundstück nicht dem Zugriff seiner Gläubiger aussetzen wollen, ist nachvollziehbar und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Wäre es der Mutter des Klägers tatsächlich nur darum gegangen, die Rechtsgewährung von der persönlichen Nutzung abhängig zu machen, erschließt es sich nicht, warum dem Kläger das Nutzungsrecht sowohl für die Souterrain- als auch für die Erdgeschosswohnung eingeräumt worden ist (vgl. auch § 1091 BGB).
Da das Mitbenutzungsrecht mit dem Auszug des Klägers mithin nicht gegenstandslos geworden ist, kommt es nicht auf die Frage an, inwieweit es sich der Kläger selbst zuzuschreiben hat, dass er vor allem wegen der zu Lasten der Beklagten begangenen Straftat die Wohnung nicht mehr persönlich benutzen konnte.
c)
Dass das Berufungsgericht den objektiven Wohnwert für die seinen Feststellungen zufolge 140 qm große, im Jahr 2003 völlig neu ausgebaute Souterrainwohnung einschließlich der Mitbenutzung des Carports auf 500 € geschätzt hat, begegnet ebenso wenig revisionsrechtlichen Bedenken wie der hälftige Ansatz des Nutzungswertes.
d)
Ebenso hält es einer rechtlichen Überprüfung stand, dass das Berufungsgericht den Anspruch nicht als verwirkt angesehen hat.
Zu Recht hat es ausgeführt, dass die Verletzung eigener Pflichten durch den Gläubiger grundsätzlich nur zu Gegenansprüchen des Schuldners führt und jenen grundsätzlich nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs hindert (BGH Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 90/04 - NJW-RR 2005, 743, 745 m.w.N.). Zwar kann dem Gläubiger eine Berufung auf den eigenen Anspruch nach Treu und Glauben verwehrt sein, wenn der Anspruch auf einem erheblichen Verstoß des Gläubigers gegen Pflichten beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen (BGH Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 90/04 - NJW-RR 2005, 743, 746 m.w.N.). Vorliegend fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang. Hinzu kommt, dass die dem Kläger eingeräumte beschränkte persönliche Dienstbarkeit für den einkommenslosen Kläger Versorgungscharakter hat. Versorgungsansprüche aber bleiben auch bei schweren Pflichtverletzungen des Berechtigten bestehen (Palandt/Grüneberg aaO § 242 Rdn. 46 m.w.N.). Im Übrigen hat sich die Beklagte in ihrer Revision nicht mehr auf Verwirkung berufen. Vielmehr hat sie sich bereits mit ihrer Berufung nur gegen die Höhe des Anspruchs, nicht aber gegen den Anspruch dem Grunde nach gewandt.
e)
Zu Recht hat das Berufungsgericht dem Kläger den Anspruch auch nicht unter dem von der Beklagten angeführten Gesichtspunkt des § 162 BGB versagt, wonach niemand aus seinem treuwidrigen Verhalten Vorteile ziehen darf. Auch hier fehlt es bereits an der Kausalität zwischen treuwidrigem Verhalten und Vorteilsziehung. Denn schon der freiwillige Auszug des Berechtigten eröffnet - wie oben ausgeführt - den Anspruch aus § 745 Abs. 2 BGB.
2.
Demgegenüber richtet sich die Auskehr der Mieteinnahmen für die im Erdgeschoß befindliche Wohnung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nach § 745 Abs. 2 BGB, sondern nach § 743 Abs. 1 BGB. Deshalb ist insoweit nicht auf die erzielbare, sondern auf die tatsächlich erzielte Miete abzustellen.
a)
Die Parteien sind auch hinsichtlich ihres Nutzungsrechts an der Erdgeschosswohnung wie eine Bruchteilsgemeinschaft zu behandeln. Allerdings findet § 745 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Denn diese Wohnung diente schon zum Zeitpunkt der Trennung der Parteien nicht mehr als Ehewohnung; sie war vielmehr vermietet. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass insoweit eine grundlegende Änderung der Verhältnisse, die eine Regelung nach § 745 Abs. 2 BGB rechtfertigen könnte, durch den Auszug des Klägers nicht eingetreten ist. Von daher kann der Kläger für die Erdgeschosswohnung nach § 745 Abs. 2 BGB auch keine Nutzungsentschädigung verlangen. Sein Anspruch geht vielmehr in entsprechender Anwendung des § 743 Abs. 1 BGB auf Teilhabe an einem - seinem Anteil entsprechenden - Bruchteil der Früchte; bei einer vermieteten Wohnung umfasst dieser die Auskehr des entsprechenden Mietanteils (vgl. Wever aaO Rdn. 115).
b)
Das bedeutet aber auch, dass die Beklagte dem Kläger nur den ihm zustehenden Anteil an der tatsächlich vereinnahmten Miete zukommen lassen muss. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es grundsätzlich nicht auf den erzielbaren Mietzins an.
