Leitsatz (amtlich)
Zur anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache.
Normenkette
ZPO § 261
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 18. Juni 1999, berichtigt durch Beschluß vom 29. Juli 1999, im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Versteigerungserlös.
Der Kläger, seine – damals mit dem Beklagten verheiratete – Tochter und der Beklagte waren seit 1986 zu je 1/3-Anteil Eigentümer eines Hausgrundstücks in Hamburg. Auf Antrag des Klägers und seiner Tochter, deren Ehe mit dem Beklagten inzwischen geschieden worden ist, wurde das Grundstück am 6. Februar 1998 zur Aufhebung der Gemeinschaft zwangsversteigert und am 13. Februar 1998 dem Ersteher zugeschlagen.
Der gerichtliche Teilungsplan vom 16. April 1998 sah vor, von dem Versteigerungserlös einen Teilbetrag von 543.098,21 DM an den Beklagten auszuzahlen, weil dieser drei Tage vor dem Versteigerungstermin zwei Eigentümergrundschulden über je 500.000 DM an seinem Grundstücksanteil hatte eintragen lassen; der übrige Erlös sollte für alle drei Miteigentümer beim Amtsgericht hinterlegt werden. Dagegen hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit Widerspruchsklage gemäß §§ 115, 180 Abs. 1 ZVG, § 878 Abs. 1 ZPO erhoben mit dem Antrag, den Teilungsplan dahin zu ändern, daß der Erlös in Höhe von 300.000 DM zur Ablösung eines Darlehens, das zur Finanzierung des Kaufpreises für das versteigerte Grundstück aufgenommen worden war, und im übrigen zu gleichen Teilen an die Grundeigentümer ausgezahlt werden sollte; hilfsweise sollten je 543.098,21 DM an die Grundeigentümer gezahlt werden. Der Teilungsplan wurde am 11. Juni 1998 ausgeführt, nachdem die rechtzeitige Klageerhebung nicht nachgewiesen worden war; später wurde der restliche Erlös im Einvernehmen der Beteiligten bei einer Bank hinterlegt.
Nach Ausführung des Teilungsplans hat der Kläger sein Klagebegehren im ersten Rechtszuge dahin geändert, den Beklagten zu verurteilen, der Auszahlung von je 543.098,21 DM aus dem hinterlegten Resterlös nebst aufgelaufenen Zinsen an den Kläger und dessen Tochter zuzustimmen. Diese hat während des ersten Rechtszuges mit Zustimmung des Beklagten 466.376,21 DM aus dem hinterlegten Erlös erhalten; daraufhin hat der Kläger den Anspruch auf Zustimmung zur Auszahlung von 543.098,21 DM an seine Tochter für erledigt erklärt. Der Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger sei aufgrund einer mündlichen Vereinbarung bei Erwerb des Hausgrundstücks zur Übereignung seines Grundstücksanteils, an dessen Stelle der Erlösanteil getreten sei, an ihn – den Beklagten – und dessen geschiedene Ehefrau verpflichtet. Außerdem hat der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt mit der Begründung, der Kläger sei ihm zur Erstattung von Aufwendungen für das versteigerte Grundstück in Höhe von 48.055,16 DM für die Zeit von 1995 bis 5. August 1998 verpflichtet. Der Beklagte hat Widerklage erhoben auf Ersatz eines Zinsverlustes von 3.318,93 DM, der infolge des Widerspruchs des Klägers gegen den Teilungsplan entstanden sei, sowie auf Erstattung der genannten Aufwendungen. Das Landgericht, das eine Klageänderung angenommen und diese trotz des Widerspruchs des Beklagten als sachdienlich zugelassen hat, hat dem verbliebenen Klageanspruch stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Während des Berufungsverfahrens hat der Kläger nach seinem Vorbringen „seinen Anteil” aus dem Versteigerungserlös erhalten, nachdem er eine Bürgschaft über 580.000 DM gestellt hatte. Ebenfalls im Berufungsverfahren hat der Beklagte erklärt, seine Widerklage solle „lediglich hilfsweise erhoben sein”. Das Oberlandesgericht hat – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – den Klageanspruch auf Zustimmung zur Auszahlung von 543.098,21 DM aus dem hinterlegten Versteigerungserlös nebst aufgelaufenen Zinsen als unzulässig abgewiesen, weil die Streitsache insoweit bereits in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Aachen/Oberlandesgericht Köln rechtshängig sei.
