Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschluss- und Benutzungszwang. Fernwärme. Ermächtigungsgrundlage. Klimaschutz. Bestimmtheit. Verhältnismäßigkeit. Staatsziel Umweltschutz. Umweltschutz. Staatsziel. Kraft-Wärme-Kopplung. Geeignetheit. Erforderlichkeit. Angemessenheit. Zumutbarkeit. Befreiungstatbestände. Europarecht. Dienstleistungsfreiheit. Warenverkehrsfreiheit. Wettbewerbsregeln
Leitsatz (amtlich)
Landesrecht, das es dem Satzungsgeber gestattet, einen Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Fernwärmeversorgung aus Gründen des Klimaschutzes anzuordnen, verstößt nicht gegen Bundesverfassungsrecht oder Europarecht.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 20a, 28 Abs. 2; GO Schleswig-Holstein § 17; EGV Art. 28, 49, 82, 86
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 05.01.2005; Aktenzeichen 2 LB 62/04) |
VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 27.09.1999; Aktenzeichen 4 A 674/97) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Bürogebäude auf ihrem betrieblichen Grundstück in der D…-Straße 22 in W… nicht einem Anschluss- und Benutzungszwang für die Fernwärmeversorgung der Beklagten unterliegt.
In Teilen des Stadtgebiets der Beklagten besteht seit Jahrzehnten eine Fernwärmeversorgung durch ein Blockheizkraftwerk. Im Oktober 1977 ordnete die Beklagte durch Satzung einen Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Fernwärmeversorgung an und sah Befreiungsmöglichkeiten hiervon vor. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der Satzung und ist an die Fernwärmeversorgung der Beklagten angeschlossen.
1997 beantragte die Klägerin für das Bürogebäude erfolglos die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang. Sie möchte eine betriebseigene moderne Erdgasheizanlage betreiben, die im Vergleich zur Versorgung mit Fernwärme erheblich zur Reduzierung von Energieverlusten beitragen soll.
Die Klage vor dem Verwaltungsgericht mit dem Begehren, den Bescheid und den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufzuheben und festzustellen, dass das auf dem Grundstück befindliche Bürogebäude keinem Anschluss- und Benutzungszwang unterliege, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide zu verpflichten, die beantragte Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang zu erteilen, wurde mit Urteil vom 27. September 1999 abgewiesen.
Mit Urteil vom 21. August 2002 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Die Satzung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Durch die Erweiterung des § 17 Abs. 2 GO um den Zweck des Schutzes der natürlichen Grundlagen des Lebens habe der Landesgesetzgeber Gemeinden ermächtigt, bei der Schaffung öffentlicher Einrichtungen auch Ziele des Klimaschutzes zu verfolgen. Dementsprechend könne ein dringendes öffentliches Bedürfnis für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs auch dann angenommen werden, wenn die Fernwärmeversorgung nur bei globaler Betrachtung unter Einbeziehung ersparter Kraftwerksleistungen an anderer Stelle zu einer beachtlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes führe. Es komme nicht darauf an, ob die Fernwärmeversorgung örtlich in nennenswertem Umfang zur Luftreinhaltung beitrage.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. April 2004 das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 21. August 2002 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Landesrechts verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil nicht der Klimaschutz Zweck der Satzung und damit des Anschluss- und Benutzungszwangs sei. In Freiheitsrechte der Bürger eingreifende Maßnahmen seien nur dann verhältnismäßig, wenn sie geeignet seien, den angestrebten Zweck zu fördern. Zweck der Satzung sei nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nicht der Klimaschutz, sondern die Einschränkung von Immissionen auf Grundstücken im Stadtgebiet. Da im Berufungsurteil offen gelassen worden sei, ob die Fernwärmeversorgung zu einer Verringerung der Immissionen im Stadtgebiet führe, müsse die Sache zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen werden.
Mit Änderungssatzung vom 8. November 2004 – in Kraft seit 15. November 2004 – wurde u.a. in § 1 Abs. 1 als Zweck der Satzung “der Schutz der Luft und des Klimas als natürlicher Grundlagen des Lebens” aufgenommen. Am 27. Dezember 2004 hat die Beklagte eine neue Fernwärmesatzung erlassen. Inhaltlich entspricht die Satzung der vom 8. November 2004. Die neue Satzung ist am 4. Januar 2005 in Kraft getreten.
Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 5. Januar 2005 die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen. Das Grundstück der Klägerin sei vom Anschluss- und Benutzungszwang mit umfasst. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Der Anschluss- und Benutzungszwang könne nach § 17 Abs. 2 GO vorgeschrieben werden für öffentliche Einrichtungen, die der Gesundheit und dem Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens dienten. Die Einrichtung fördere den angestrebten Zweck. Zweck der Fernwärmesatzung sei der Klimaschutz. Es sei ausreichend, dass der angeordnete Anschluss- und Benutzungszwang geeignet sei, dem überörtlich gefassten Zweck des globalen Klimaschutzes zu dienen. Es sei der Beklagten gestattet, den Schutz der Luft und des Klimas als natürliche Grundlagen des Lebens nicht allein auf den örtlichen Geltungsbereich der Satzung und damit auf ihr Gemeindegebiet in den Blick zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Motive für die Gesetzesänderung ergäbe eine am Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung, dass die Verfolgung eines der in § 17 Abs. 2 GO genannten Ziele genüge. Die Gemeinden hätten das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner zu fördern. Daneben sei die in Art. 20a GG enthaltene Staatszielbestimmung zu berücksichtigen. Die Umweltschutzverpflichtung binde nicht nur den Bund und die Länder, sondern auch die Gemeinden. Die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs verstoße nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die generelle Eignung einer zentralen Wärmeversorgung, zur globalen Minderung des Schadstoffausstoßes beizutragen, sei durch viele Studien belegt. Dies gelte vor allem hinsichtlich der mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Heizöl und Heizgas verbundenen Freisetzung klimaschädlicher CO(2)-Emissionen. Für eine Reduzierung des CO(2)-Ausstoßes komme dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung eine wichtige Rolle zu, weil hier der Brennstoff sehr effizient verwertet werde. Die im Brennstoff enthaltene Energie werde sowohl in Strom als auch in Wärme umgewandelt. Die Belastungen für die Klägerin, die mit der Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs verbunden seien, stünden zum angestrebten Zweck nicht außer Verhältnis. Nach Maßgabe der neuen Satzung komme eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang nicht in Betracht. Besondere Gründe im Sinne einer Ausnahmeentscheidung lägen nicht vor. Im Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. Mai 2002 werde richtig darauf verwiesen, dass es hier schon an einer Atypik, die im Hinblick auf das Erfordernis der besonderen Gründe tatbestandliche Voraussetzung für eine Befreiung sei, fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, die die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2005 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 27. September 1999 abzuändern und festzustellen, dass das auf dem Grundstück D…-Straße 22 in W… befindliche Bürogebäude einem Anschluss- und Benutzungszwang für die Fernwärmeversorgung nicht unterliegt,
hilfsweise,
die Beklagte unter Abänderung der Urteile und Aufhebung des Bescheides vom 28. Mai 2002 sowie des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2002 zu verpflichten, der Klägerin für das Gebäude eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang zu erteilen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht. Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Landesrechts, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 137 Abs. 1 VwGO), verstößt weder gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze des Art. 20 Abs. 3 GG noch gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1, Art. 20a oder Art. 14 Abs. 1 GG (1). Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Der in diesem Zusammenhang gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor (2). Das Urteil beruht auch nicht auf der Verletzung europarechtlicher Vorschriften zum Wettbewerbsrecht und den Vorschriften zum Waren- und Dienstleistungsverkehr (3). Ebenso wenig verstößt die Abweisung des hilfsweise gestellten Antrags auf Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang gegen Bundesrecht (4). Die Revision war daher zurückzuweisen, § 144 Abs. 2 VwGO.
1. Nach § 17 Abs. 2 der Schleswig-Holsteinischen Gemeindeordnung (GO) kann die Gemeinde bei dringendem öffentlichen Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebiets den Anschluss an die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, die Abfallentsorgung, die Versorgung mit Fernwärme, die Straßenreinigung und ähnliche der Gesundheit und dem Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens dienende öffentliche Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben. Im Lichte des Art. 20 Abs. 3 GG ist die Norm als Ermächtigung hinreichend bestimmt genug, um auf dieser Grundlage eine Satzung mit dem Zweck “Klimaschutz” zu erlassen. Die weitergehenden Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG beziehen sich nur auf bundesrechtliche Vorordnungen und sind daher kein Prüfungsmaßstab für die Ermächtigungsnorm des § 17 Abs. 2 GO (vgl. Urteil vom 22. Februar 1980 – BVerwG 4 C 44.76 – Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 12 S. 23 ≪24≫; BVerfGE 12, 319 ≪325≫).
