Entscheidungsstichwort (Thema)
Völkermordkonvention
Beteiligte
Rechtsanwalt Hans Grünbauer |
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Auslegung von Art. II und VI der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 (Völkermordkonvention, BGBl 1954 II, S. 730) sowie von § 220a StGB aus Anlass der Verurteilung eines bosnischen Serben durch ein deutsches Gericht wegen eines in Bosnien-Herzegowina verübten Verbrechens des Völkermordes.
I.
1. Nach Art. I Völkermordkonvention bestätigen die Vertragschließenden Parteien, dass Völkermord, ob im Frieden oder im Krieg begangen, ein Verbrechen gemäß internationalem Recht ist. Sie verpflichten sich zu dessen Verhütung und Bestrafung. Art. II bestimmt den Tatbestand des Völkermordes, Art. III bezeichnet als strafbare Handlungen neben der vollendeten Haupttat des Völkermordes auch Verschwörung, Anreizung, Versuch und Teilnahme. Strafbar ist gemäß Art. IV jedermann, unabhängig von seiner Stellung. Art. V verpflichtet die Parteien unter anderem, Handlungen im Sinne von Art. III in Übereinstimmung mit ihren jeweiligen Verfassungen unter wirksame Strafe zu stellen. Art. VI regelt die Frage der Zuständigkeit für die Verfolgung der in Art. III als strafbar bezeichneten Handlungen.
2. Der Beschwerdeführer ist bosnischer Serbe. Er wurde bei seiner letzten Einreise nach Deutschland am 16. Dezember 1995 festgenommen. Die Bundesanwaltschaft erhob gegen ihn sodann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Anklage wegen Völkermordes.
3. Das Oberlandesgericht Düsseldorf ließ die Klage zu und eröffnete das Hauptverfahren gegen den Beschwerdeführer. Am 26. September 1997 verurteilte ihn das Oberlandesgericht wegen Völkermordes gemäß §§ 220a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB in elf Fällen, in Tateinheit mit weiteren Verbrechen. Es verhängte eine lebenslange Freiheitsstrafe und stellte fest, dass seine Schuld besonders schwer wiegt.
4. Gegen dieses Urteil legte der Beschwerdeführer fristgemäß Revision ein. Mit Urteil vom 30. April 1999 änderte der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf im Schuldspruch dahin ab, dass der Beschwerdeführer wegen Völkermordes in Tateinheit mit Mord in 30 Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt wird; die weiter gehende Revision wurde verworfen.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er sei durch die angegriffenen Urteile in seinem Recht aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. Art. 100 Abs. 2 GG, dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 103 Abs. 1 sowie seinen Rechten aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Durch die Urteile beider Gerichte werde sein Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, da beide Gerichte selbst entschieden hätten, ob und mit welchem Inhalt eine allgemeine Regel des Völkerrechts bestehe, die der Anwendung des § 6 StGB entgegenstehen könnte. Eine Feststellung dieser Art liege in der Alleinzuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts. Im Zweifel stehe die Frage, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts bestehe, die der Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß § 6 Nr. 1 StGB nach dem Weltrechtspflegeprinzip entgegenstehe. Auch Art. 103 Abs. 2 GG sei verletzt, da die Auffassung der Gerichte, die die Zerstörungsabsicht anders als im Sinne einer physisch-biologischen Vernichtung verstünden, keine Grundlage mehr im Wortsinne des § 220a StGB finde.
Entscheidungsgründe
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die mit der Verfassungsbeschwerde angesprochenen verfassungsrechtlichen Fragen betreffen neben dem Umfang der Nachprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen über Völkervertragsrecht durch das Bundesverfassungsgericht die Vorlagepflicht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG, das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG als spezielles Willkürverbot für die Strafgerichtsbarkeit, die Anforderungen an die Anknüpfung der deutschen Strafrechtsetzungsgewalt an Taten im Ausland und das Recht auf ein faires Verfahren; sie sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt oder lassen sich ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪274≫; 63, 343 ≪369≫; 92, 277 ≪324 ff.≫; 94, 315 ≪328≫; 99, 145 ≪160≫).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt, § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde hat, auch soweit sie zulässig ist, keine Aussicht auf Erfolg.
3. Die Rüge der Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. Art. 100 Abs. 2 GG ist nicht zulässig.
Nach Art. 100 Abs. 2 GG hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit objektiv zweifelhaft ist, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist (vgl. BVerfGE 46, 342 ≪362 f.≫). Eine Nichtvorlage verletzt das Recht auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, sofern eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 2 GG überhaupt zulässig gewesen wäre (vgl. BVerfGE 18, 441 ≪447 f.≫). Dies setzt voraus, dass die vorlagefähige völkerrechtliche Norm entscheidungserheblich ist und dass das Fachgericht ernsthafte Zweifel hat, ob und mit welchem Inhalt eine entscheidungserhebliche völkerrechtliche Norm gemäß Art. 25 Satz 1 GG Bestandteil des Bundesrechts ist (vgl. BVerfGE 15, 25 ≪30≫; 23, 288 ≪316 ff.≫; stRspr). Der Beschwerdeführer trägt nicht hinreichend substantiiert vor, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG gegeben waren.
a) Gegenstand des Normenverifikationsverfahrens nach Art. 100 Abs. 2 GG sind die allgemeinen Regeln des Völkerrechts i.S. Art. 25 Satz 1 GG, also das universell geltende Völkergewohnheitsrecht sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze (vgl. BVerfGE 23, 288 ≪317≫; 94, 315 ≪328≫; 95, 96 ≪129≫). Völkervertragsrecht haben die Fachgerichte hingegen selbst anzuwenden und auszulegen (vgl. BVerfGE 15, 25 ≪32 f., 34 f.≫; 16, 27 ≪33≫; 18, 441 ≪450≫; 59, 63 ≪89≫; 99, 145 ≪160≫). Als vorlagefähige Norm kam hier das völkergewohnheitsrechtliche Verbot des Völkermordes in Betracht. Bereits der Wortlaut von Art. I der Völkermordkonvention, wonach die Vertragschließenden Parteien „bestätigen”, dass Völkermord ein Verbrechen gemäß internationalem Recht ist, weist auf eine entsprechende Überzeugung der Staatengemeinschaft hin. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat die völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Völkermordverbotes bereits 1951 bestätigt (vgl. Reservations to the convention on the prevention and punishment of the crime of Genocide, ICJ Reports 1951, S. 15 ≪23≫).
