Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung von Bergwerkseigentum
Beteiligte
Rechtsanwälte Prof. Dr. Klaus Finkelnburg und Koll. in Sozietät White & Case, Feddersen |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Übergangsregelung in § 149 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 5 des Bundesberggesetzes (BBergG) gegen Art. 14 GG verstößt. Nach diesen Vorschriften erlöschen Berechtigungen alten Rechts, die der Rechtsinhaber nicht innerhalb von drei Jahren nach Bekanntmachung einer öffentlichen Aufforderung bei der zuständigen Behörde angezeigt hat.
1. Die Beschwerdeführerinnen wurden auf Grund eines Schenkungsvertrages im April 1986 als Rechtsinhaberinnen eines 1874 verliehenen Bergwerkseigentums an einem Dachschieferfeld in das Berggrundbuch eingetragen. Das Bergwerkseigentum vermittelt dem Berechtigten Schürfrechte auf dem mit diesem Recht belasteten Grundeigentum. Bereits im Oktober 1984 waren die Inhaber eingetragener Bergrechte durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger und im Staatsanzeiger für das Land Hessen aufgefordert worden, ihr Recht innerhalb von drei Jahren anzuzeigen und sich bestätigen zu lassen. Weder der Rechtsvorgänger noch die Beschwerdeführerinnen veranlassten irgend etwas. Anlässlich einer Anfrage beim Oberbergamt im März 1994 erfuhren die Beschwerdeführerinnen, dass ihr Bergwerkseigentum im Oktober 1990 erloschen sei. Mit ihrem Begehren, die Bestätigung ihres Bergwerkseigentums nach § 149 Abs. 1 Satz 1 BBergG und eine Verpflichtung der Behörde zu erreichen, ihre Eintragung in das Berggrundbuch zu veranlassen, blieben die Beschwerdeführerinnen im behördlichen und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohne Erfolg.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführerinnen unmittelbar gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen und mittelbar gegen die Übergangsregelung des § 149 Abs. 1, 2 und 5 BBergG und rügen eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 und Abs. 3 GG.
Es werde nicht bezweifelt, dass das Bestätigungsverfahren geeignet sei, das öffentliche Interesse an einer Bestandsaufnahme der bestehenden alten Rechte und Verträge zu erfüllen. Die damit verbundene Rechtsfolge gemäß § 149 Abs. 5 BBergG sei jedoch unverhältnismäßig. Das Streben nach Rechtseinheit könne für sich allein den ersatzlosen Entzug einer eigentumsrechtlich geschützten Rechtsposition nicht rechtfertigen. Wenn der Gesetzgeber mit der Regelung des Erlöschens der Bergbauberechtigung bei verspäteter Anzeige auch das Ziel verfolge, die Bergbauberechtigung des betreffenden Eigentümers der Öffentlichkeit nutzbar zu machen, so müsse er dies mittels der vom Grundgesetz vorgesehenen Möglichkeit einer Enteignung unter den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG verwirklichen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Die für ihre Beurteilung maßgeblichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Grundrechts der Beschwerdeführerinnen angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs verletzen die Beschwerdeführerinnen nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
1. Die Regelungen des § 149 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 BBergG verstoßen nicht gegen die Gewährleistung des Eigentums. Der infolge fehlender Verfahrensmitwirkung eintretende Rechtsverlust ist nicht verfassungswidrig.
Die gesetzliche Beseitigung eines nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Rechts ist nicht in jedem Fall eine Enteignung. Art. 14 Abs. 3 GG ist nicht unmittelbar anwendbar, wenn der Gesetzgeber im Zuge der generellen Neugestaltung eines Rechtsgebiets bestehende Rechte abschafft, für die es im neuen Recht keine Entsprechung gibt. Der Gesetzgeber unterliegt dabei jedoch besonderen verfassungsrechtlichen Schranken. Voraussetzung ist zunächst, dass die Neuregelung als solche, unabhängig von der Frage der Beseitigung oder Einschränkung bestehender Rechtspositionen, verfassungsgemäß ist. Der Eingriff in die nach früherem Recht entstandenen Rechte muss darüber hinaus durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sein. Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwer wiegend sein, dass sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gesichert wird. Auch das Ausmaß des zulässigen Eingriffs hängt vom Gewicht des dahinter stehenden öffentlichen Interesses ab. Selbst wenn Art. 14 Abs. 3 GG nicht unmittelbar eingreift, ist das darin zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes bei der vorzunehmenden Abwägung zu beachten, da sich der Eingriff für den Betroffenen wie eine Enteignung auswirkt. Der Gesetzgeber muss danach die Umgestaltung oder Beseitigung eines Rechts zwar nicht durchweg mit einer Entschädigungs- oder Übergangsregelung abmildern. Die völlige, übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer Rechtsposition kann jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen in Betracht kommen. Durch das bloße Bedürfnis nach Rechtseinheit im Zuge einer Neuregelung wird sie nicht gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 83, 201 ≪211 ff.≫).