a) Die Ermächtigung zum Erlass (bestimmter) gemeindlicher Satzungen bedarf bundesverfassungsrechtlich einer Bestimmtheit grundsätzlich nur insoweit, als sich ihr zweifelsfrei entnehmen lassen muss, welchen Gegenstand die autonome Satzung betreffen darf (Urteil vom 9. März 1990 – BVerwG 8 C 20.88 – Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 117 S. 13). Soweit aber – wie hier – Grundrechte (Art. 14 GG, jedenfalls Art. 2 Abs. 1 GG) betroffen sind, muss der Gesetzgeber darüber hinaus festlegen, in welchem Rahmen und zu welchem Zweck dem Satzungsgeber die Befugnis eröffnet ist, Grundrechte der Gemeindeeinwohner einzuschränken. Denn die grundlegende Entscheidung, ob und welche Gemeinschaftsinteressen so gewichtig sind, dass sie eine Einschränkung der Freiheitsrechte des Einzelnen rechtfertigen, fällt in den Verantwortungsbereich des staatlichen Gesetzgebers (vgl. Beschluss vom 7. September 1992 – BVerwG 7 NB 2.92 – BVerwGE 90, 359 ≪363≫ m.w.N.).
Diesen Anforderungen trägt § 17 Abs. 2 GO Rechnung. Die Vorschrift nennt im Einzelnen die Bereiche der öffentlichen Einrichtungen, für die ein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet werden darf. Die Versorgung mit Fernwärme ist ausdrücklich erwähnt. Ebenso hat der Gesetzgeber festgelegt, dass eine entsprechende Anordnung nur zum Zweck des Gesundheitsschutzes und zum Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens erfolgen darf, und damit die Auslegung des Begriffs des “öffentlichen Bedürfnisses” eingegrenzt. Mit dem Begriff “natürliche Grundlagen des Lebens” hat der Gesetzgeber einen Begriff des Art. 20a GG aufgenommen. Er wird bundesrechtlich so verstanden, dass er den Klimaschutz umfasst; das Oberverwaltungsgericht hat dementsprechend § 17 Abs. 2 GO dahin ausgelegt, dass er die Gemeinden ermächtigt, Ziele des Klimaschutzes mitzuverfolgen. Hinzu kommt, dass der Anschluss- und Benutzungszwang ein im Kommunalrecht seit langem eingeführtes Rechtsinstitut ist, dessen Konturen von der Rechtsprechung herausgearbeitet sind; hieran knüpft der Landesgesetzgeber ersichtlich an. Damit ist auch der Rahmen für die Einschränkung von Freiheitsrechten vorgegeben.
b) Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit seiner Auslegung des Landesrechts an die durch Art. 20 Abs. 3 GG festgelegte Bindung des Gerichts an Recht und Gesetz gehalten; insbesondere ist seine Auslegung, dass ein dringendes öffentliches Bedürfnis für den Anschluss- und Benutzungszwang auch dann angenommen werden kann, wenn die Fernwärmeversorgung nur bei globaler Betrachtung unter Einbeziehung ersparter Kraftwerksleistungen an anderer Stelle zu einer beachtlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes führt, nicht als willkürlich einzustufen (zur Verletzung des Rechtsstaatsprinzips bei der Auslegung im Landesrecht vgl. Urteil vom 1. Dezember 1978 – BVerwG 7 C 54.77 – BVerwGE 57, 112 ≪119≫). Ebenso verhält es sich mit der Einschätzung, dass die Verfolgung eines der in § 17 Abs. 2 GO genannten Ziele – hier Gründe des Klimaschutzes – für die Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwanges genügt und nicht kumulativ der Schutz der Gesundheit mit der Maßnahme bezweckt werden muss. Von einer willkürlichen Missdeutung bei der Auslegung des Gesetzes kann nicht gesprochen werden, wenn sich das Gericht – wie hier – eingehend mit der Rechtslage auseinander gesetzt hat und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt. Das Oberverwaltungsgericht hat sachliche Anhaltspunkte für seine Auslegung durch einen Vergleich der ursprünglichen Gesetzesfassung mit den Motiven des Gesetzgebers zur Änderung unter Berücksichtigung einer einschlägigen Stellungnahme in der Literatur herausgearbeitet. Willkür liegt erst dann vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird (BVerfGE 87, 273 ≪278≫; 89, 1 ≪13≫). Das ist nicht der Fall.