In jenem Parallelprozeß hat der Beklagte 1995 Klage erhoben mit dem Antrag, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zur Übereignung seines Grundstücksanteils an ihn – den hiesigen Beklagten – und dessen inzwischen geschiedene Ehefrau Zug um Zug gegen Rückgabe einer Grundschuld über 300.000 DM an seinem Grundstück in Aachen zu verurteilen. Diese Klage ist mit der behaupteten mündlichen Übereignungsabrede bei Erwerb des Grundstücks in Hamburg begründet worden. Das Landgericht Aachen hat diese Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren jenes Rechtsstreits hat der hiesige Beklagte zuletzt den Hauptantrag gestellt, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zu verurteilen, den auf diesen entfallenden Anteil von 543.098,21 DM am hinterlegten Versteigerungserlös zuzüglich aufgelaufener Zinsen an ihn und seine geschiedene Ehefrau – mit der erwähnten Zug um Zug-Einschränkung – freizugeben, hilfsweise an den Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits 476.259,82 DM nebst Zinsen – ebenfalls mit der genannten Zug um Zug-Einschränkung – zu zahlen. Diesen Hilfsantrag hat der Kläger des Parallelprozesses damit begründet, in Höhe des verlangten Betrages habe der hiesige Kläger Aufwendungen für das gemeinsame Grundstück in Hamburg bis 1994 zu erstatten. Das Oberlandesgericht Köln hat als Berufungsgericht im Parallelprozeß die Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ausgesetzt, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestehe.
Mit seiner Revision begehrt der Kläger, das Urteil des Landgerichts im vorliegenden Rechtsstreit wiederherzustellen. Die Anschlußrevision des Beklagten, mit der dieser das Berufungsurteil insoweit angegriffen hat, als zu seinem Nachteil entschieden worden ist, hat der Senat nicht angenommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache (§§ 564, 565 Abs. 1 ZPO).
A.
Die Klage ist zulässig.
I.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Zustimmungsanspruch nicht das Prozeßhindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit der Streitsache entgegen (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dieses soll verhindern, daß der Beklagte sich in derselben Sache in mehreren Verfahren verteidigen muß und einander widersprechende Urteile ergehen (BGHZ 4, 314, 322).
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß aufgrund der Hauptanträge in den Berufungsverfahren der beiden Prozesse dieselbe Streitsache rechtshängig ist, weil insoweit der Streitgegenstand beider Verfahren übereinstimmt.
Nach der heute herrschenden prozeßrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; dieser wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, die sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie durch den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 – IX ZR 250/98, WM 1999, 1689, 1690 m.w.N.).
a) Der ursprüngliche Streitgegenstand im vorliegenden Prozeß, gemäß der Widerspruchsklage den gerichtlichen Plan zur Verteilung des Versteigerungserlöses in dem vom Kläger erstrebten Sinne zu ändern (§§ 878, 880 ZPO mit § 115 Abs. 1, § 180 Abs. 1 ZVG), war nicht identisch mit demjenigen der ursprünglichen Klage im Parallelprozeß, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zur Übereignung seines Grundstücksanteils zu verurteilen. Schon die Rechtsschutzziele dieser Klagebegehren stimmten nicht überein.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wurden der Streitgegenstand der Übereignungsklage im Parallelprozeß und derjenige im vorliegenden Rechtsstreit nicht identisch, als der hiesige Kläger nach Ausführung des Teilungsplans anstelle seiner ursprünglichen Widerspruchsklage die Zustimmung des Beklagten zur Auszahlung des hinterlegten Resterlöses verlangte. Auch insoweit stimmten schon die Rechtsschutzziele nicht überein.