Vorliegend entfällt die Schürfberechtigung, die die Beschwerdeführerinnen innehaben, nicht übergangslos. Vielmehr findet ein Verwaltungsverfahren statt, das der Sichtung und Bestätigung der vorhandenen Rechte dient. Die Ausgestaltung dieses Bestätigungsverfahrens begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Sowohl die Notwendigkeit zur Anmeldung des Rechts zur Vermeidung des Rechtsverlusts als auch das Erfordernis der Bestätigung der Bergbauberechtigungen nach altem Recht ist im Blick auf das Anliegen des Gesetzgebers gerechtfertigt und auch verhältnismäßig. Dies gilt auch hinsichtlich der Frist von drei Jahren ab Veröffentlichung der Aufforderung zur Anzeige der Berechtigung.
Dem Erlass des Bundesberggesetzes lag das Bestreben des Bundesgesetzgebers zu einer Vereinheitlichung und Neuordnung des gesamten Bergrechts zu Grunde, mit der die Rechtszersplitterung durch eine Vielzahl von teilweise aus dem vorigen Jahrhundert stammenden Gesetzen und Verordnungen der Länder überwunden werden sollte (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, BTDrucks 8/1315, S. 1, 67 ff. und BVerfGE 83, 201 ≪213≫). Mit der Einführung des Bestätigungsverfahrens in § 149 BBergG bezweckte der Gesetzgeber die möglichst sinnvolle, planmäßige und umfassende Nutzbarmachung der vorhandenen Rohstoffreserven. Diesem Zweck wäre es zuwider gelaufen, hätte der gesamte Bestand der vorhandenen Bergbauberechtigungen nur auf Grund ihrer formalen Existenz und ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Substanz und deren Bedeutung für den Inhaber in das neue Recht überführt werden müssen (vgl. BTDrucks 8/1315, S. 159 f. und BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. Juli 1987 – 1 BvR 995/86 – ZfB 1988, S. 80).
Dieser gesetzgeberische Zweck rechtfertigt die Anordnung der Anmeldung der alten Rechte und Verträge. Anmeldung und Frist sind zur Erreichung des erstrebten Erfolgs geeignet und erforderlich. Der bei Verstreichen der Frist drohende Verlust der Bergbauberechtigung steht auch nicht außer Verhältnis zu dem mit der Vorschrift angestrebten Zweck. Die Regelung soll im Grundsatz den Rechtsverlust vermeiden. Die Anzeigepflicht ist rechtsbewahrend ausgestaltet worden. Die mit drei Jahren ausreichend großzügig bemessene Anmeldefrist zeigt, dass die Bestandsaufnahme und Einordnung und nicht die Beseitigung alter Bergrechte im Vordergrund der gesetzgeberischen Überlegungen stand (vgl. BTDrucks 8/1315, S. 159 f.). Es liegt mithin in der Hand des Berechtigten, seine Rechte zu wahren. Der Gesetzgeber konnte im Hinblick auf die Publizitätswirkung der Veröffentlichung von Gesetzen auch davon ausgehen, dass die Betroffenen von der Neuregelung des Bergrechts Kenntnis nehmen würden, jedenfalls aber konnten. Danach waren diese in die Lage versetzt, die Auswirkungen der Rechtsänderungen auf die bestehenden Rechte zu erkennen. Der gesetzliche Hinweis auf die vom Oberbergamt vorzunehmenden Veröffentlichungen im Bundesanzeiger und dem Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde gab den Rechtsinhabern hinreichend Veranlassung, auf den Aufruf ihrer Rechte zu achten.
2. Dass der Verwaltungsgerichtshof oder das Bundesverwaltungsgericht bei der Normanwendung Bedeutung und Tragweite der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verkannt haben könnten, ist nicht ersichtlich.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Haas, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen
Haufe-Index 742683 |
NVwZ 2002, 1365 |
NuR 2003, 743 |
ZfB 2003, 58 |