Die Revision sieht eine willkürliche Auslegung von § 17 Abs. 2 GO durch das Berufungsgericht weiter darin, dass es der Beklagten gestattet sei, den Schutz der Luft und des Klimas “als natürlicher Grundlagen des Lebens” über den räumlichen Geltungsbereich der Satzung hinaus zu verfolgen. Damit ergebe sich ein Widerspruch zu den durch die Gemeindeordnung gezogenen kompetenziellen Grenzen.
Der Einwand der Revision überzeugt nicht. Die Auffassung des Oberverwaltungsgericht steht vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur bundesverfassungsrechtlichen Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Danach sichert die Gewährleistung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden zwar einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich zu (BVerfGE 26, 228 ≪237 f.≫; 56, 298 ≪312≫; 59, 216 ≪226≫; 79, 127 ≪143≫; 91, 228 ≪236≫; 110, 370 ≪400≫). Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaften sind dabei diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben (BVerfGE 8, 122 ≪134≫; 50, 195 ≪201≫; 52, 95 ≪120≫), die also den Gemeindeeinwohnern gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und das Zusammenwohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen (vgl. BVerwGE 79, 127 ≪152≫). Die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG schließt es aber nicht aus, dass der Gesetzgeber den Gemeinden darüber hinausgehende Aufgaben zuweist. Eine mit Art. 28 Abs. 2 GG nicht mehr zu vereinbarende Ausdehnung des kommunalen Kompetenzbereichs wäre allenfalls anzunehmen, wenn dies die Erfüllung der Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde in erheblichem Maß beeinträchtigen würde (vgl. auch Beschluss vom 11. März 1998 – BVerwG 8 BN 6.97 – Buchholz 415.1 Allg. KommR Nr. 144 S. 29 zur Verletzung des Selbstverwaltungsrechts einer anderen Gemeinde). Dies scheidet hier von vornherein aus. Abgesehen davon, dass der Landesgesetzgeber die Gemeinde lediglich zu einer Regelung ermächtigt hat, kann nicht zweifelhaft sein, dass die Versorgung der Gemeindeeinwohner mit Fernwärme einen deutlichen örtlichen Bezug aufweist, auch wenn das Ziel der – globale – Klimaschutz ist.
c) Das angefochtene Urteil ist auch im Hinblick auf Art. 20a GG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Landesgesetzgeber seinem aus Art. 20a GG folgenden Auftrag mit der Erweiterung des Tatbestands von § 17 Abs. 2 GO um den Zweck des Schutzes der natürlichen Grundlagen des Lebens nachgekommen ist und die Gemeinden ermächtigt hat, im Bereich der Versorgung der Gemeindeeinwohner durch öffentliche Einrichtungen partiell auch das Ziel des Klimaschutzes mit zu verfolgen. Art. 20a GG steht einer solchen Auslegung und Anwendung des Landesrechts nicht entgegen.
Gemäß Art. 20a GG schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Die Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Grundlagen ist als Staatsziel ausgestaltet, das heißt die staatliche Gewalt ist verfassungsrechtlich verpflichtet, das Gemeinschaftsgut “natürliche Lebensgrundlagen” im Sinne eines Optimierungsgebots zu schützen. Der Umweltschutz wird damit zu einer fundamentalen Staatsaufgabe. Art. 20a GG wendet sich in erster Linie an den Gesetzgeber, den die Verpflichtung trifft, den in dieser Norm enthaltenen Gestaltungsauftrag umzusetzen. Art. 20a GG bezieht auch die Exekutive und die Rechtsprechung in den Schutzauftrag mit ein. Bei der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Betätigung von Ermessen ist das Schutzgebot des Art. 20a GG Auslegungs- und Abwägungshilfe (vgl. Urteil vom 6. November 1997 – BVerwG 4 A 16.97 – Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 250 S. 36 ≪40≫; Beschluss vom 13. April 1995 – BVerwG 4 B 70.95 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 309 S. 47 ≪50≫).