Deswegen kann es dahingestellt bleiben, ob der Wechsel des Klageanspruchs im vorliegenden Rechtsstreit gemäß der Ansicht der Revision nach § 264 Nr. 3 ZPO zulässig war oder wegen einer Änderung des Klagegrundes der gerichtlichen Zulassung bedurfte (§ 263 ZPO), nachdem der Beklagte einer Klageänderung widersprochen hatte. Selbst wenn der letztgenannte Fall vorliegen sollte, so hat das Landgericht die geänderte Klage rechtsfehlerfrei für sachdienlich gehalten (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1999 – VI ZR 219/98, NJW 2000, 800, 803). Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts ist unzutreffend, weil entgegen seiner Meinung damals noch keine Identität der Streitgegenstände gegeben war.
c) Der Streitgegenstand der im vorliegenden Prozeß verbliebenen Klage, den Beklagten zur Zustimmung zur Auszahlung des auf den Kläger entfallenden Teils des hinterlegten Resterlöses zu verurteilen, stimmt allerdings mit demjenigen des letzten Hauptantrags im Berufungsverfahren des Parallelprozesses überein, den Kläger des vorliegenden Rechtsstreits zu verurteilen, den auf ihn entfallenden Erlösanteil an den hiesigen Beklagten und dessen geschiedene Ehefrau freizugeben.
aa) Der Übergang von der Übereignungs- zur Zustimmungsklage im Parallelprozeß nach Versteigerung des Grundstücks war nicht mit einer Änderung des Klagegrundes verbunden und deswegen gemäß § 264 Nr. 3 ZPO zulässig.
Zur Begründung der Übereignungsklage war vorgebracht worden, zwischen dem Kläger des vorliegenden Rechtsstreits einerseits und dessen Tochter sowie dem hiesigen Beklagten andererseits sei bei Erwerb des Grundstücks in Hamburg eine mündliche Vereinbarung getroffen worden. Danach habe der Kläger des vorliegenden Rechtsstreits seinen Grundstücksanteil nur erhalten, weil er bei Erwerb des Grundstücks zur Sicherung eines Darlehens zur Kaufpreisfinanzierung eine Grundschuld an seinem Grundstück in Aachen bestellt habe; bei Rückgabe dieser Sicherheit sei der Grundstücksanteil des hiesigen Klägers an dessen Tochter und dem Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits zu übertragen.
Der im Berufungsverfahren des Parallelprozesses zuletzt gestellte Freigabeantrag ist damit begründet worden, daß ein Erlösanteil des Klägers als Surrogat an die Stelle des Grundstücksanteils getreten sei. Dieser Lebenssachverhalt stimmt mit demjenigen überein, der dem ursprünglichen Klagebegehren im Parallelprozeß zugrunde gelegen hat.
bb) Die Streitgegenstände der letzten Zustimmungsbegehren in beiden Prozessen sind gemäß den insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts identisch. Das allgemeine Rechtsschutzziel und die erstrebte Rechtsfolge decken sich; unerheblich ist es insoweit, daß die Prozesse mit umgekehrten Parteirollen geführt werden (Schumann, in: Stein/Jonas, ZPO 21. Aufl. § 261 Rdn. 55; Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. § 261 Rdn. 8a). Auch der zugrunde liegende Lebenssachverhalt ist im wesentlichen derselbe; unerheblich ist es, ob die Klagevorträge in den beiden Prozessen in allen Einzelheiten übereinstimmen (BGH, Urteil vom 11. Dezember 1986 – IX ZR 165/85, WM 1987, 367, 368). Im Parallelprozeß stützt der hiesige Beklagte seinen letzten Klageanspruch auf die behauptete Vereinbarung der Grundeigentümer bei Erwerb des Grundstücks, hilfsweise auf den Ausgleich von Aufwendungen für dieses Grundstück bis 1994. Mit dem Einwand einer solchen Vereinbarung und einem Zurückbehaltungsrecht wegen Ausgleichs von Aufwendungen für das versteigerte Grundstück in der Zeit von 1995 bis 5. August 1998 wehrt sich der Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits gegen das Zustimmungsverlangen des Klägers.
2. Die Revision beanstandet mit Erfolg die Ansicht des Berufungsgerichts, die – identische – Streitsache sei im Parallelprozeß zuerst rechtshängig geworden.
Die Rechtshängigkeit eines erst während des Rechtsstreits erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechender Schriftsatz zugestellt wird (§ 261 Abs. 2 ZPO).
a) Im Parallelprozeß wurde der – diesen Vorschriften entsprechende – Schriftsatz des Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits vom 7. Juli 1998, der den neuen Antrag auf Zahlung des Erlösanteils des hiesigen Klägers enthalten hat, diesem nicht zugestellt, sondern formlos übersandt.
