Verfahrensgang
OLG Naumburg (Urteil vom 15.11.2011; Aktenzeichen 3 UF 235/09) |
OLG Naumburg (Urteil vom 05.07.2011; Aktenzeichen 3 UF 235/09) |
Tenor
1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 5. Juli 2011 – 3 UF 235/09 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen.
Das Ergänzungsurteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 15. November 2011 – 3 UF 235/09 – einschließlich der darin beschlossenen Zurückweisung der Anhörungsrüge vom 21. Juli 2011 wird damit gegenstandslos.
2. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
3. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 25.000 EUR (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine Verurteilung zur Zahlung von Zugewinnausgleich.
1. Der Beschwerdeführer war mit der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Ehefrau) seit 1982 verheiratet. Sein Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 29. Juli 2004 zugestellt. Mit Blick auf die von der Ehefrau beabsichtigte Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs vereinbarten die Eheleute mit über ihre Bevollmächtigten in der Zeit von Mai bis Dezember 2004 außergerichtlich gewechselten Schreiben, das Betriebsvermögen des Beschwerdeführers nach dem Verkehrswert durch einen gemeinsam auszuwählenden Sachverständigen bewerten zu lassen, wobei das eingeholte Gutachten für beide Seiten bindend sein sollte. Die daraufhin durch die Parteien beauftragte Sachverständige ermittelte in ihrem Gutachten vom Juli 2006 Verkehrswerte in Höhe von insgesamt 645.000 EUR für ein Einzelunternehmen des Beschwerdeführers sowie für seinen Anteil an einer Gesellschaft. Auf dieser Grundlage machte die Ehefrau im Oktober 2006 einen Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 322.500 EUR anhängig. Nachdem das Amtsgericht die Ehe mit rechtskräftigem Urteil vom 11. Mai 2009 geschieden hatte, war nach Abtrennung vom Scheidungsverbund noch über den Zugewinnausgleichsantrag zu entscheiden. Unstreitig gestellt hatten die Parteien hierfür, dass sie jeweils über kein Anfangsvermögen verfügten und dass nur der Beschwerdeführer einen Zugewinn erwirtschaftet habe und dies allein in seinem Betriebsvermögen.
2. a) Mit Urteil vom 11. Dezember 2009 verurteilte das Amtsgericht den Beschwerdeführer zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 213.000 EUR. Dies entspreche der Hälfte des durch die Sachverständige ermittelten Werts des Betriebsvermögens abzüglich eines Betrags, der gemäß einem gerichtlichen Vergleich der Parteien vom Mai 2005 als bereits geleistete Zahlung angerechnet werden sollte. Hinsichtlich der Bewertung des Betriebsvermögens hätten die Parteien eine Schiedsgutachtenabrede im Sinne des § 1029 ZPO getroffen. Das Gericht könne damit analog §§ 317, 319 Abs. 1 BGB das erstellte Gutachten lediglich auf offenbare Unrichtigkeiten hin prüfen, welche nicht festzustellen seien.
b) Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Im Anschluss an einen Termin zur mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2010 machte er mit Schriftsatz vom 31. Januar 2011 unter anderem geltend, der Schiedsgutachtenabrede fehle die durch § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB vorgeschriebene Form. Nach dieser Vorschrift bedarf eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines auf Auflösung (Scheidung oder Aufhebung) der Ehe gerichteten Verfahrens für den Fall der Auflösung der Ehe über den Zugewinnausgleich treffen, der notariellen Beurkundung. Damit sei die Schiedsgutachtenabrede nichtig und das Gutachten nicht nur auf eklatante Fehler zu prüfen. Am 1. März 2011 verkündete das Oberlandesgericht einen Beschluss, dass Beweis zu erheben sei über die Behauptung des Beschwerdeführers, das Gutachten sei unrichtig. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer, hierfür auch einen Steuerberater, der in einer im Jahr 2009 verfassten Stellungnahme für das Betriebsvermögen einen wesentlich niedrigeren Wert ermittelt hatte, als sachverständigen Zeugen zu vernehmen. Ferner wies er auf eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Ansatz eines Unternehmerlohns und zur Behandlung latenter Ertragsteuern bei der Unternehmensbewertung hin. In dem anschließenden Verhandlungstermin wurde die Sachverständige gehört, nicht jedoch der vom Beschwerdeführer benannte und zur Verhandlung erschienene Steuerberater.