d) Eine Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG scheidet von vornherein aus, weil die Beklagte mit dem Erlass der derzeit gültigen Satzung nicht in eine bestehende geschützte Nutzungsmöglichkeit der Klägerin eingegriffen hat (Beschluss vom 12. Juli 1991 – BVerwG 7 B 17.91 und 7 B 18.91 – juris Rn. 2, insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 415.1 Allg. KommR Nr. 113). Das Grundstück, auf dem sich das Bürogebäude befindet, unterlag bereits vor dem Erwerb durch die Klägerin dem Anschluss- und Benutzungszwang.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Oberverwaltungsgericht habe mit seiner Auslegung und Anwendung des Landesrechts gegen den bundesrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Der in diesem Zusammenhang gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Die Auffassung, der Zweck der Satzung – die Verfolgung globaler Klimaschutzziele – sei nicht statthaft, bezieht sich darauf, ob § 17 Abs. 2 GO einen Anschluss- und Benutzungszwang aus Gründen des überörtlichen Klimaschutzes als Ermächtigungsgrundlage trägt, und damit auf die Auslegung irrevisiblen Landesrechts.
Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den Anschluss- und Benutzungszwang tragen den Grundrechtspositionen der Klägerin Rechnung und wahren den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Art. 2 Abs. 1 GG schützt jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (BVerfGE 80, 137 ≪152≫). Die allgemeine Handlungsfreiheit der Klägerin ist hier dadurch berührt, dass ihr von der Gemeinde verwehrt wurde, das Bürogebäude mit einer Einzelbefeuerungsanlage mit Brennwerttechnik zu beheizen. Die allgemeine Handlungsfreiheit steht unter dem Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung (BVerfGE 80, 137 ≪153≫). Darunter sind alle Rechtsnormen zu verstehen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen (BVerfGE 6, 32 f.; stRspr); hierzu gehören auch auf entsprechender gesetzgeberischer Ermächtigung erlassene Satzungen.
Jede Einschränkung des Grundrechts muss in materieller Hinsicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (BVerfGE 75, 108 ≪154 f.≫; 80, 137 ≪153≫; 90, 145 ≪172≫). Voraussetzung hierfür ist, dass sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (BVerfGE 68, 155 ≪171≫; 71, 183 ≪196 f.≫; 72, 26 ≪31≫; 77, 308 ≪332≫; 81, 156 ≪189≫). Diese Anforderungen sind erfüllt.
a) Die generelle Eignung einer zentralen Wärmeversorgung, zur globalen Verminderung des Schadstoffausstoßes, insbesondere klimaschädlicher CO(2)-Emissionen, beizutragen, wird von der Revision nicht angezweifelt. In Zweifel gezogen werden die anthropogenen Anteile am Gesamt-Treibhauseffekt der Erde und deren Ursächlichkeit sowie die Geeignetheit des Anschluss- und Benutzungszwangs, zum globalen Klimaschutz einen positiven Beitrag zu leisten, weil das Oberverwaltungsgericht nur aufgrund so genannter CO(2)-Gutschriften, mit denen die gleichzeitige Stromerzeugung honoriert werde, zu den erhofften Auswirkungen komme. Das Oberverwaltungsgericht hätte sich mit den Grundlagen der Stromversorgung auseinander setzen müssen.
Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Geeignetheit des Anschluss- und Benutzungszwangs, das angestrebte Ziel der Klimaverbesserung zu erreichen, darauf hingewiesen, dass angesichts der drohenden Schäden für die soziale und natürliche Umwelt auch die kommunale Umweltpolitik in der Verantwortung steht, eine langfristige Stabilisierung der Treibhausgasproduktion in der Atmosphäre herbeizuführen. Dies geschehe in Übereinstimmung mit dem Klimaschutzprogramm der Bundesregierung, mit nationalen, internationalen und supranationalen Übereinkommen, Richtlinien und Gesetzen (so z.B. Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vom 19. März 2002 ≪BGBl I S. 1092≫ EU-Beschluss zum Burden-Sharing im Rahmen der internationalen Verpflichtung des Protokolls von Kyoto; Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft ≪ABl EG Nr. L 275 S. 32≫; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft vom 8. Juli 2004 ≪BGBl I S. 1578≫). Hinsichtlich der Verbrennung von Erdöl und Erdgas sei belegt, dass klimaschädliche CO(2)-Emissionen freigesetzt würden und sich die Zusammensetzung der Atmosphäre und damit einhergehend das Klima verändere. Langjährige Messungen belegten, dass die CO(2)-Konzentration der Luft und bodennahe Temperaturen jährlich anstiegen und Umweltkatastrophen zunähmen. Für eine Reduzierung des CO(2)-Ausstoßes komme der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung eine wichtige Rolle zu, weil hier der Brennstoff effizient verwertet werde. Die im Brennstoff enthaltene Energie werde in Strom und Wärme umgewandelt. Die Verbrennungstechnik mit Kraft-Wärme-Kopplung werde generell als vorteilhafteste Form bezüglich des Primärenergieeinsatzes zur Verminderung globaler CO(2)-Emissionen angesehen.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei der Beurteilung der Geeignetheit des Anschluss- und Benutzungszwangs zum Klimaschutz erkennbar auf den nationalen und internationalen politischen Entscheidungsstand und die erfolgte Umsetzung dieses Prozesses in der Gesetzgebung, in Richtlinien und in internationalen Abkommen sowie den wissenschaftlichen Erkenntnisstand bezogen und damit eine ausreichende Grundlage für die Geeignetheit der Maßnahme herangezogen. Es hat berücksichtigt, dass ein positiver Effekt zur Erreichung des Ziels “Klimaschutz” vorliegend nur über eine CO(2)-Emissionsgutschrift zu erreichen ist, weil der Strom, der innerhalb des Blockheizkraftwerks gleichzeitig mit Wärme produziert wird, an anderer Stelle eingespart wird. Diese Tatsache führt nicht zwangsläufig zu dem Schluss, die Maßnahme sei ungeeignet. Insbesondere geht der Einwand der Revision fehl, das Oberverwaltungsgericht hätte sich mit den Grundlagen der Stromversorgung auseinander setzen müssen. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die Auswirkungen der lokalen Stromerzeugung in Blockheizkraftwerken keine besonderen Entscheidungen überregionaler Stromerzeuger erforderten, sondern dass sich durch die Einspeisung in die Versorgungsnetze eine Reduzierung der Erzeugung an anderer Stelle ergebe, mithin eine Reaktion erfolge. Der Hinweis der Revision, dass die durch den erhöhten Brennstoffbedarf für die Fernwärmeversorgung verbundenen örtlichen Nachteile nur durch die bessere Verteilung über einen wesentlich höheren Schornstein weitgehend ausgeglichen werden könnten, steht mit der grundsätzlichen Geeignetheit der Maßnahme im Hinblick auf die CO(2)-Emissionen in keinem Zusammenhang.
Der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht musste den gestellten Beweisanträgen nicht nachgehen, weil es allein der politischen Entscheidung des Gesetzgebers obliegt, ob er Vorsorgemaßnahmen ergreifen will. Im Bereich der Umweltvorsorge kommt dem Gesetzgeber, der den kommunalen Satzungsgeber zur Anordnung des Anschluss- und Benutzungszwangs aus Gründen des Klimaschutzes ermächtigt hat, eine Einschätzungsprärogative zu, wie dem Umweltschutz Rechnung zu tragen ist. Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich demgemäß darauf, ob die Schutzvorkehrungen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Ziel zu erreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2002 – 1 BvR 1676/01 – NJW 2002, 1638 f.). Dem Vorsorgecharakter entspricht es, dass der Gesetzgeber nicht erst dann tätig werden darf, wenn sich eine wissenschaftlich völlig unangefochtene, einheitliche Auffassung gebildet hat (Urteil vom 17. Februar 1984 – BVerwG 7 C 8.82 – BVerwGE 69, 37 ≪43≫ = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 10); insofern kann eine abweichende Meinungsrichtung, auf die der Beweisantrag zielt, das Vorgehen des Gesetzgebers nicht in Frage stellen. Ausreichend ist vielmehr, dass hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, CO(2)-Emissionen seien möglicherweise (mit-)ursächlich für den Treibhauseffekt. Angesichts der vom Oberverwaltungsgericht genannten zahlreichen nationalen und internationalen Dokumenten, die eine mögliche Ursächlichkeit nahe legen, bestehen keine Zweifel, dass solche Anhaltspunkte gegeben sind. Ebenso wenig kann mit Blick auf das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz des Bundesgesetzgebers angenommen werden, dass die Kraft-Wärme-Kopplung ein völlig unzulängliches Mittel ist, zur Minderung der Kohlendioxid-Emissionen beizutragen.
