Entscheidungsstichwort (Thema)
Geburtstagszuwendungen über 10 DM an Kunden stellen keinen Preisnachlass § 1 RabattG dar
Leitsatz (amtlich)
a) Die Zuwendung von Einkaufsgutscheinen über 10 DM aus Anlass des Geburtstags von Kunden ist kein Preisnachlass i. S. d. § 1 RabattG (Ergänzung zu BGH, Urt. v. 22.5.2003 - I ZR 8/01, BGHReport 2003, 1426 = MDR 2004, 224 = GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428 - Einkaufsgutschein I).
b) Die Änderung der Rechtsprechung stellt kein die Hauptsache erledigendes Ereignis dar.
Normenkette
RabattG § 1; ZPO § 91a
Verfahrensgang
OLG Karlsruhe (Urteil vom 14.02.2001) |
LG Karlsruhe (Urteil vom 13.04.2000) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 6. Zivilsenats des OLG Karlsruhe v. 14.2.2001 aufgehoben und das Urteil des LG Karlsruhe - Kammer für Handelssachen in Pforzheim - v. 13.4.2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen. Sie verschickte an Personen aus ihrer Kundenkartei zu deren Geburtstag einen "Geburtstags-Gutschein" über 10 DM. Die Einlösung des Gutscheins war an einen Mindestbestellwert von 80 DM geknüpft und musste innerhalb von 14 Tagen erfolgen.
Der klagende Wettbewerbsverein hat die Werbung mit dem Gutschein als Verstoß gegen das Rabattgesetz und gegen § 1 UWG beanstandet. Er hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, in Zeitungsanzeigen und/oder sonstigen Werbeträgern zu Zwecken des Wettbewerbs darauf hinzuweisen, dass sie den Besitzern ihres Gutscheins Preisnachlässe gewährt, und/oder den Besitzern dieser Gutscheine Preisnachlässe zu gewähren, insbesondere Gutscheine folgenden Inhalts auszugeben:
"Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Geburtstag am (...) zur Feier des Tages für Sie: Einen 10,- DM Geburtstagsgutschein und unser ganz persönliches Geburtstagsgedicht!"
Des Weiteren hat der Kläger die Zahlung einer Abmahnkostenpauschale i. H. v. 290 DM nebst Zinsen verlangt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das LG hat der Unterlassungsklage unter Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform
"GEBURTSTAGSGUTSCHEIN
persönlich ausgestellt zum ...
Wert Ihres persönlichen W. -Geburtstags-Gutscheins:
10 DM
Lassen Sie Ihren Geburtstagsgutschein nicht verfallen! 10 DM stehen Ihnen jederzeit zur freien Verfügung!
FÜR IHRE BESTELLWÜNSCHE AN W. :
JA, ich bestelle zu den beliebten und vorteilhaften W. -Katalog-Bedingungen ...
Mindestbestellwert 80 DM ...
...
BITTE INNERHALB 14 TAGEN EINLÖSEN!"
unter dem Gesichtspunkt eines gem. § 1 UWG unzulässigen übertriebenen Anlockens stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung der Abmahnkostenpauschale verurteilt.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer (zugelassenen) Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.
Nach der Aufhebung des Rabattgesetzes hat der Kläger im Hinblick auf die zwischenzeitliche Gesetzes- und Rechtsprechungsänderung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; hilfsweise hat er beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die Beklagte ist der Erledigungserklärung entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
I. Die Erledigung der Hauptsache kann vom Kläger im Revisionsverfahren jedenfalls dann noch einseitig erklärt werden, wenn das Ereignis, das die Hauptsache erledigt haben soll (hier: Aufhebung des Rabattgesetzes), als solches außer Streit steht (vgl. BGH v. 8.2.1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359 [368] = MDR 1989, 523; Urt. v. 25.1.1996 - VII ZR 26/95, MDR 1996, 469 = NJW 1996, 1280 [1281]; Urt. v. 15.3.1996 - V ZR 316/94, MDR 1996, 892 = NJW 1996, 1814). Zu prüfen ist daher nunmehr, ob die Klage bis zu dem geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und, wenn das der Fall ist, ob sie durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, ist die Hauptsacheerledigung festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH v. 17.4.1984 - IX ZR 153/83, BGHZ 91, 126 [127] = MDR 1984, 752; v. 8.2.1989 - IVa ZR 98/87, BGHZ 106, 359 [366 f.] = MDR 1989, 523; v. 11.3.1997 - X ZB 10/95, BGHZ 135, 58 [62]; Urt. v. 2.3.1999 - VI ZR 71/98, NJW 1999, 2516 [2517]).
II. Danach ist die Klage im Streitfall abzuweisen, weil sie bereits vor der vom Kläger als erledigendes Ereignis angesehenen Aufhebung des Rabattgesetzes unbegründet war.