c) Mit Urteil vom 5. Juli 2011 wies das Oberlandesgericht die Berufung zurück. Da sich die Gesellschaft, an der der Beschwerdeführer beteiligt gewesen sei, zum Stichtag noch nicht in Liquidation befunden habe, sei ihr Wert nach der Parteivereinbarung in den Zugewinnausgleich einzubeziehen. Das auf der Grundlage der zwischen den Parteien für die Bewertung des Betriebsvermögens getroffenen Schiedsgutachtenabrede erstellte Gutachten hätten sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zur Grenze der offenbaren Unrichtigkeit hinzunehmen. Eine solche sei nur anzunehmen, wenn sich die Unrichtigkeit einem sachkundigen Betrachter sofort aufdränge. Dies sei hier nicht der Fall. Insbesondere habe die Sachverständige die durch sie im Gutachten vorgenommene Behandlung der Ansparabschreibungen nachvollziehbar erläutert. Der im Gutachten angesetzte kalkulatorische Unternehmerlohn sei ebenfalls nicht offensichtlich unrichtig. Auch die weiteren Behauptungen des Beschwerdeführers gäben nicht ansatzweise Hinweise darauf, dass dem Gutachten für den Fachmann ins Auge springende offenbare Unrichtigkeiten innewohnten.
d) Mit einer hiergegen gerichteten Gehörsrüge beanstandete der Beschwerdeführer, das Oberlandesgericht habe einen Hilfsantrag auf Stundung beziehungsweise Ratenzahlung nicht beschieden. Ferner habe es sich mit dem Einwand hinsichtlich der Formbedürftigkeit der Schiedsgutachtenabrede gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB und mit den Folgen einer Formnichtigkeit nicht auseinandergesetzt, den auf Vernehmung des sachverständigen Zeugen gerichteten Beweisantrag nicht berücksichtigt und das Vorbringen des Beschwerdeführers zu Ansparabschreibungen und latenten Ertragsteuern übergangen.
e) Nach Durchführung eines weiteren Verhandlungstermins wies das Oberlandesgericht mit Ergänzungsurteil vom 15. November 2011 die Hilfsanträge auf Stundung oder Ratierung der Ausgleichsforderung, hinsichtlich derer die bislang unterbliebene Entscheidung nachzuholen sei, sowie die Anhörungsrüge zurück und begründete Letzteres wie folgt: „Die übrigen Anträge hat der Senat zurückgewiesen, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt worden ist; dass und warum der Senat die Sache anders sieht als der Antragsteller, hat er ausreichend im Urteil ausgeführt.”
Entscheidungsgründe
II.
Der Beschwerdeführer rügt mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und von Art. 103 Abs. 1 GG.
1. Zur Begründung führt er aus, das Oberlandesgericht habe Argumente und Beweisanträge nicht zur Kenntnis genommen und damit gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. So habe es, ohne auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu der Formvorschrift des § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB einzugehen, die Schiedsgutachtenabrede als wirksam zugrunde gelegt und demzufolge das Gutachten nur auf offenbare Unrichtigkeiten überprüft. Auch das Unterlassen der Vernehmung des benannten sachverständigen Zeugen verletze den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör. Ferner habe das Oberlandesgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Geltung des Stichtagsprinzips für Ansparabschreibungen sowie bezüglich latenter Ertragsteuern übergangen. Sollte das Oberlandesgericht hingegen entgegen allem Anschein den Vortrag doch umfassend zur Kenntnis genommen haben, stellte sich die Rechtsanwendung als willkürlich dar, da dann insbesondere unter keinem sachlichen Gesichtspunkt zu rechtfertigen wäre, dass das Oberlandesgericht das Gutachten nur auf offenbare Unrichtigkeiten geprüft habe.
2. Die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens und die Landesregierung Sachsen-Anhalt haben von der ihnen gegebenen Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.
3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben der Kammer bei ihrer Entscheidung vorgelegen.
III.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist mit Blick auf die für den vorliegenden Fall maßgeblichen und durch das Bundesverfassungsgericht bereits hinreichend geklärten Fragen jedenfalls hinsichtlich der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör offensichtlich begründet im Sinne von § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.