b) Die Revision übersieht bei ihrem Einwand, der Anschluss und Benutzungszwang sei nicht erforderlich, weil die Gemeinde ein Verwendungsverbot für bestimmte luftverunreinigende Stoffe auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB hätte verhängen können, dass es sich hierbei nicht um ein gleichwirksames Mittel handelt, das weniger grundrechtsbeeinträchtigend ist. Verwendungsverbote gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 23 BauGB können nur aus städtebaulichen Gründen in einem Bebauungsplan im Hinblick auf begrenzte örtliche Gegebenheiten festgesetzt werden. Der Anschluss- und Benutzungszwang dient dagegen dem vorsorgenden Klimaschutz; ihm kommt eine globale Dimension zu.
c) Aus den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wird nicht ersichtlich, dass die Grenze der Zumutbarkeit für die Klägerin überschritten ist. Die Zumutbarkeit ist nicht mehr gewahrt, wenn der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit übermäßig belastet und in keinem vernünftigen Verhältnis zum gegebenen Anlass und dem mit ihm verfolgten Zweck steht. Die Revision weist in diesem Zusammenhang auf die höheren Kosten hin, die der Klägerin bei der Beibehaltung des Anschluss- und Benutzungszwangs entstünden. Das Oberverwaltungsgericht hat demgegenüber einen möglichst hohen Anschluss- und Versorgungsgrad als Voraussetzung für die effektive Wirkungsweise angesehen. Ferner hat es unwidersprochen festgestellt, dass das Leitungsnetz auf dem Grundstück der Klägerin verändert werden könnte, um Wärmeverlusten entgegen zu wirken und so die derzeit hohen Betriebskosten zu mindern. Dem ist revisionsrechtlich nichts entgegen zu setzen.
3. Das Berufungsgericht hat mit seiner Entscheidung auch nicht gegen europarechtliche Vorschriften zum Waren- und Dienstleistungsverkehr und zum Wettbewerb verstoßen. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gemäß § 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EG – zur Vorabentscheidung ist nicht erforderlich. Die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den angesprochenen Rechtsfragen offenkundig.
a) Eine Beeinträchtigung der Dienstleistungsverkehrsfreiheit (Art. 49 ff. EG) scheidet mangels Auslandsbezugs aus. Die theoretische Möglichkeit einer Verdrängung ausländischer Konkurrenten genügt hierfür nicht; sie muss im konkreten Fall praktisch werden (EuGH, Urteil vom 23. April 1991 – Rs.C-41/90, Höfner und Elser – Slg. 1991, I-2010 ≪2019 f.≫). Alle Beteiligten sind Inländer. Die Klägerin will die Dienstleistung “Wärmeversorgung” auch nicht durch einen Dritten erbringen lassen, sondern selbst übernehmen.
b) Unabhängig davon, ob sich der Anschluss- und Benutzungszwang qualitativ als eine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. EG) darstellt, wäre ein Eingriff der vorliegenden Art mit geringer Wirkung auf das Gemeinschaftsrecht aus den gewichtigen Gründen des Umweltschutzes gerechtfertigt (vgl. EuGH, Urteil vom 13. März 2001 – Rs.C-379/98, PreussenElektra – Slg. 2001, I-02099 DVBl 2001, 633 ≪636≫). Im Übrigen hat die Europäische Kommission einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit durch den gemeindlichen Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Fernwärmeversorgung verneint, weil er nur punktuell und nicht flächendeckend wirke (vgl. v. Borries, Die Auswirkungen der Grundfreiheiten auf den kommunalen Bereich, in: Hennecke ≪Hrsg.≫, Kommunen und Europa – Herausforderungen und Chancen, Schriften zum deutschen und europäischen Kommunalrecht, Band 11, Stuttgart 1999, S. 54).
c) Die Fernwärmeversorgung der Beklagten verstößt auch nicht gegen die Regelungen der Wettbewerbsverfassung (Art. 81 ff. EG).