b) Das Gericht muss die bei Art. 100 Abs. 2 GG vorausgesetzte Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Regel des Völkerrechts hinreichend darlegen, §§ 84, 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG (vgl. BVerfGE 15, 25 ≪30≫). Diese Voraussetzung hätte der Bundesgerichtshof hier nicht erfüllen können, da er seine Entscheidung aufVölkervertragsrecht gestützt hat. Der Bundesgerichtshof hat, wie zuvor das Oberlandesgericht, für die Beurteilung der Frage, ob ein völkerrechtliches Verbot bestehe, Völkermord nach dem Weltrechtsprinzip zu bestrafen, Art. VI Völkermordkonvention herangezogen. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass neben dem anwendbaren Art. VI Völkermordkonvention eine – hypothetische – völkergewohnheitsrechtliche Norm zum Völkermord mit dem Inhalt eines Verbots der universellen Strafverfolgung hätte zur Anwendung kommen können.
aa) Die Völkermordkonvention regelte zum maßgeblichen Zeitpunkt die Frage, ob die deutsche Strafrechtsetzungsgewalt an Taten in dem interessierenden Raum anknüpfen durfte. Die Bundesrepublik Deutschland ist an die Völkermordkonvention seit 1954 gebunden (BGBl 1954 II, S. 730). Der für das Gebiet Doboj zuständige territoriale Souverän ist ebenfalls an diesen Vertrag gebunden. Das Gebiet gehört nunmehr zu dem im Prozess des Zerfalls der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) entstandenen Staat Bosnien-Herzegowina. Nachdem sich Bosnien-Herzegowina auf Grund des Referendums vom 1. März 1992 am 6. März 1992 für unabhängig erklärt hatte, wurde es am 7. April 1992 von den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Gemeinschaft auf der Grundlage des Berichts der sog. Badinter-Kommission als Staat anerkannt. Am 22. Mai 1992 wurde es als „Republik Bosnien-Herzegowina” in die Vereinten Nationen aufgenommen. Keine Staatlichkeit hat die sog. Republika Srpska im Norden Bosniens erlangt (vgl. Conference on Yugloslavia, Arbitration Commission, Opinion No. 2, abgedruckt in ILM Bd. 31 (1992), S. 1497 ≪1498≫). Der Staat Bosnien-Herzegowina ist jedenfalls Partei der Völkermordkonvention. Ob Bosnien-Herzegowina diesen Status automatisch kraft Sukzession oder auf Grund eines Beitritts erlangt hat, kann dahin stehen. Insoweit spricht zwar einiges für eine automatische Sukzession. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen geht davon aus, Bosnien-Herzegowina sei sukzediert, nicht neu beigetreten (vgl. IGH, Application of the convention on the prevention and punishment of the crime of Genocide ≪Application of Genocide Convention≫, Provisional Measures, ICJ Reports 1993, S. 3 ≪para. 25≫). Für die Nachfolge im Falle des ehemaligen Jugoslawien lässt sich möglicherweise auch eine von Rechtsüberzeugung getragene einheitliche Praxis nachweisen, die Art. 34 der (nicht in Kraft getretenen) Wiener Konvention über das Recht der Staatennachfolge in Verträge entspricht. Danach wäre Bosnien-Herzegowina eo ipso in die Konvention sukzediert, wobei es wohl nicht einmal auf die Frage ankommt, ob die SFRJ durch Dismembration untergegangen ist oder in der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) subjektsidentisch fortbesteht. Letztlich kann diese Frage aber deshalb offen bleiben, weil Bosnien-Herzegowina selbst dann, wenn man eine automatische Sukzession ablehnen würde, Partei geworden ist. Denn dann wäre dieser Staat völkerrechtlich wirksam der Konvention beigetreten. Dieser ist entweder kraft Erklärung allgemeiner Sukzession in die Verträge der SFRJ vom 27. April 1992 spezifischer Beitrittserklärung zur Völkermordkonvention vom 29. Dezember 1992 mit Wirkung vom 6. März 1992 Partei der Völkermordkonvention geworden (vgl. IGH, ICJ Reports 1993, S. 3 ≪para. 23 f.≫ und Application of Genocide Convention, Preliminary Objections, ICJ Reports 1996, S. 559 ≪para. 23≫). Offen bleiben kann auch, zu welchem Zeitpunkt Bosnien-Herzegowina Vertragspartei der Konvention geworden ist. Die Konvention sieht keine Beschränkung ihres zeitlichen Anwendungsbereichs auf Handlungen nach dem Beitritt eines Staates vor; auch nach ihrem in Art. I zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck kommt es nicht darauf an, wann die nach der Konvention verfolgbaren Taten stattgefunden haben (vgl. IGH, ICJ Reports 1996, S. 559 ≪para. 34≫).
bb) Ein völkergewohnheitsrechtliches Verbot der Erstreckung deutscher Strafrechtsetzungsgewalt, dessen Existenz der Beschwerdeführer behauptet, konnte neben Art. VI Völkermordkonvention keine Anwendung finden.
Allerdings können Normen beider Quellen auch dann gültig und für die Parteien verbindlich sein, wenn sie denselben Regelungsgegenstand betreffen (vgl. IGH, Military and Paramilitary Activities in and Against Nicaragua, ICJ Reports 1986, S. 14 ≪para. 177 ff.≫). Die Inkorporation einer gewohnheitsrechtlichen Norm in einen Vertrag ändert nichts an deren gleichzeitiger gewohnheitsrechtlicher Geltung. Es bestehen eine völkervertragliche und eine -gewohnheitsrechtliche Normierung des Völkermordverbotes. Die Völkermordkonvention hat den völkergewohnheitsrechtlichen Grundsatz kodifiziert oder zur Kristallisation gebracht. Unter der gegebenen Voraussetzung derogatorischer Gleichrangigkeit beider Völkerrechtsquellen, kann andererseits Vertragsrecht Gewohnheitsrecht im Hinblick auf die Grundsätze lex specialis und lex posterior derogieren wie auch umgekehrt (vgl. BVerfGE 6, 309 ≪335≫). Inwieweit eine solche Derogation stattfindet, ist durch Auslegung zu ermitteln. Im Hinblick auf beide Kollisionsnormen wird Völkergewohnheitsrecht gegenüber einer Völkervertragsnorm mit demselben Anwendungsbereich grundsätzlich nur dann heranzuziehen sein, wenn es partikuläres, insbesondere unter Beteiligung der Bundesrepublik zustande gekommenes oder zwingendes allgemeines Völkerrecht ist (vgl. BVerfGE 18, 441 ≪448 f.≫).
