1 Leitsatz
Eine wirksame "Schonfristzahlung" des Mieters liegt nur dann vor, wenn alle offenen Mietforderungen des Vermieters getilgt werden, einschließlich solcher, die schon im Zeitpunkt der Kündigung offen waren, aber im Kündigungsschreiben nicht erwähnt wurden.
2 Normenkette
§ 569 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 BGB
3 Das Problem
Der Mieter von Wohnraum kann eine fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs unwirksam machen, wenn er die rückständigen Mieten spätestens bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Zustellung einer Räumungsklage des Vermieters nachzahlt oder sich eine öffentliche Stelle, z. B. das Sozialamt, zur Nachzahlung verpflichtet. Dies gilt auch für die Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Miete, die nach Zugang der fristlosen Kündigung bis zur Räumung zu zahlen ist.
Allerdings kann der Mieter eine fristlose Kündigung des Vermieters wegen Zahlungsverzugs nicht mehr unwirksam machen, wenn der Kündigung vor nicht länger als 2 Jahren bereits eine Kündigung vorausgegangen war, die der Mieter durch vollständige Nachzahlung der Miete unwirksam gemacht hat (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BGB).
Ferner trägt der Mieter die Kosten des Verfahrens (z. B. Anwalts- und Gerichtskosten), wenn die ursprünglich aufgrund der wirksamen Kündigung begründete Räumungsklage des Vermieters durch nachträgliche Zahlung bzw. Schuldübernahme unbegründet wird und der Vermieter daraufhin die Erledigung des Rechtsstreits erklärt.
4 Die Entscheidung
Eine wirksame Schonfristzahlung liegt nach einem Beschluss des LG Berlin allerdings nur dann vor, wenn alle offenen Mietforderungen des Vermieters getilgt werden, einschließlich solcher, die schon im Zeitpunkt der Kündigung offen waren, aber im Kündigungsschreiben nicht erwähnt wurden. Grundsätzlich ist es nämlich Sache des Mieters, sich nach Zugang einer wirksamen Kündigung wegen Zahlungsverzugs einen Überblick über die eigenen Mietzahlungen zu verschaffen und die Gesamthöhe der Mietschulden zu ermitteln.
Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Mieter nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darauf vertrauen darf, die Mietrückstände seien im Kündigungsschreiben vollständig bezeichnet. Dies kann der Fall sein, wenn die Rechts- oder Tatsachenlage unklar oder verworren ist oder der Mieter aus anderen Gründen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Vermieters im Kündigungsschreiben vertrauen darf.
5 Entscheidung
LG Berlin, Beschluss v. 14.3.2022, 64 S 209/21