Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Der Beschwerdeführer, seit 1996 Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dresden, wendet sich gegen eine dienstliche Beurteilung aus dem Jahr 1998. Der Präsident des Verwaltungsgerichts hatte ihn zunächst mit “übertrifft die Anforderungen” beurteilt, was dann aber vom Präsidenten des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in “entspricht voll den Anforderungen” abgeändert wurde. Nachdem der Beschwerdeführer vergeblich die Rückgängigmachung der Änderung beantragt hatte, erhob er Klage zum Landgericht Leipzig – Dienstgericht für Richter –. Er machte geltend, dass die “Durchgriffsänderung” seiner dienstlichen Beurteilung ihn in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletze. Das Landgericht Leipzig wies die Klage ab. Die zugelassene Revision beim Bundesgerichtshof – Dienstgericht des Bundes – hatte keinen Erfolg (ZBR 2002, S. 215).
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, 101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 1 GG. § 16 Abs. 1 Nr. 2 SächsJustAG sei keine wirksame Rechtsgrundlage für die Änderung seiner dienstlichen Beurteilung, da die Vorschrift zu § 38 VwGO in Widerspruch stehe. Nach § 38 Abs. 2 VwGO sei der Präsident des Oberverwaltungsgerichts lediglich übergeordnete Dienstaufsichtsbehörde, während § 16 Abs. 1 SächsJustAG eine solche gestufte Dienstaufsicht gerade nicht vorsehe. Daher wäre eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG notwendig gewesen. Auch habe sich der Bundesgerichtshof nicht mit den Argumenten des Beschwerdeführers auseinander gesetzt.
Neben dem Verfahren vor den Richterdienstgerichten hatte der Beschwerdeführer die streitgegenständliche dienstliche Beurteilung auch im Verwaltungsrechtsweg angegriffen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Dresden am 20. November 2001 verpflichtete sich der Freistaat Sachsen zur Aufhebung der angegriffenen Beurteilung. Nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers wurde diese zwischenzeitlich durch eine “korrekte” Beurteilung ersetzt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Mangels Beschwer fehlt dem Beschwerdeführer das Rechtsschutzinteresse, so dass die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist.
Durch die Aufhebung der dienstlichen Beurteilung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und die Erstellung einer – nach Auffassung des Beschwerdeführers – korrekten Beurteilung ist der auch im dienstgerichtlichen Verfahren allein angegriffene Beschwerdegegenstand entfallen. Damit fehlt es an einer Beschwer und dem Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers. Ein solches muss im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch gegeben sein (vgl. BVerfGE 50, 244 ≪247≫ m.w.N.; 56, 99 ≪106≫; 72, 1 ≪5≫).
Dass dem Beschwerdeführer durch die sein Begehren zurückweisenden dienstgerichtlichen Entscheidungen die Kostenlast der jeweiligen Verfahren auferlegt wurde, reicht nicht aus, um von einer Beschwer und einem weiterhin existierenden Rechtsschutzinteresse auszugehen (vgl. BVerfGE 33, 247 ≪256 ff.≫; 39, 276 ≪292≫; 50, 244 ≪248≫).
Auch eine Wiederholungsgefahr, die geeignet wäre, ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse anzunehmen (vgl. hierzu BVerfGE 33, 247 ≪257 f.≫; 75, 318 ≪325 f.≫; 76, 1 ≪38≫), ist weder dargetan noch erkennbar, zumal der Beschwerdeführer selbst geltend macht, er dürfe überhaupt nicht mehr beurteilt werden.
Das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Interesse an der Prüfung, “ob durch die beanstandeten (und weiterhin praktizierten) Verfahrensweisen der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit verletzt worden ist”, rechtfertigt es nicht, die Verfassungsbeschwerde als Rechtsbehelf zum Schutz individueller Grundrechte nach Wegfall der subjektiven Beschwer zur Klärung verfassungsrechtlicher Fragen fortzuführen. Im Übrigen wurde die vom Beschwerdeführer für grundgesetzwidrig gehaltene Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 2 SächsJustAG zwischenzeitlich durch § 23 SächsJG vom 24. November 2000 (GVBl S. 482) ersetzt. Für nicht mehr anzuwendendes Recht besteht in der Regel kein über den Einzelfall hinausgreifendes Interesse an der Klärung der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 91, 186 ≪200≫).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Sommer, Di Fabio, Lübbe-Wolff
Fundstellen
Haufe-Index 920325 |
NVwZ-RR 2003, 465 |