Besonderheiten gelten bei zwingendem Völkerrecht. Völkerrechtliches Ius cogens kann nicht derogiert werden (vgl. Steinberger, in: Handbuch des Staatsrechts Bd. VII, § 173, Rn. 15; Oppenheim's International Law, 9. Aufl. bearb. von Fitzmaurice/Watts, S. 995 Fn. 10). Fließen solche Regeln aus einem grundlegenden Prinzip wie dem Verbot des Völkermordes, so kommt die Anwendung der gewohnheitsrechtlichen Norm in Betracht, soweit die Abweichungen kleinerer Natur sind, also die Respektierung der vertraglichen Pflichten nicht beschränkt (vgl. IGH, Nicaragua, ICJ Reports 1986, S. 14 ≪para. 181≫). Das Völkermordverbot ist als Vertrags- und Gewohnheitsrecht Teil des völkerrechtlichen Ius cogens (vgl. Kadelbach, Zwingendes Völkerrecht, 1992, S. 186). Eine zwingende Norm des allgemeinen Völkerrechts ist eine Norm, die von der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und anerkannt wird als eine Norm, von der nicht abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Norm des allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann (vgl. BVerfGE 18, 441 ≪448 f.≫; 75, 1 ≪20≫; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl., S. 46). Der Internationale Gerichtshof hat für die Völkermordkonvention festgestellt, dass sie erga omnes Wirkung entfalte (vgl. IGH, The Barcelona Traction second phase, ICJ Reports 1970, S. 3 ≪para. 34≫; Application of Genocide Convention, ICJ Reports 1996, S. 559 ≪para. 31≫). Erga omnes Wirkung kommt Normen der Qualität des Ius cogens zu (vgl. Frowein, Die Verpflichtungen erga omnes im Völkerrecht und ihre Durchsetzung, in: FS Mosler, 1983, S. 241 ≪242 f.≫). Daher war die vom Beschwerdeführer behauptete völkergewohnheitsrechtliche Norm vorliegend nur dann möglicherweise entscheidungserheblich, wenn sie gegenüber Art. VI Völkermordkonvention eine unwesentliche Abweichung darstellen würde. Dies wäre bei der vom Beschwerdeführer als existierend behaupteten Völkergewohnheitsnorm nicht der Fall. Denn das Verbot der universalen Strafrechtspflege würde der Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus Art. I Völkermordkonvention nach der Auslegung der angegriffenen Urteile für die Bundesrepublik ergeben, diametral entgegenstehen.
4. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG durch die Auslegung des Begriffs der Zerstörungsabsicht in § 220a StGB rügt, genügt die Verfassungsbeschwerde den Anforderungen des § 90 Abs. 2 BVerfGG. Die Rüge ist jedoch nicht begründet; die den fachgerichtlichen Entscheidungen zu Grunde liegende Auffassung verletzt nicht Art. 103 Abs. 2 GG, auch in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
a) Als spezielles Willkürverbot für die Strafgerichtsbarkeit verpflichtet Art. 103 Abs. 2 GG den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Die hiernach gebotene Bestimmtheit des Straftatbestandes schließt aber die Verwendung von Begriffen nicht aus, die der Deutung durch den Richter bedürfen. Es liegt deshalb in der Natur der Sache, dass in Grenzfällen durchaus zweifelhaft sein kann, ob ein Verhalten noch unter den gesetzlichen Straftatbestand fällt. Jedenfalls im Regelfall muss der Normadressat aber anhand der gesetzlichen Vorschrift voraussehen können, ob ein Verhalten strafbar ist. In Grenzfällen ist auf diese Weise wenigstens das Risiko einer Bestrafung erkennbar. Für die Rechtsprechung folgt aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit ein Verbot analoger Strafbegründung. Der mögliche Wortsinn markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation (vgl. BVerfGE 64, 389 ≪393 f.≫; 71, 108 ≪114 ff.≫; 92, 1 ≪12≫). Da Art. 103 Abs. 2 GG die Vorhersehbarkeit der Strafandrohung für den Normadressaten garantieren will, ist die Grenze aus dessen Sicht zu bestimmen (BVerfGE 92, 1 ≪12≫). Im Übrigen ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, seine Auffassung von der zutreffenden oder überzeugenden Auslegung des einfachen Rechts an die Stelle derjenigen der Strafgerichte zu setzen.
Oberlandesgericht und Bundesgerichtshof sehen durch § 220a StGB die Gruppe geschützt; sie haben übereinstimmend die Absicht des § 220a StGB dahin ausgelegt, dass sie die Zerstörung der Gruppe – auch eines geographisch begrenzten Gruppenteils – als sozialer Einheit in ihrer Besonderheit und Eigenart und in ihrem Zusammengehörigkeitsgefühl, nicht notwendig ihre physisch-biologische Vernichtung umfasse. Beide Gerichte gehen dabei davon aus, dass der Täter als Mittel der Zerstörung vor allem die in § 220a Abs. 1 Ziffer 1 bis 5 StGB genannten Handlungen selbst oder durch andere einsetzen wollen muss. Als möglicherweise selbständige weitere Mittel werden genannt Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen, Zerstörung und Plünderung von Häusern und für die Gruppe wichtigen Gebäuden sowie Vertreibung von Gruppenangehörigen. Es genüge, wenn sich der Täter die Absicht der vom Tatbestand vorausgesetzten strukturell organisierten zentralen Lenkung – ggf. in Bezug auf einen Gruppenteil – zu Eigen mache. Die entsprechende Absicht der zentralen Lenker könne sich auch aus deren politischen Äußerungen ergeben.