1. Das Urteil des Oberlandesgericht vom 5. Juli 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG.
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. nur BVerfGE 64, 1 ≪12≫; 87, 1 ≪33≫). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt für die Gerichte auch keine Pflicht, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen, für die es keine aus der Verfassung herzuleitende Begründungspflicht gibt (vgl. BVerfGE 50, 287 ≪289 f.≫). Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Art. 103 Abs. 1 GG ist daher erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen klar ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 ≪295≫; 70, 288 ≪293≫; 86, 133 ≪145 f.≫; stRspr). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies grundsätzlich auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen (vgl. BVerfGE 47, 182 ≪189≫; 86, 133 ≪146≫). Da Art. 103 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf gewährt, sich vor einer gerichtlichen Entscheidung sowohl zum Sachverhalt wie auch zur Rechtslage zu äußern (vgl. BVerfGE 60, 175 ≪210≫; 64, 135 ≪143≫), gelten die vorstehenden Maßstäbe für beide Aspekte.
b) Diesen Anforderungen wird das Urteil vom 5. Juli 2011 nicht gerecht.
aa) Dass das Oberlandesgericht den Vortrag des Beschwerdeführers zur Frage der Formbedürftigkeit der Vereinbarung über die Bewertung des Betriebsvermögens zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte, ist weder dem Urteil vom 5. Juli 2011 noch der Entscheidung über die Anhörungsrüge zu entnehmen. Im Urteilstatbestand findet sich das diesbezügliche Vorbringen nicht; dort wird lediglich wiedergegeben, dass der Beschwerdeführer das Gutachten wegen „grober Unrichtigkeit” beziehungsweise „eklatanter Fehler” als nicht bindend ansehe. Nicht erwähnt wird hingegen, dass der Beschwerdeführer die Schiedsgutachtenabrede zuletzt als formnichtig und daher eine Beschränkung der Überprüfung des Gutachtens auf offenbare Unrichtigkeiten als fehlerhaft erachtet hat, womit frühere Ausführungen zu diesen offenbaren Unrichtigkeiten letztlich zu bloßen Hilfserwägungen geworden waren. In den Entscheidungsgründen wird die Vereinbarung ohne Erörterung einer etwaigen Formbedürftigkeit als wirksam behandelt und das Sachverständigengutachten gerade wegen des Vorliegens einer Schiedsgutachtenabrede allein auf offenbare Unrichtigkeiten hin überprüft. Die die Anhörungsrüge zurückweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts verhält sich zur Frage der Formbedürftigkeit ebenfalls nicht.
Zwar begründet nach den oben (a) dargestellten Maßstäben das bloße Schweigen des Urteils zu bestimmtem Parteivorbringen für sich betrachtet noch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht sämtlichen Vortrag berücksichtigt und erwogen hat, auch ohne dass sich dies im Einzelnen ausdrücklich in den Entscheidungsgründen wiederfinden müsste. Jedoch lassen vorliegend besondere Umstände den Schluss zu, dass das Oberlandesgericht die Ausführungen zur Formbedürftigkeit der Schiedsgutachtenabrede nicht zur Kenntnis genommen jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat: So handelte es sich hierbei um einen zentralen Gesichtspunkt des Verteidigungsvorbringens des Beschwerdeführers. Von der Wirksamkeit der Vereinbarung hing der Maßstab für die gerichtliche Überprüfung des Wertgutachtens ab, denn das Oberlandesgericht hätte sich ausweislich der Entscheidungsgründe ohne das Vorliegen einer Schiedsgutachtenabrede zu einer eingehenderen, nicht auf eklatante Fehler beschränkten Prüfung des Gutachtens veranlasst gesehen. Dass der Beschwerdeführer den betreffenden Gesichtspunkt erst verhältnismäßig spät vorgebracht hat, ändert nichts daran, dass das Oberlandesgericht ihn hätte berücksichtigen müssen, schon weil Vorbringen zu Rechtsansichten nicht dem Gebot der Rechtzeitigkeit und der Zurückweisung als verspätet unterliegt (vgl. Greger in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 282 Rn. 2b). Dies in Zusammenschau mit dem Umstand, dass das Oberlandesgericht die Anhörungsrüge mit der Begründung zurückgewiesen hat, es habe „im Urteil” ausreichend erläutert, weshalb es die Sache anders sehe als der Beschwerdeführer, spricht dafür, dass das Oberlandesgericht – zumindest von den in der Anhörungsrüge ausdrücklich aufgeführten Gesichtspunkten – nur diejenigen zur Kenntnis genommen und erwogen habe, auf die es im Urteil auch wenigstens andeutungsweise eingegangen war, zumal sich auch nur insoweit eine Klarstellung erübrigt hätte, inwiefern das Oberlandesgericht bestimmtes Vorbringen trotz fehlender Erwähnung im Urteil zur Kenntnis genommen und erwogen, aber als nicht durchgreifend erachtet habe. Zur Frage der Formbedürftigkeit der Schiedsgutachtenabrede hat es indessen im Urteil gerade nichts ausgeführt.