Das europäische Wettbewerbsrecht erfasst nur solche Verhaltensweisen, die geeignet erscheinen, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, und die der Abschottung nationaler Märkte oder der Beeinträchtigung von Wettbewerbsstrukturen im gemeinsamen Markt dienen und damit gegenüber ausländischen Konkurrenten diskriminierend wirken. Verhaltensweisen mit Auswirkungen allein innerhalb eines Mitgliedstaates fallen nicht in den Geltungsbereich der Normen (EuGH, Urteil vom 31. Mai 1979 – Rs.22/78, Hugin Kassaregister AB – Slg. 1979, I 1869 ≪1899≫ Rn. 17; Schwarze ≪Hrsg.≫ EU-Kommentar, 2000, Art. 82 Rn. 1 f.). Der von der Beklagten angeordnete Anschluss- und Benutzungszwang wirkt sich auf den zwischenstaatlichen Handel mit Fernwärme nicht aus. Fernwärme ist technisch bedingt über weitere Entfernungen nicht handelbar. Aufgrund des nur beschränkt wirkenden räumlichen Einzugsbereichs der Satzung kann der zwischenstaatliche Handel auch im Sinne einer Abschottung nicht beeinträchtigt werden. Was den Einsatz fossiler Brennstoffe anbelangt, wirkt der Zwang zwar als ein regionales Verwendungsverbot für alle im Blockheizkraftwerk nicht verwandten Brennstoffe, er verhindert jedoch nicht jeglichen Absatz an fossilen Energieträgern. Von einer diskriminierende Wirkung gegenüber ausländischen Konkurrenten kann keine Rede sein.
Unabhängig davon ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine Wettbewerbsbeschränkung aufgrund von Art. 86 Abs. 2 EG zulässig, “wenn sie erforderlich ist, um dem Unternehmen die Wahrung seiner im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben zu ermöglichen” (EuGH, Urteil vom 27. April 1994 – Rs.C-393/92, Gemeente Almelo – Slg. 1994, 1477 ≪1522≫ Rn. 51). Im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse im Sinne des EG-Rechts liegt auch die Wärmeversorgung aus Gründen des Umweltschutzes (EuGH, Urteil vom 13. März 2001 – Rs.C-379/98, PreussenElektra – a.a.O. Rn. 72 f.), sodass eine unterstellte Beeinträchtigung der Vorschriften des freien Wettbewerbs gerechtfertigt ist. Gegen die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Anschluss- und Benutzungszwang erforderlich ist, um dem Versorgungsunternehmen die Erfüllung seiner Aufgabe zu ermöglichen, hat die Revision keine Verfahrensrügen erhoben.
4. Schließlich kann der Einwand der Revision, die Ablehnung der hilfsweise begehrten Befreiung sei unverhältnismäßig, ihr nicht zum Erfolg verhelfen.
Das von der Klägerin vorgetragene Argument, als besondere Härte sei zu berücksichtigen, dass sie seit 1996 aufgrund unwirksamer Satzungen gehindert werde, auf eine Einzelbefeuerung umzustellen, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht geeignet, eine Befreiung wegen einer unverhältnismäßigen, weil unzumutbaren, Belastung zu erteilen.
Das Oberverwaltungsgericht hat im Übrigen festgestellt, dass es vorliegend schon an der Atypik fehle, die im Hinblick auf das Erfordernis der “besonderen Gründe” tatbestandliche Voraussetzung für eine Befreiung sei. Die von der Klägerin vorgetragene “Besonderheit” auf dem Grundstück, dass im Sommer ein langes Leitungsnetz unter Wärme gehalten werden müsse, obwohl nur einige Büroräume zu beheizen seien, begründet keinen Befreiungsanspruch. Bei der Frage nach der Zumutbarkeit falle ins Gewicht, dass das Leitungsnetz auf dem Grundstück verändert und eine Trennung der Versorgungseinheiten vorgenommen werden könne. Dem hat die Klägerin nichts entgegengesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Gödel, Golze, Dr. von Heimburg, Postier, Dr. Hauser
Fundstellen
Haufe-Index 1497712 |
BVerwGE 2006, 68 |
BauR 2006, 1027 |
IBR 2006, 471 |
NuR 2006, 703 |
ZUR 2006, 364 |
AbfallR 2006, 146 |
BayVBl. 2006, 472 |
DVBl. 2006, 781 |
GV/RP 2006, 287 |
UPR 2006, 233 |
ZfW 2008, 37 |
CuR 2006, 1 |
CuR 2006, 95 |
IR 2006, 113 |
Immissionsschutz 2006, 82 |