Diese Auslegung des Absichtsbegriffs in § 220a StGB durch die angegriffenen Urteile entspricht den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG.
aa) Der Ausgangspunkt der angegriffenen Urteile, der Völkermordtatbestand schütze ein überindividuelles Rechtsgut, nämlich die soziale Existenz der Gruppe, findet in dem Wortlaut der Norm darin einen Anhaltspunkt, dass sich die Zerstörungsabsicht gegen die „Gruppe als solche” richten muss. Die in § 220a StGB vorausgesetzte Absicht der Zerstörung der Gruppe ist schon nach dem natürlichen Wortsinne weiter als die physisch-biologische Vernichtung. Das folgt auch daraus, dass das Gesetz in § 220a Abs. 1 Nr. 3 StGB Zerstörung mit dem besonderen Attribut „körperlich” versieht, um damit die Eignung der Tathandlung zur physischen Vernichtung der Gruppe zu bezeichnen. Zudem bezeichnet § 220a Abs. 1 Nr. 4 StGB einen Sonderfall der biologischen Vernichtung der Gruppe, ohne dass sich dies auf die gegenwärtig lebenden Mitglieder bereits im Sinne einer physischen Vernichtung auswirkt. Dass es Absicht des Täters sein muss, zumindest eine substantielle Zahl an Mitgliedern der Gruppe auch physisch zu vernichten, ergibt sich danach nicht zwingend aus dem Wortlaut (vgl. hierzu auch Zimmermann, The Creation of a Permanent International Criminal Court, Max Planck Yearbook of United Nations Law, Bd. 2 (1998), S. 169, 172 mFn. 10).
bb) Das Risiko der Bestrafung gerade gemäß § 220a StGB bleibt für den Einzelnen auch noch erkennbar. Die Absicht kann – wie im Urteil des Oberlandesgerichts geschehen – in der Regel aus den Umständen eines Angriffs unter strukturell organisierter zentraler Lenkung auf die Gruppe, von dem der Täter weiß und den er in seinen Willen aufnimmt, erschlossen werden. Im Falle des Beschwerdeführers kommt hinzu, dass er über einen längeren Zeitraum und gegenüber einer erheblichen Zahl von Opfern Tathandlungen i.S. § 220a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB beging, die nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs durch seine Zerstörungsabsicht zu einer Tat des Völkermordes als rechtlicher Handlungseinheit verklammert werden.
cc) Der mögliche Wortsinn wird auch nicht überschritten, wenn die Gerichte annehmen, dass sich die Absicht der Zerstörung auch auf einen geographisch begrenzten Teil der Gruppe beziehen kann. Diese Auslegung findet einen Anhaltspunkt darin, dass § 220a StGB neben der ganzen auch die teilweise Zerstörungsabsicht pönalisiert.
dd) Soweit der Beschwerdeführer rügt, die angegriffenen Urteile hätten Zerstörung mit Vertreibung gleichgesetzt, kann ihm nicht gefolgt werden. Beide Urteile gehen deutlich davon aus, dass systematische Vertreibungen ein Mittel der Zerstörungsabsicht und damit ein Indiz für diese sein können, diese aber nicht allein begründen.
b) Ob die Strafbarkeit einer Tat gesetzlich bestimmt war bevor die Tat begangen wurde, ist in erster Linie auf Grund des Strafrechts der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen (vgl. BVerfGE 92, 277 ≪324≫). Doch sind die Wirkungen der Erstreckung der Jurisdiktion der Bundesrepublik Deutschland auf einen Auslandssachverhalt am Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) zu messen (vgl. BVerfGE 92, 277 ≪325≫). Anforderungen an staatliches Strafen auf dieser Grundlage ergeben sich aus dem Verhältnismäßigkeitprinzip (vgl. BVerfGE 92, 277 ≪326≫). Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass den strafprozessualen Garantien des Art. 103 Abs. 2 GG insoweit eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 92, 277 ≪323≫). Dem entspricht es, dass die Bundesrepublik bei auf Völkerrecht beruhender Anknüpfung deutscher Strafrechtsetzungsgewalt an Sachverhalte unter fremder Gebietshoheit den menschenrechtlichen Bindungen des anwendbaren Völkerrechts unterliegt (vgl. Wolfrum, The Decentralized Prosecution of International Offences through National Courts, Israel Yearbook on Human Rights, Bd. 24 (1994), S. 183, 195). Insoweit ist insbesondere Art. 15 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte von 1966 (IPbürgR) zu beachten. An diesen ist die Bundesrepublik im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina gebunden. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 IPbürgR vom 19. Dezember 1966 beschränkt von Völkerrechts wegen die Strafgewalt der Bundesrepublik. Danach darf niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war (vgl. auch Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Römisches Statut, BGBl II S. 1393, 1412). Die Norm entspricht insoweit Art. 103 Abs. 2 GG. Ist der Einzelne Normbefehlen des nationalen wie des Völkerrechts unterworfen, verlangt das Rechtsstaatsprinzip i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG folglich, dass die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts, das – wie § 220a StGB – der Umsetzung von Völkerstrafrecht dient, das Analogieverbot auch im Lichte des völkerrechtlichen Normbefehls sehen. Das muss jedenfalls dann gelten, wenn – wie vorliegend – eine Strafbarkeit des Beschwerdeführers unmittelbar nach Völkerrecht in Betracht kommt (vgl. Oppenheim's International Law, a.a.O., S. 994 mFn. 7). Die heute überwiegende Auffassung geht von einer unmittelbaren Strafbarkeit von Völkermordverbrechen nach Völkerrecht aus (vgl. nur International Law Commission, Draft Code of Crimes against the Peace and Security of Mankind, ILC Yearbook 1996, Vol. II(2), Art. 2).
Die mögliche Wortlautgrenze von § 220a StGB ist daher auch im Lichte des internationalen Völkermordtatbestandes, wie er in Art. II Völkermordkonvention, Art. 4 Statut des Jugoslawien-Strafgerichtshofs, Art. 4 Statut des Ruanda-Strafgerichtshofs und Art. 6 Römisches Statut eines Internationalen Strafgerichtshofs niedergelegt ist, zu bestimmen. Die Auffassung der Fachgerichte zu § 220a StGB hält sich ersichtlich im Rahmen der möglichen Interpretation des völkerrechtlichen Völkermordtatbestandes sowie der einschlägigen Rechtsprechung und Praxis der Vereinten Nationen.