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kann die Zustellung dieses Schriftsatzes nicht gemäß § 187 ZPO als „innerhalb der nächsten Tage” nach dem 7. Juli 1998, jedenfalls als vor dem 23. Juli 1998 bewirkt angesehen werden. Ein Zustellungsmangel kann gemäß dieser Vorschrift nur dann geheilt werden, wenn das Gericht eine Zustellung vornehmen wollte (BGHZ 7, 268, 270; BGH, Urteil vom 16. Oktober 1956 – VI ZR 174/55, NJW 1956, 1878, 1879). Das war jedoch nicht der Fall. Der anwaltliche Vermerk auf der ersten Seite des Schriftsatzes vom 7. Juli 1998 „von Amts wegen zuzustellen” ist handschriftlich gestrichen worden; daneben hat die Geschäftsstelle des Gerichts die formlose Absendung einer Abschrift vermerkt.
Danach ist der – nunmehr auf Freigabe gerichtete – Anspruch im Parallelprozeß erst rechtshängig geworden mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 1998.
b) Dagegen ist der Zustimmungsanspruch des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit bereits rechtshängig geworden, als der Schriftsatz vom 6. Juli 1998 dem Beklagten am 23. Juli 1998 zugestellt worden ist.
II.
Für den hier geltend gemachten Anspruch besteht das erforderliche Rechtsschutzinteresse.
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen den auf ihn entfallenden Anteil aus dem hinterlegten Versteigerungserlös nur gegen Stellung einer Bürgschaft erhalten. Danach steht die begehrte uneingeschränkte Zustimmung des Beklagten zur Auszahlung des Erlösanteils an den Kläger noch aus. Sollte die Bürgschaft als Sicherheitsleistung zur Vollstreckung des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts beigebracht worden sein, so wäre eine Freigabe, die der Beklagte zur Abwendung der Vollstreckung erklärt hat, keine Erfüllung des Klageanspruchs (vgl. BGHZ 86, 267, 269; BGH, Urteil vom 22. Mai 1990 – IX ZR 229/89, NJW 1990, 2756).
B.
I.
Das Berufungsgericht hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob die Zustimmungsklage begründet ist. Das muß nachgeholt werden. Dafür weist der Senat auf folgendes hin:
1. Der Kläger hat einen solchen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB schlüssig dargelegt.
Die Gemeinschaft der Grundeigentümer wurde durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks gemäß §§ 753 BGB, 180 ff. ZVG noch nicht auseinandergesetzt; vielmehr wurde dadurch die Auseinandersetzung nur vorbereitet. An die Stelle des Grundstücks ist zunächst der Versteigerungserlös getreten (vgl. §§ 90-92 ZVG), an dessen Stelle die Forderung der Gemeinschaft gegen die ursprüngliche Hinterlegungsstelle (BGH, Urteil vom 13. Januar 1993 – XII ZR 212/90, WM 1993, 849, 853). Da zur Auszahlung des hinterlegten Resterlöses gemäß §§ 12, 13 der Hinterlegungsordnung die Zustimmung der Beteiligten erforderlich ist, hat der Beklagte im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bezüglich des Anteils des Klägers „in sonstiger Weise” auf dessen Kosten eine Rechtsposition erlangt, und zwar nach dem Klagevortrag ohne rechtlichen Grund (BGH, Urteil vom 14. April 1987 – IX ZR 237/86, WM 1987, 878, 879; vgl. auch BGHZ 52, 99, 102; BGH, Urteil vom 15. November 1989 – IVb ZR 60/88, WM 1990, 113, 114). An dieser Rechtsposition des Beklagten hat sich nichts dadurch geändert, daß der Resterlös später im Einvernehmen der Beteiligten bei einer Bank hinterlegt worden ist. Den Bereicherungsanspruch kann der Kläger allein geltend machen, weil nur noch sein Erlösanteil Gegenstand des Rechtsstreits ist, die Berichtigung einer Gesamtschuld gemäß § 755 BGB nicht mehr verlangt wird und der Beklagte lediglich im Innenverhältnis der Parteien einen Anspruch nach § 756 BGB im Wege eines Zurückbehaltungsrechts geltend macht (§ 420 BGB; vgl. BGHZ 90, 194, 195 f.).