1. Das Verhalten der Beklagten war, wie sich aus den Ausführungen des Senats in der nach den getroffenen Feststellungen einen nahezu identischen Sachverhalt behandelnden Entscheidung "Einkaufsgutschein" ergibt (BGH, Urt. v. 22.5.2003 - I ZR 8/01, BGHReport 2003, 1426 = MDR 2004, 224 = GRUR 2003, 1057 = WRP 2003, 1428), schon zu der Zeit, als das Rabattgesetz noch in Kraft war, nicht unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens nach § 1 UWG unlauter.
2. Dem Kläger stand zu der Zeit, zu der das Rabattgesetz noch galt, der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch im Übrigen auch nicht aus §§ 1, 12 RabattG, § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu.
Ein Preisnachlass i. S. d. § 1 RabattG lag nur dann vor, wenn dem Normalpreis ein (niedrigerer) Sonderpreis gegenübergestellt wurde. Der Preisnachlass, der in der Schenkung einer an sich entgeltlichen Leistung liegt, stellte daher keinen Preisnachlass i. S. d. § 1 RabattG dar (BGH, Urt. v. 26.2.1965 - Ib ZR 51/63, GRUR 1965, 489 - Kleenex, insoweit nicht in BGHZ 43, 278; Urt. v. 29.4.1993 - I ZR 92/91, MDR 1993, 962 = GRUR 1993, 774 [775] = WRP 1993, 758 - Hotelgutschein). Nach der insoweit maßgeblichen Auffassung der mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BGH v. 20.2.1992 - I ZR 68/90, BGHZ 117, 230 [232] = MDR 1992, 567 - Rent-o-mat; Urt. v. 20.1.1994 - I ZR 250/91, GRUR 1994, 390 = WRP 1994, 310 - Anzeigen-Einführungspreis) verhielt es sich im Streitfall entsprechend. Denn die Beklagte gab danach ihre Waren zum unveränderten Normalpreis ab und brachte von diesem lediglich einen einmaligen und nicht auf eine bestimmte Ware bezogenen Gutschriftsbetrag in Abzug (OLG Hamburg v. 14.3.1995 - 3 U 28/96, WRP 1996, 774 [776]; a. A. OLG Stuttgart, Urt. v. 23.10.1998 - 2 U 137/98, OLGReport Stuttgart 1999, 29 [30]; Gloy in GroßKomm/UWG, § 1 RabattG Rz. 105).
III. Die Klage wäre im Übrigen auch dann abzuweisen gewesen, wenn sie sich zuletzt allein wegen einer nach ihrer Erhebung eingetretenen Änderung der Rechtsprechung als nicht mehr gem. § 1 UWG begründet dargestellt hätte (vgl. OLG Frankfurt v. 1.11.1994 - 6 U 152/94, GRUR 1995, 150 [151]; Pastor/Ahrens/Ulrich, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 37, Rz. 17; Jacobs in Großkomm/UWG, vor § 13 Rz. D 278; Baumbach/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 91a Rz. 133). Die Änderung der Rechtsprechung ist kein den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigendes Ereignis. Das Risiko eines niemals auszuschließenden Wandels der Rechtsprechung liegt beim Kläger, der sich bei seiner Anspruchsverfolgung auf die bisherige Rechtsprechung stützt (Pastor/Ahrens/Ulrich, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 37, Rz. 17). Dafür spricht insbesondere die Erwägung, dass der Kläger auch derjenige ist, der im umgekehrten Fall, d. h. wenn sich die Rechtsprechung nach der Klageerhebung zu seinen Gunsten ändert, von der Fortentwicklung der Rechtsprechung profitiert. Das gilt - anders als im Fall der Gesetzesänderung (vgl. dazu BGH BGHZ 37, 233 [246 f.]) - unabhängig davon, ob der Beklagte den Anspruch im Hinblick auf diese Änderung umgehend anerkennt, auch in kostenmäßiger Hinsicht (a. A. für den - vorliegend nicht gegebenen - Fall, dass sich die seit jeher einhellige Rechtsprechung zum Nachteil des Beklagten ändert, OLG Celle, Urt. v. 6.12.2001 - 22 U 155/00, OLGReport Celle 2002, 125).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1118743 |
BB 2004, 574 |
BuW 2004, 250 |
BGHR 2004, 605 |
EBE/BGH 2004, 3 |
EBE/BGH 2004, 90 |
EWiR 2004, 673 |
GRUR 2004, 349 |
WM 2004, 1048 |
WRP 2004, 496 |
GuT 2004, 104 |
JWO-VerbrR 2004, 89 |
ProzRB 2004, 119 |