aa) Im völkerrechtlichen Schrifttum wird der Völkermordtatbestand zum Teil als auf die physisch-biologische Vernichtung einer geschützten Gruppe bzw. einer substantiellen Zahl ihrer Mitglieder beschränkt gesehen (vgl. Stillschweig, Das Abkommen zur Bekämpfung von Genocide, Friedens-Warte 1949, S. 94, 99; Verhoeven, Le crime de génocide, originalité et ambiguité, Revue belge de droit international, public Bd. 24 (1991), S. 5; Tomuschat, Die Vertreibung der Sudetendeutschen, ZaöRV Bd. 56 (1996), S. 1, 13; Whitaker als zweiter Sonderberichterstatter der VN Menschenrechtskommission – Unterkommission, UN Doc. E/CN.4/Sub.2/1985/6 ≪para. 29≫; Schabas, in: Triffterer [ed.], Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Court, 1999, Art. 6 Rn. 4 ff.; differenzierend Robinson, The Genocide Convention, 1960, S. 62 f.). Dies ist nach dem Wortlaut der Vorschrift jedoch nicht zwingend (vgl. Ntanda Nsereko, Genocide, in: MacDonald [ed.], Substantive and Procedural Aspects of International Criminal Law, Vol. I Commentary, 2000, S. 117, 124). Auch der englische Text der Völkermordkonvention wählt mit „destroy” im Hinblick auf die überschießende Innentendenz („intent”) einen anderen, potentiell weiteren Begriff als die einzelnen in Art. II Buchstabe a bis e beschriebenen Tathandlungen. Dementsprechend wird allgemein nur angenommen, dass die Wortlautgrenze überschritten wäre, wenn die Zerstörungsabsicht allein auf kulturelle Eigenschaften einer Gruppe bezogen würde. Dieses Wortlautverständnis lässt sich auch mit der Entstehungsgeschichte der Konvention begründen (vgl. International Law Commission, a.a.O., Art. 17 Commentary, para. 12).
Die für die Auslegung von Art. II Völkermordkonvention gemäß Art. 31 Abs. 3 Buchstabe b Wiener Vertragsrechts Konvention (WVRK) heranzuziehende spätere Praxis der Vertragsstaaten kommt in dem Römischen Statut eines Internationalen Strafgerichtshofs zum Ausdruck. Das von 97 Staaten unterzeichnete Römische Statut eines Internationalen Strafgerichtshofs enthält auch einen Tatbestand des Völkermordes (Art. 6), der Art. II Völkermordkonvention entspricht. Soweit Staaten – wie etwa die Vereinigten Staaten von Amerika – das Statut nicht gezeichnet haben, ist dies durch den Dissens über die Zuständigkeiten des Internationalen Strafgerichtshofs, nicht über die hier maßgeblichen materiell-rechtlichen Fragen bedingt. Die Staatenkonferenz hat eine Vorbereitungskommission, in der die Unterzeichner der Schlussakte sowie bestimmte weitere Staaten wie etwa die Vereinigten Staaten vertreten sind, mit der Ausarbeitung sog. Verbrechenselemente („elements of crimes”) beauftragt. Dabei handelt es sich gemäß Art. 9, 21 des Statuts um den Strafgerichtshof bei der Auslegung und Anwendung unterstützende Konkretisierungen der in Art. 6 bis 8 geregelten Straftatbestände nach objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen. Die Vorbereitungskommission hat auf ihrer Sitzung im Juni 2000 eine vorläufige Fassung der Elemente des Verbrechens des Völkermordes im Konsens angenommen (Doc. PCNICC/2000/INF/3/Add. 2), die der von den Gerichten vorgenommenen Auslegung des § 220a StGB zumindest nicht entgegensteht.
Die systematische Vertreibung aus den angestammten Siedlungsgebieten einer Gruppe ist danach eine tatbestandsmäßige Völkermordhandlung i.S. Art. 6 Buchstabe c (Doc. PCNICC/2000/INF/3/Add. 2, Fn. 2). Die einzelnen Tathandlungen müssen im Rahmen eines erkennbaren Musters ähnlicher Handlungen, das gegen die Gruppe gerichtet ist, begangen werden oder selbst die Gruppe zu zerstören geeignet sein („the conduct took place in the context of a manifest pattern of similar conduct directed against that group or was conduct that could itself effect such destruction”). Der Vorsatz muss sich gemäß Art. 30 des Statuts auf dieses Merkmal beziehen, mit Ausnahme der Offensichtlichkeit, die als eine objektive Bedingung der Strafbarkeit verstanden wird. Die Vorbereitungskommission stellt hinsichtlich Vorsatz und Absicht fest, dass das auf das Angriffsmuster bezogene kognitive Element als Teil des voluntativen festgestellt werden müsse, wobei es auf die Umstände des Einzelfalles ankomme. Die Vorbereitungskommission geht also offensichtlich davon aus, dass der systematisch-organisierte Angriff auf die Gruppe einen wesentlichen Bestandteil der Zerstörungsabsicht ausmacht. Darüber hinausgehende Konkretisierungen des Absichtsbegriffs leistet die Vorbereitungskommission nicht. Daraus ist zu schließen, dass sie hierin eine Aufgabe der Rechtsprechung erblickt.
bb) Aus der internationalen Rechtsprechung ergibt sich ebenfalls nicht, dass die Auslegung der Gerichte die mögliche Interpretation des Völkermordtatbestandes überschreitet.
Die Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda haben übereinstimmend festgestellt, dass die Absicht, eine geschützte Gruppe zu zerstören, aus bestimmten Tatsachen abgeleitet werden kann (Prosecutor v. Radovan Karad[zcaron]i[cacute] und Ratko Mladi[cacute] – Case Nos IT-95–5-R61/IT-95–18-R61, abgedruckt in: Substantive and Procedural Aspects of International Criminal Law, Vol. 2 Part 2 – Documents and Cases, 2000, S. 1329, 1355; vgl. Ruanda-Strafgerichtshof, Prosecutor versus Jean-Paul Akayesu, Case No. ICTR-96–4-T, para. 523 f.). Dazu gehörten die politische Doktrin, die den tatbestandlichen Handlungen zu Grunde liegt. Die Absicht könne sich auch aus solchen Handlungen ergeben, die nicht Tathandlungen des Völkermordes seien, aber als Teil des Angriffsmusters begangen würden. Daher könne sich die Absicht auch aus politischen Reden und Plänen, der massiven Wirkung und ihrer spezifisch auf die Lebensgrundlagen der Gruppe gerichteten Zielrichtung ergeben. Der Jugoslawien-Strafgerichtshof (Trial Chamber I) hat in seiner Entscheidung gemäß Regel 61 seiner Verfahrensordnung im Falle Karad[zcaron]i[cacute]/Mladi[cacute] festgestellt, dass die Pläne der Führung der SDS zu einer Zerstörung der Gruppe der bosnischen Muslime führen sollten. Die massive Deportation ohne Zuweisung eines neuen Siedlungsgebiets könne dabei zur Vernichtung der Gruppe (elimination) führen. Ferner zeigten die Methoden der Politik der ethnischen Säuberung die Zerstörungsabsicht an.
