Tenor

Der Antrag des Klägers, das Verfahren nach § 148 ZPO analog bis zur Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-100/21 und bis zur Entscheidung des BGH im Verfahren VIa ZR 335/21 auszusetzen, wird zurückgewiesen.

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 17.05.2022 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam, Az. 12 O 149/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

1.1 Hierzu besteht für den Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sogenannten "Dieselskandal" geltend.

Er erwarb am 07.04.2018 bei der S. GmbH in B. einen gebrauchten Pkw des Typs Seat Alhambra zu einem Kaufpreis von 30.990,00 EUR brutto. Das Fahrzeug wies bei Übergabe eine Laufleistung von 19.000 km auf und ist mit einem von der Beklagten hergestellten Motor des Typs EA 288 (Abgasnorm Euro 6) ausgestattet. Der Kläger hat behauptet, in dem Motor seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen manipulierten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB zu. Soweit in dem Fahrzeug ein "Thermofenster" zur Anwendung komme, könne dahinstehen, ob es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Insoweit fehle es jedenfalls an der für eine Haftung nach § 826 BGB notwendigen Sittenwidrigkeit und einem Schädigungsvorsatz. Zwar habe der Kläger die Verwendung einer entsprechenden "Umschaltlogik" bzw. einer Zykluserkennung wie bei dem Motor EA 189 behauptet. Diese Behauptungen sehe die Kammer durch die Untersuchungen des KBA als widerlegt an. Unabhängig davon könne selbst dann, wenn sich die Einschätzung des KBA als rechtlich fehlerhaft erwiesen, kein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten angenommen werden. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit scheide ebenso wie die Annahme eines vorsätzlichen Handelns aus, soweit sich eine Tathandlung im Einzelfall als rechtlich vertretbar erweise. Komme die maßgebliche Fachbehörde im Rahmen einer komplexen Überprüfung zu der Überzeugung, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zum Einsatz kämen, könne nicht zulasten des betroffenen Fahrzeugherstellers von einem sittenwidrigen oder vorsätzlichen Handeln ausgegangen werden. Dafür, dass sich das Verhalten der Fachbehörde als rechtswidrig darstelle, bestünden keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere seien keine konkreten Anhaltspunkte erkennbar, dass die Beklagte in dem maßgeblichen EG-Typgenehmigungsverfahren unter bewusstem Einsatz von Täuschungen gehandelt habe. Dass im Übrigen Systeme der Abgasrückführung und -nachbehandlung eingebaut seien, bei denen der Stickstoffoxidausstoß im Realbetrieb von dem im Prüfstand abweiche, lasse nicht beweissicher auf eine Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten schließen. Ansprüche aus § 831 Abs. 1 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bestünden ebenfalls nicht. Auch Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV kämen nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 23.05.2022 zugestellte Urteil mit einem am 23.06.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel - nach auf rechtzeitigen Antrag verlängerter Berufungsbegründungsfrist bis zum 23.08.2022 - mit einem an diesem Tage eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger verfolgt sein Begehren in der Berufung in vollem Umfang unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens weiter. Ansatzpunkt des Verfahrens sei nicht das "Thermofenster", sondern die Zykluserkennung mit Auswirkungen auf das Abgasverhalten. Das Landgericht habe die Substantiierungsanforderungen überspannt. Er könne mangels eigener Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Konzeption und die genaue Funktionsweise des Motors keine ingenieurgleichen Kenntnisse der konkreten Wirkung von der Abschalteinrichtung haben. Er habe greifbare Umstände angeführt, die den Verdacht begründeten, dass sein Fahrzeug eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen aufweise. So habe er konkret vorgetragen, dass das Fahrzeug aufgrund einer Weg-Zeit-Sensierung erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem behördlichen Prüfstand des NEFZ oder im realen Straßenverkehr befinde. Abhängig davon arbeite das Emissionskontrollsystem mit der Folge, dass die gesetzlichen Vorgaben lediglich auf dem Prüfstand erreicht würden bzw. die Emissionswerte geschönt würden. Greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung lägen nicht erst dann vor, wenn das KBA auch bezüglich des betroffenen Fahrzeugtyps eine Rü...

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