Unbeschadet der Frage, ob die Teilhaber die Wohnung gemeinschaftlich vermietet haben oder ein Teilhaber sie allein vermietet hat, ist der die Miete einziehende Teilhaber zur Herausgabe des Erlangten an die Teilhabergesamtheit gemäß § 667 BGB verpflichtet (Staudinger/Langheim (2008) § 743 Rdn. 10). Maßgeblich ist dabei das tatsächlich Erlangte, nicht aber das, was der Teilhaber bei ordnungsgemäßer Ausführung hätte erlangen oder an Nutzungen ziehen müssen (vgl. Palandt/Sprau BGB 69. Aufl. § 667 Rdn. 4).
3.
Schließlich steht auch Art. 96 EGBGB i.V. mit dem Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Land Schleswig-Holstein vom 27. September 1974 (GVOBl. 1974, S. 357) einer entsprechenden Anwendung der §§ 741 ff. BGB nicht entgegen. Es fehlt bereits an einem Altenteilsvertrag im Sinne von Art. 96 EGBGB.
Der Begriff des Altenteils ist gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich um einen historisch gewachsenen Rechtsbegriff, der in verschiedenen Bestimmungen als gegeben und bekannt vorausgesetzt wird (vgl. u.a. Art. 96 EGBGB). Nach der vor allem zu Art. 96 EGBGB ergangenen Rechtsprechung hat ein Altenteilsvertrag in der Regel die Gewährung von Unterhalt zum Inhalt, wobei dem Altenteiler ein Wohnrecht an einem bestimmten Teil eines überlassenen Grundstücks gewährt wird. Erforderlich ist, dass ein Beteiligter einem anderen nach Art einer vorweggenommenen Erbfolge seine wirtschaftliche Lebensgrundlage überträgt, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbstständige Stellung erlangt (BGH Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 86/06 - NJW-RR 2007, 1390, 1391 m.w.N.).
Bereits hieran fehlt es. Denn nach dem Grundstücksüberlassungsvertrag sollte der Überlasser, also die Mutter des Klägers, keine Versorgungsleistungen namentlich in Form eines Nutzungsrechtes von der Beklagten erhalten, sondern ihr Sohn. Wenn aber bereits die Voraussetzungen des Art. 96 EGBGB nicht vorliegen, kommen die landesrechtlichen Ausführungsvorschriften erst gar nicht zur Anwendung (Wirich ZEV 2008, 372).
III.
Weil das Berufungsgericht nicht zwischen den Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs. 2 BGB und Teilhabe an den Mieteinnahmen gemäß § 743 Abs. 1 BGB unterschieden hat und es an hinreichenden tatrichterlichen Feststellungen zu den Mieteinnahmen fehlt, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
IV.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Bei der Ermittlung des von der Beklagten geschuldeten Zahlbetrages wird das Berufungsgericht seine Erwägungen zur Abzugsfähigkeit der verschiedenen Kostenpositionen zu überdenken haben. Freilich kann es wegen des Verbots der reformatio in peius dem Kläger keinen höheren Zahlbetrag als ihm in seiner Erstentscheidung bereits zuerkannt zusprechen, da nur die Beklagte Revision eingelegt hat.
1.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die bei der Beklagten infolge der Vermietung anfallende Einkommensteuer als Abzugsposten anerkannt.
a)
Es hätte diese Position schon nicht auf die Nutzungsentschädigung für die ehemalige Ehewohnung im Souterrain erstrecken dürfen. Denn die Steuer fällt nur für die vermieteten Wohnungen an (neben der Erdgeschosswohnung also noch für die - vom Mitbenutzungsrecht des Klägers nicht umfasste - Dachgeschosswohnung).
b)
Daneben hat die individuelle Steuerlast nichts mit der Höhe der konkret erzielten Mieteinnahmen zu tun. In welcher Höhe die Beklagte Steuern zu entrichten hat, hängt allein von ihrer Einkommenssituation ab. Sie kann ihre Steuerlast nicht auf den Kläger abwälzen. Soweit der Kläger an den Mieteinnahmen aus der Erdgeschosswohnung partizipiert, hat er hierfür gegebenenfalls selbst Steuern zu entrichten. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines Grundstücks, das mehreren gehört, sind den Teilhabern steuerrechtlich grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Anteile zuzurechnen, wenn auf das Rechtsverhältnis zwischen den Miteigentümern die Vorschriften über die Gemeinschaft Anwendung finden (Bundesfinanzhof Urteil vom 27. Juni 1978 - VIII R 168/73 - BeckRS 1978 22004515). Entsprechendes dürfte in Fällen der vorliegenden Art gelten.