Der Jugoslawien-Strafgerichtshof (Trial Chamber I) hat sich ferner mit der Völkermordabsicht in seinem Urteil in Prosecutor v. Goran Jelisic (Case No. IT-95–10) auseinander gesetzt. Übereinstimmend mit den angegriffenen Urteilen wird dort angenommen, dass Völkermord auch an einer in einem geographisch begrenzten Gebiet lebenden geschützten Gruppe begangen werden kann. Ebenfalls übereinstimmend wird die Völkermordabsicht als eine spezifisch gegen ein überindividuelles Rechtsgut gerichtetes Delikt gesehen, bei dem der Täter das einzelne Opfer nicht als Individuum, sondern als Mitglied der Gruppe angreife. Die Zerstörungsabsicht wird ebenfalls weiter verstanden als physisch-biologische Vernichtung. Denn die Zerstörung der Gruppe kann nach Ansicht der Kammer auch durch die Kombination der Vernichtung eines substantiellen Teils mit gegen die anderen Gruppenmitglieder gerichteten pönalisierten Maßnahmen bewirkt werden. Substantiell will die Kammer im Sinne von quantitativ oder alternativ qualitativ verstehen. Die Zerstörungsabsicht kann danach auch auf das Verschwinden einer begrenzten Zahl von Personen gerichtet sein, wenn diese wegen des Eindrucks ihres Verschwindens auf die Gruppe ausgewählt werden. Die Rechtsauffassung der Kammer ist allerdings insofern enger, als sie den Nachweis des organisierten Vorgehens auf die angegriffene, geographisch bestimmte Gruppe bezieht. Insoweit besteht zwischen der Rechtsauffassung der Kammer und der der angegriffenen Urteile zwar möglicherweise eine Differenz, die jedoch kein im Hinblick auf den nullum crimen Grundsatz erhebliches Gewicht erreicht. Die Anklagebehörde bei dem Jugoslawien-Strafgerichtshof hat ferner im Rahmen ihrer zugelassenen Anklageschrift gegen Momcilo Krajisnik den Völkermordvorwurf auf tatsächliche Umstände gestützt, die denen der angegriffenen Urteile im Wesentlichen entsprechen (Case No. IT-00–39-I). Der Ruanda-Strafgerichtshof (Trial Chamber I) hat im Falle Akayesu, dem Bürgermeister der ruandischen Kommune Taba, grundlegend zum Völkermordtatbestand Stellung genommen. Zu der erforderlichen Absicht im Sinne eines direkten Vorsatzes, eine Gruppe ganz oder zum Teil zu zerstören, stellte die Kammer fest, dass sich diese aus den objektiven Umständen, hinsichtlich derer der Täter Kenntnis hatte oder die er doch hätte kennen müssen, erschließen lasse. Insoweit sei das systematische Vorgehen maßgeblich, das gegen die angegriffene Gruppe gerichtet sei. Zu einer vollständigen physisch-biologischen Vernichtung müsse es nicht kommen. Ein quantitatives oder qualitatives Kriterium tatsächlicher Vernichtung stellt die Kammer nicht auf. Im konkreten Fall war es allerdings nach den Feststellungen der Kammer zu Massentötungen von Mitgliedern der angegriffenen Gruppe der Tutsis gekommen. Die Kammer betont, dass sich der Angriff von den zugleich bestehenden Spannungen zwischen den politischen Gruppierungen der Regierung und Opposition durch die Zerstörungsabsicht abgrenze. Die Tathandlungen der vorsätzlichen Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen, umfasse auch die systematische Vertreibung.
cc) Die Bewertung der Ereignisse in Bosnien-Herzegowina durch Sicherheitsrat und Generalversammlung der Vereinten Nationen lässt erkennen, dass nach diesen Organen ein Verständnis des Völkermordbegriffs, das über die physisch-biologische Vernichtung der geschützten Gruppe hinausgeht, zumindest nicht ausgeschlossen ist. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat den Jugoslawien-Strafgerichtshof mit der Zuständigkeit u.a. für Völkermord eingerichtet, nachdem er auf Grund der ausführlichen Berichte des Sonderberichterstatters Mazowiecki der Menschenrechtskommission und der vom Generalsekretär der Vereinten Nationen eingesetzten Expertenkommission für das ehemalige Jugoslawien über die sog. ethnische Säuberung diese als klare Verletzungen des humanitären Völkerrechts verurteilt hatte (S/Res/941). Der Bericht der Expertenkommission stellt ausdrücklich eine Verbindung zwischen dem Begriff der ethnischen Säuberung, zu dem das Oberlandesgericht Feststellungen getroffen hat, und dem Völkermord her. Zum humanitären Völkerrecht wird heute allgemein neben dem Genfer Recht auf die ohne einen solchen Nexus mit einem (internationalen) bewaffneten Konflikt zum Schutze der Zivilbevölkerung eingreifenden Regelungen über Menschlichkeitsverbrechen und Völkermordverbot gerechnet. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat ebenfalls zum Problemkreis der sog. ethnischen Säuberung Stellung genommen. In der Resolution 47/121 vom 18. Dezember 1992 subsumiert sie die sog. ethnische Säuberung dem Völkermord.
5. Ist eine Verfassungsbeschwerde in zulässiger Weise erhoben worden, so ist das Bundesverfassungsgericht nicht darauf beschränkt zu prüfen, ob der gerügte Grundrechtseingriff vorliegt. Vielmehr kann es den angegriffenen Hoheitsakt unter jedem in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt prüfen (BVerfGE 42, 312 ≪325 f.≫; 53, 366 ≪390≫; 54, 53 ≪67≫; 76, 1 ≪74≫). Die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts und des Völkervertragsrechts bleibt grundsätzlich Aufgabe der Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruht, oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist (vgl. BVerfGE 32, 311 ≪316≫).