2. Rechtlich unerheblich ist der Einwand des Beklagten, der Erlösanteil stehe dem Kläger nicht zu, weil ihm der Grundstücksanteil „mit treuhänderischer Bindung” und „gewissermaßen pro forma” eingeräumt worden sei. Das sei darauf zurückzuführen, daß der Kläger eine günstigere Finanzierung des Grundstückskaufpreises ermöglicht habe, indem er der kreditgebenden Bank eine Grundschuld an seinem Grundstück in Aachen bestellt habe. Die Parteien seien sich einig gewesen, daß der Kläger seinen Anteil am versteigerten Grundstück nach Ablösung der Grundstücksverbindlichkeit und Entlassung aus der persönlichen Haftung an den Beklagten und dessen Ehefrau „zurückübertragen” solle.
Selbst wenn eine solche mündliche Vereinbarung, die der Kläger bestritten hat, zustande gekommen ist, so ist sie unwirksam, weil sie als Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücksteils der notariellen Beurkundung bedurft hätte (§§ 125, 313 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1972 – V ZR 41/70, WM 1973, 82 f.). Daß sich eine Übertragungspflicht bereits aus dem Gesetz ergeben könnte (BGH aaO), ist nicht ersichtlich.
3. Zumindest gegenüber einem Teil des Klageanspruchs kann das vom Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) wegen Ausgleichs von Aufwendungen in Höhe von 48.055,16 DM für das versteigerte Grundstück von 1995 bis 5. August 1998 rechtserheblich sein. Insoweit kann der Beklagte einen Anspruch gemäß § 756 BGB erheben, der sich auf die Grundstücksgemeinschaft gründet und bei deren Aufhebung aus dem auf den Kläger entfallenden Teil des Versteigerungserlöses zu erfüllen ist.
a) Mit einer solchen Gegenforderung, die sich aus demselben Rechtsverhältnis ergibt wie der Klageanspruch, darf der Beklagte im Rahmen eines Zurückbehaltungsrechts die – nach seinem Vorbringen noch ausstehende – endgültige Auseinandersetzung der Gemeinschaft betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1989, aaO; vom 13. Januar 1993, aaO; Zeller/Stöber, ZVG 16. Aufl. § 180 Rdn. 17 ff.). Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 14. April 1987 (aaO), auf das im Urteil des IVb-Zivilsenats vom 15. November 1989 (aaO) Bezug genommen wird, nichts anderes, soweit es dort heißt, Ansprüche, die keine Zuteilung aus dem Versteigerungserlös rechtfertigten, begründeten kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch auf Zustimmung zu einer der Rechtslage entsprechenden Verteilung des Erlöses. Diese Ausführungen haben sich auf den damals entschiedenen Fall bezogen, daß dem Kläger für Forderungen, die nicht durch Grundstücksrechte gesichert waren, kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch des Beklagten auf Zustimmung zu einer Verteilung des Erlöses zugebilligt worden ist, die der Rechtslage entsprochen hat. Um solche Forderungen aus einem anderen Rechtsverhältnis geht es im vorliegenden Falle nicht; vielmehr begehrt hier der Beklagte aus demselben Rechtsverhältnis der Grundstücksgemeinschaft deren endgültige Auseinandersetzung und damit eine Erlösverteilung, die der Rechtslage entspricht. Nachdem die Beteiligten einvernehmlich den Resterlös bei einer Bank hinterlegt haben, besteht auch kein Grund dafür, den Zustimmungsanspruch des Klägers gegenüber der Gegenforderung des Beklagten zu privilegieren (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 1989, aaO).
b) Zur Prüfung dieser Gegenforderung wird auf die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 20. Mai 1987 (IVa ZR 42/86, NJW 1987, 3001 f) und vom 25. Mai 1992 (II ZR 232/91, NJW 1992, 2282 f) verwiesen.
c) Sollte der Beklagte eine Gegenforderung schlüssig dargelegt haben, so wird zu prüfen sein, ob dieser die vom Kläger behaupteten Ansprüche gegen den Beklagten entgegenstehen.
Unterschriften
Kreft, Stodolkowitz, Zugehör, Ganter, Raebel
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 17.05.2001 durch Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
BB 2001, 1552 |
BGHR 2001, 984 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 1880 |
MDR 2001, 1071 |