2.
Ebenso wenig kann die Beklagte dem Kläger die Darlehensraten von monatlich 414,17 € anteilig entgegenhalten.
a)
Das gilt zunächst für die von ihr erbrachten Tilgungsleistungen. Die Tilgung dient allein dem Erhalt oder der Vermehrung des Vermögens der Beklagten, in deren Alleineigentum das Grundstück steht, auf das sich der Kredit bezieht. Der Kläger profitiert nicht von der mit der Tilgung des Kredits einhergehenden Lastenfreiheit des Grundbuchs. Sein dingliches Mitbenutzungsrecht ist weder belastet noch von einer bestimmten Zahlung abhängig; es ist ihm mithin unentgeltlich eingeräumt. Zwar hat der Senat in einer Entscheidung aus dem Jahre 1993 ausgeführt, dass sich hinsichtlich der Zins- und Tilgungsleistungen eine anteilige Ausgleichspflicht - beim Fehlen eines Gesamtschuldverhältnisses - auch aus § 748 BGB ergeben könne (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 677; a.A. Wever aaO Rdn. 146; Staudinger/Langhein aaO § 748 Rdn. 3). Der Senat hat insoweit ausgeführt, dass es im Zweifel dem Willen der Bruchteilseigentümer entspricht, dass derjenige Teilhaber einen entsprechenden Erstattungsanspruch hat, der im Einverständnis mit den übrigen Teilhabern Aufwendungen zugunsten der Gemeinschaft - wie etwa die Ablösung von Hypotheken oder Grundschulden - macht (Senatsurteil vom 13. Januar 1993 - XII ZR 212/90 - FamRZ 1993, 676, 677). Diese Vermutung trifft für den vorliegenden Fall indes nicht zu. Der Kläger hat kein eigenes Interesse daran, dass die Beklagte den Kredit tilgt und damit die entsprechende dingliche Belastung fortfällt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Nutzungswert stehe nur deshalb noch zur Verfügung, weil die Beklagte die Darlehen allein weiter tilge. Denn sollte die Beklagte dies unterlassen und das Grundstück gegebenenfalls zwangsversteigert werden, bliebe das dinglich gesicherte Mitbenutzungsrecht des Klägers hiervon unberührt.
b)
Entsprechendes gilt für die Zinsbelastung. Auch dies sind Kosten, die die Rechtsstellung des Klägers nicht tangieren. Würde der Kläger beispielsweise die Erdgeschosswohnung selbst vermieten, hätte er auch in diesem Fall diese Kosten nicht zu tragen.
3.
Die Beklagte kann dem Zahlungsanspruch des Klägers entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht anteilig den Betrag entgegensetzen, den sie seiner Mutter von April 2008 an infolge des gerichtlichen Vergleichs monatlich zu zahlen hat.
Der Zahlungsverpflichtung liegt die Darstellung der Mutter des Klägers zugrunde, sie habe der Beklagten seinerzeit das Grundstück schenkweise überlassen; die Mutter hat sich nun auf Verarmung gemäß § 528 BGB berufen. Die Rückforderung betrifft mithin ausschließlich den Eigentumserwerb durch die Beklagte. Mit dem Mitbenutzungsrecht des Klägers hat das nichts zu tun. Im Gegenteil, durch die zu seinen Gunsten eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist der Wert des der Beklagten zugewandten Eigentums geschmälert. Wäre das Grundstück mit diesem Recht nicht belastet gewesen, dürfte auch die Rückforderung höher zu veranschlagen sein.
Fundstellen
BGHZ 2011, 372 |
FamRZ 2010, 1630 |
NJW-RR 2010, 1585 |
NZM 2010, 678 |
WM 2010, 2133 |
DNotZ 2011, 58 |
FPR 2010, 573 |
FF 2010, 506 |
FamFR 2010, 447 |
FamRB 2010, 357 |
NJW-Spezial 2010, 741 |