Hieran gemessen sind die angegriffenen Urteile im Hinblick auf die Geltung deutschen Strafrechts, die Zuständigkeit des Jugoslawien-Strafgerichtshofs und ein faires Verfahren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
6. Die angegriffenen Urteile verletzen nicht die Verfassung, wenn sie die Geltung deutschen Strafrechts für die angeklagten Taten des Beschwerdeführers gemäß § 6 Nr. 1 StGB i.V.m. Art. VI Völkermordkonvention annehmen.
a) Im Hinblick auf das gewohnheitsrechtlich und vertragsrechtlich (Art. 2 Ziff. 1 UN Charta) verankerte völkerrechtliche Einmischungsverbot hat das Bundesverfassungsgericht für die Normierung von Sachverhalten, die sich auf fremdem Staatsgebiet und somit außerhalb der deutschen Gebietshoheit vollziehen, einen sinnvollen Anknüpfungspunkt gefordert (vgl. BVerfGE 63, 343 ≪369≫; 77, 137 ≪153≫; 92, 277 ≪320 f.≫). Worin eine sinnvolle Anknüpfung zu sehen ist, hängt von der Eigenart des Regelungsgegenstandes ab (vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, 2. Aufl., Bd. I/1, 1989, S. 321; Restatement (Third) of Foreign Relations Law of the United States, 1987, § 402 (1)(a) und comment c). Für das Strafrecht bildet neben Territorialitäts-, Schutz-, aktivem und passivem Personalitäts- sowie dem Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege das Universalitäts- oder Weltrechtsprinzip einen solchen sinnvollen Anknüpfungspunkt (vgl. BVerfGE 92, 277 ≪320 f.≫; allgemein vgl. Dahm/Delbrück/Wolfrum a.a.O., S. 321 f.; Oehler, Internationales Strafrecht, 2. Aufl., 1983, S. 123 ff.; Werle, Menschenrechtsschutz durch Völkerstrafrecht, ZStW Bd. 109 (1997), S. 808, 813 ff.). Dem Universalitätsprinzip unterliegen bestimmte Taten, die als Bedrohung von Rechtsgütern der internationalen Staatengemeinschaft gewertet werden. Es ist vom Prinzip der stellvertretenden Strafrechtspflege, das in § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB kodifiziert ist, dadurch unterschieden, dass es weder Strafbarkeit am Tatort noch fehlende Auslieferung voraussetzt (vgl. Wolfrum, a.a.O., S. 185 f.).
b) Ob die Völkermordkonvention eine solche Regelung des Weltrechtspflegeprinzips enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Völkerrechtliche Verträge sind ausgehend von ihrem Wortlaut nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung des allgemeinen Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerfGE 40, 141 ≪167≫; 46, 342 ≪361≫; 96, 68 ≪87≫; Art. 31 f. WVRK). Die von den Gerichten vorgenommene Auslegung und Anwendung der § 6 Nr. 1 StGB i.V.m. Art. VI Völkermordkonvention zum räumlichen Anwendungsbereich der deutschen Vorschriften über den Völkermord sind jedenfalls weder offensichtlich unhaltbar (vgl. BVerfGE 6, 45 ≪53≫) noch unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar und daher willkürlich (vgl. BVerfGE 3, 359 ≪364 f.≫).
aa) Im Rahmen der Wortlautinterpretation haben Gerichte verfassungsrechtlich bedenkenfrei festgestellt, dass Art. VI Völkermordkonvention jedenfalls kein Verbot der Erstreckung deutscher Strafrechtsetzungsgewalt enthält. Er regelt andererseits aber offensichtlich auch die Jurisdiktionstitel nicht abschließend, da etwa das aktive oder das passive Personalitätsprinzip nicht genannt werden (vgl. Robinson, a.a.O., S. 83). Sie haben sodann Art. I Völkermordkonvention nach Sinn und Zweck dahin ausgelegt, dass die Konvention wirksame Strafverfolgung anstrebe, also die fehlende Regelung des Universalitätsprinzips nur bedeute, dass die Vertragsstaaten keiner Verfolgungspflicht unterlägen, wohl aber die Befugnis zur Strafverfolgung auf dieser Grundlage hätten. Es begegnet keinen Bedenken, der systematisch-teleologischen Interpretation völkerrechtlicher Verträge in begründeten Fällen Vorrang vor der Wortlautauslegung zu gewähren (vgl. IGH, South West Africa Cases, ICJ Reports 1962, S. 319 ≪336≫). Das gilt insbesondere in dem Bereich der Verfolgung von Auslandsstraftaten auf der Grundlage völkerrechtlicher Verträge, da diese häufig nicht klar erkennen lassen, welche Zuständigkeitsanknüpfung geregelt wird. Völkermord ist als schwerwiegendste Verletzung der Menschenrechte (vgl. Whitaker, a.a.O., para. 14) der klassische Anwendungsfall für das Weltrechtsprinzip, dessen Funktion darin besteht, eine möglichst lückenlose Verfolgung von Straftaten gegen besonders wichtige Rechtsgüter der Staatengemeinschaft zu ermöglichen.
bb) Ferner zieht der Bundesgerichtshof das noch nicht in Kraft getretene und von der Bundesrepublik noch nicht ratifizierte Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs gemäß Art. 31 Abs. 3 Buchstabe b WVRK heran. Allerdings verhält sich das Statut nur zur Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs. Die nationalen Gerichte werden nur insoweit in den Blick genommen, als es um das Verhältnis eines als zuständig gedachten nationalen Gerichts zu dem jeweiligen Internationalen Strafgerichtshof geht. Dennoch wirft das Römische Statut auch im Hinblick auf die Zuständigkeit der nationalen Gerichte deswegen Fragen auf, weil es für die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs die Ratifikation des Tatort- oder des Täterstaates voraussetzt. Dies widerspricht dem Gedanken des Universalitätsprinzips, das eine solche Anknüpfung gerade nicht kennt. Insoweit hat sich während der Verhandlungen der Vorstoß der Bundesrepublik, die automatische Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs auf der Grundlage der Zuständigkeit der nationalen Gerichte nach dem Weltrechtsprinzip abzuleiten, nicht durchgesetzt. Dieser Vorstoß war auf die Kompetenz aller Staaten gestützt, die ihnen kraft des Universalitätsprinzips zustehende Verfolgungskompetenz auf das internationale Gericht übertragen zu können. Der deutsche Vorschlag wurde jedoch mit dem Argument pacta tertiis (vgl. Art. 34 WVRK) abgelehnt und nicht deshalb, weil die Geltung des Universalitätsprinzips für die Tatbestände der Art. 6 ff. in Frage gestellt werden sollte (vgl. Williams, in: Triffterer [ed.], Commentary on the Rome Statute of the International Criminal Tribunal, 1999, Art. 12, Rn. 6 ff.).