Soweit das Gericht den Schriftsatz vom 31. Januar 2011 schlichtweg übersehen haben sollte, hätte dies – ohne dass es auf ein Verschulden ankäme – ebenfalls eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG zur Folge (vgl. BVerfGE 11, 218 ≪220≫; 46, 185 ≪187 f.≫; 46, 315 ≪319≫; 53, 219 ≪222≫).
bb) Auf der Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör beruht das angegriffene Urteil auch, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Oberlandesgericht der Sichtweise des Beschwerdeführers, hätte es sie zur Kenntnis genommen und erwogen, gefolgt wäre. Dem Bundesverfassungsgericht obliegt es nicht zu entscheiden, was unter den Begriff der formbedürftigen „Vereinbarung über den Zugewinnausgleich” im Sinne von § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB fällt (vgl. hierzu etwa BGHZ 86, 143; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1982 – IX ZR 52/81, FamRZ 1983, S. 160 f.; OLG Köln, Beschluss vom 29. Januar 2004 – 14 W 1/04 –, FamRZ 2004, S. 1584 f.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Januar 2009 – 1 U 175/08 –, NJW 2009, S. 2750 ff.; Koch, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1378 Rn. 22; Brudermüller, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl. 2013, § 1378 Rn. 14; Mayer, in: Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1. Mai 2013, § 1378 Rn. 14). Die Formvorschrift in Bezug auf die vorliegend in Rede stehende Vereinbarung für anwendbar zu halten, liegt jedenfalls nicht derart fern, dass der Beschwerdeführer auf seinen dahingehenden ausdrücklichen Einwand nicht ernsthaft eine Antwort des Oberlandesgerichts hätte erwarten dürfen. Immerhin wurde die Vereinbarung vor Beendigung des Güterstands geschlossen und regelte sie die Vorgehensweise bei der Bewertung der für den Zugewinnausgleich maßgeblichen Vermögensgegenstände. Hätte das Oberlandesgericht die Schiedsgutachtenabrede hiernach für nichtig gehalten und damit das Wertgutachten auf weitere (nicht nur eklatante) Unrichtigkeiten, zu denen der Beschwerdeführer auch vorgetragen hatte, überprüft, hätte es im Ergebnis möglicherweise einen erheblich geringeren Zugewinnausgleichsanspruch der Antragsgegnerin ermittelt.
2. Ob auch das Unterlassen der beantragten Zeugenvernehmung und die Behandlung weiteren Vortrags des Beschwerdeführers eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG begründete und ob bezüglich der übrigen vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen die Annahmevoraussetzungen vorliegen, bedarf damit keiner Entscheidung mehr.
IV.
1. Das Urteil des Oberlandesgerichts vom 5. Juli 2011 ist gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Das Ergänzungsurteil vom 15. November 2011, mit dem über die Hilfsanträge entschieden und in dem zugleich die Anhörungsrüge zurückgewiesen worden ist, wird damit gegenstandslos. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
2. Die Anordnung der Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG.
3. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪366 ff.≫). Er beträgt, weil der Verfassungsbeschwerde durch die Kammer stattgegeben wird, 25.000 EUR.
Unterschriften
Kirchhof, Eichberger, Britz
Fundstellen
Haufe-Index 5382450 |
FamRZ 2013, 1953 |