Entscheidungsstichwort (Thema)
Schönheitsreparaturklausel. Regelung der Ausführungsart von Schönheitsreparaturen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Leitsatz (amtlich)
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Wohnraummietvertrages enthaltene Regelung, die dem Mieter die Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen auferlegt und bestimmt, dass der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der "bisherigen Ausführungsart" abweichen darf, ist auch dann insgesamt - und nicht nur hinsichtlich der Ausführungsart - wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Ausgestaltung in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.9.2004 - VIII ZR 360/03, BGHReport 2005, 5 m. Anm. Eisenschmid = MDR 2005, 84 = NJW 2004, 3775, unter II 1 c).
Normenkette
BGB § 535 Abs. 1 S. 2, § 307 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 29.06.2006; Aktenzeichen 62 S 93/06) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Entscheidung vom 23.02.2006; Aktenzeichen 16 C 322/05) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 62 des LG Berlin vom 29.6.2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Klägerin war Vermieterin, der Beklagte Mieter einer Wohnung in B. . § 2 Abs. 3 des Mietvertrages lautete auszugsweise:
"Der Mieter hat außerdem nach Maßgabe der Allgemeinen Vertragsbestimmungen und der Hausordnung
a) die Schönheitsreparaturen auszuführen (Nr. 5 und 12 AVB).
..."
[2] Bestandteil des Mietvertrages waren auch die Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) der Klägerin. Diese lauteten in Nr. 5 Abs. 2 Sätze 1 und 4:
"Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen.
Der Mieter darf nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen."
[3] Das Vertragsverhältnis endete zum 30.11.2004. Mit Schreiben vom 26.11.2004 verlangte die Klägerin vom Beklagten u.a. die Durchführung von Schönheitsreparaturen unter Fristsetzung zum 10.12.2004. Wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen fordert die Klägerin nach Ablauf der Frist Schadensersatz i.H.v. 1.879,81 EUR nebst Zinsen.
[4] Das AG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom LG zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch weiter.
Entscheidungsgründe
I.
[5] Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
[6] Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen. Die Pflicht zu deren Durchführung sei nicht wirksam auf den Beklagten übertragen worden. Die entsprechende formularvertragliche Regelung benachteilige den Beklagten nach Treu und Glauben unangemessen und sei daher gem. § 307 BGB unwirksam. Zwar begegne die Übertragung der Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen für sich genommen keinen Bedenken. Unwirksam sei jedoch die Allgemeine Vertragsbestimmung, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen dürfe. Diese Klausel sei unklar und benachteilige den Mieter unangemessen. Aufgrund des Summierungseffektes sei neben der Regelung über die Zustimmungsbedürftigkeit auch die formularmäßige Überwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen unwirksam.
II.
[7] Die zulässige Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zutreffend hat das LG einen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint. Der Beklagte kann nicht erfolgreich wegen Verletzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen in Anspruch genommen werden, weil diese Pflicht nicht wirksam auf ihn übertragen wurde.
[8] 1. Zu Recht hat das LG die Formularklausel Nr. 5 Abs. 2 Satz 4 AVB, wonach der Mieter nur mit Zustimmung des Wohnungsunternehmens von der bisherigen Ausführungsart abweichen darf, als unwirksam erachtet. Die Klausel ist unklar (§ 305c Abs. 2 BGB) und benachteiligt in ihrer dem Mieter ungünstigsten Auslegung die Vertragspartner der Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
[9] Die Klausel ist deshalb unklar, weil nicht eindeutig ist, was unter "Ausführungsart" zu verstehen ist. Dieser Begriff kann sich entweder auf die Grundausstattung beziehen, auf die Ausgestaltung im Einzelnen oder auf beides. Es ist mithin nicht zu erkennen, ob jegliche Veränderung zustimmungspflichtig sein soll oder wo sonst die Grenze zwischen zustimmungspflichtigen und zustimmungsfreien Veränderungen liegt (vgl. Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 2. Aufl., 1. Teil B Rz. 76).
[10] Ein Zustimmungsvorbehalt für jegliche Abweichung von der bisherigen "Ausführungsart" - beispielsweise die Wahl eines abweichenden Farbtons des Wand- oder Deckenanstrichs oder einer anderen Tapetenart (vgl. Langenberg a.a.O.) - würde den Mieter unangemessen in der Möglichkeit beschränken, sich in der Mietwohnung nach seinem Geschmack einzurichten, ohne dass für eine so weitgehende Beschränkung ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen ist (ebenso Langenberg, a.a.O., Rz. 77). Da die Klausel schon aus diesem Grund der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhält, bedarf keiner Entscheidung, ob sie sich darüber hinaus wie eine unzulässige Endrenovierungsklausel auswirkt (so das Berufungsgericht unter Berufung auf Langenberg, a.a.O., Rz. 75) und auch deswegen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.
[11] 2. Folge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen ist die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen schlechthin. Denn die - bei isolierter Betrachtung unbedenkliche - Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen wird durch die Festlegung auf die bisherige "Ausführungsart" in ihrer dem Mieter ungünstigsten Auslegung inhaltlich dahin ausgestaltet, dass der Mieter sich strikt an die bisherige "Ausführungsart" zu halten hat, wenn er nicht für jede Abweichung um Zustimmung der Klägerin nachsuchen will oder wenn die Zustimmung verweigert wird. Diese den Mieter unangemessen benachteiligende Beschränkung seiner Gestaltungsmöglichkeit ließe sich zwar durch die Streichung der Klausel Nr. 5 Abs. 2 Satz 4 AVB beseitigen. Dies wäre indessen eine inhaltliche Veränderung der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen und damit der Sache nach eine geltungserhaltende Reduktion der unangemessenen Formularvertragsregelung, die auch dann nicht zulässig ist, wenn die Verpflichtung als solche und ihre inhaltliche Ausgestaltung wie hier in zwei verschiedenen Klauseln enthalten sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2004 - VIII ZR 360/03, BGHReport 2005, 5 m. Anm. Eisenschmid = MDR 2005, 84 = NJW 2004, 3775, unter II 1 c).
Fundstellen
Haufe-Index 1728852 |
NJW 2007, 1743 |
BGHR 2007, 694 |
DWW 2007, 229 |
DWW 2007, 245 |
EBE/BGH 2007 |
NZM 2007, 398 |
ZMR 2007, 528 |
ZfIR 2007, 773 |
WuM 2007, 259 |
WuM 2007, 371 |
Info M 2007, 108 |
MietRB 2007, 167 |
NJW-Spezial 2007, 294 |
RdW 2007, 480 |
ZGS 2007, 206 |
ZGS 2009, 357 |
BBB 2007, 49 |
MK 2007, 100 |