cc) Allerdings deutet die Verhandlungsgeschichte der Völkermordkonvention eher in die Richtung, dass das Universalitätsprinzip nicht vorgesehen sein sollte (vgl. Jescheck, Genocidium, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 1, 1960, S. 658; Robinson, a.a.O.). Art. VII der sog. Dreier-Kommission sah hierfür noch das Universalitätsprinzip vor. Der Konventionsentwurf des Ad Hoc Kommitees enthält diese Vorschrift jedoch nicht mehr, sondern stellt auf das Territorialitätsprinzip ab (vgl. UN Doc. E/794, S. 32 f., abgedruckt bei Robinson, a.a.O., S. 131 ff.). Souveränitäts- wie auch Akzeptanzüberlegungen spielten insoweit eine Rolle (vgl. Graven, Les Crimes contre l'humanité, 1950). Es begegnet jedoch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Fachgerichte der Entstehungsgeschichte keine durchgreifende Wirkung beigemessen haben. Gemäß Art. 32 WVRK sind die vorbereitenden Arbeiten nur „ergänzende Auslegungsmittel”, die nur dann zur Bestimmung der Auslegung herangezogen werden können, wenn die Auslegung nach Art. 31 entweder mehrdeutige oder unklare Ergebnisse ergibt oder zu einem offensichtlich sinnwidrigen oder unvernünftigen Ergebnis führt. Keine dieser Alternativen war vorliegend gegeben. Die Auslegung nach Art. 31 ergab vielmehr für die Gerichte eindeutig, dass die Konvention die Geltungserstreckung nach dem Universalitätsprinzip zulässt. Dieses Ergebnis ist nicht offensichtlich sinnwidrig oder unvernünftig.
dd) Das Bundesverfassungsgericht überprüft die Auslegung und Anwendung von die Bundesrepublik bindendem Völkerrecht nach den für die Überprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen allgemein geltenden Maßstäben (vgl. BVerfGE 99, 145 ≪160≫). Eine intensivierte Überprüfung der fachgerichtlichen Entscheidungen, wie sie der Senat vornimmt, um eine völkerrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesrepublik abzuwenden (vgl. BVerfGE 58, 1 ≪34 f.≫; 59, 63 ≪89≫; vgl. auch BVerfGE 99, 145 ≪160≫), kommt vorliegend nicht in Betracht. Es ist nicht ersichtlich, dass die strafrechtliche Verfolgung des Beschwerdeführers gemäß §§ 6 Nr. 1, 220a StGB, Art. VI Völkermordkonvention in der von den Fachgerichten zu Grunde gelegten Auslegung in die Territorial- oder Personalhoheit des Heimatstaates des Beschwerdeführers eingreifen könnte. Nach Art. VII Völkermordkonvention wäre die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, einem Auslieferungsersuchen Bosnien-Herzegowinas in Bezug auf den Beschwerdeführer nachzukommen. Bosnien-Herzegowina hat nach den Feststellungen der Fachgerichte auf eine Auslieferung des Beschwerdeführers verzichtet.
c) Die Frage, ob, wie es die angegriffenen Urteile annehmen, ein weiterer Anknüpfungspunkt im Hinblick auf das Interventionsverbot zu verlangen ist, bedarf keiner Entscheidung (vgl. krit. Ambos, Anmerkung zu BGH – 3 StR 215/98 –, NStZ 1999, S. 404, 406). Da eine Überdehnung der völkerrechtlichen Kompetenzschranken durch den Bundesgerichtshof jedenfalls keine Beschwer des Beschwerdeführers begründen kann, ist die Frage hier offen zu lassen.
d) Die Verurteilung wegen der tateinheitlich mit dem Völkermord begangenen Straftaten ist nicht Gegenstand verfassungsgerichtlicher Prüfung. Denn der Beschwerdeführer greift nur die Verurteilung wegen Völkermordes an. Die Beschränkung der Verfassungsbeschwerde auf ein in Tateinheit begangenes Delikt ist möglich (BVerfGE 25, 79 ≪85≫).
7. Die angegriffenen Urteile sind auch insoweit von verfassungsrechtlichen Fehlern frei, als sie eine konkurrierende Zuständigkeit deutscher Gerichte und des Jugoslawien-Strafgerichtshofs für Völkermordtaten in Bosnien-Herzegowina annehmen. Der Jugoslawien-Strafgerichtshof ist kein internationales Gericht i.S. Art. VI Völkermordkonvention, sondern ein Unterorgan des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, der ihn auf der Grundlage von Kapitel VII UN Charta errichtet hat (vgl. Partsch, Der Sicherheitsrat als Gerichtsgründer, Vereinte Nationen 1994, S. 11). Sicherheitsratsbeschlüsse auf dieser Grundlage sind für die Mitgliedstaaten bindend, Art. 25 UN Charta. Der Sicherheitsrat übt folglich durch den Strafgerichtshof als gerichtliches Unterorgan seine besonderen Befugnisse nach der UN Charta aus. Da die UN Charta gemäß ihres Art. 103 den sonstigen vertraglichen Pflichten der Mitgliedstaaten vorgeht, könnte dann, wenn dem Statut eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs zu entnehmen wäre, Art. VI Völkermordkonvention keine Grundlage für die deutschen Strafgerichte mehr bieten. Wortlaut des Art. 9 Statut des Jugoslawien-Gerichtshofs sowie der in der Resolution des Sicherheitsrates zum Ausdruck kommende Zweck effektiver Strafverfolgung weisen jedoch auf das auch von den Fachgerichten gefundene Ergebnis, dass die nationalen Gerichte konkurrierend zuständig bleiben, wenn auch die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs Priorität genießt. Das Ergebnis wird auch dadurch gestützt, dass für Aburteilungen durch nationale Gerichte und durch den Jugoslawien-Strafgerichtshof jeweils grundsätzlich die Garantie des Ne bis in idem gilt (Art. 10 Statut).
8. Auch das zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens in Verbindung mit dem allgemeinen Freiheitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) zählende Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren ist vorliegend nicht verletzt. Die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in §§ 244 Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 StPO, die auch der Durchführung von Verfahren mit Auslandsbezug dienen, ist nicht zweifelhaft (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 21. August 1996 – 2 BvR 1304/96 –, NJW 1997, S. 999). Der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen gehalten, ein besonderes Verfahrensrecht für bestimmte Straftaten bereit zu stellen. Ein Recht auf ein bestimmtes Beweismittel – wie hier die vom Beschwerdeführer benannten Auslandszeugen – folgt aus dem Recht auf ein faires Verfahren oder aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfGE 57, 250 ≪274≫).
Im Übrigen wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Limbach, Jentsch, Di Fabio
Fundstellen
Haufe-Index 565402 |
NJW 2001, 1848 |
EuGRZ 2001, 76 |
NStZ 2001, 240 |
JZ 2001, 975 |
NPA 2001 |