1 Leitsatz
Seit dem 1.12.2020 richtet sich der Anspruch des Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
2 Normenkette
§§ 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, 28 Abs. 2 Satz 2 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K verklagt im Jahr 2018 die Verwalterin B1 auf Erstellung und Übergabe der Gesamtjahresabrechnung sowie der Einzeljahresabrechnungen für seine 2 Wohnungseigentumsrechte für das Jahr 2016. Das AG verurteilt B1 im November 2019 unter Klageabweisung im Übrigen, die Heizkostenabrechnungen für die Wohnungen des Klägers für das Jahr 2016 zu erstellen und vorzulegen. Mit seiner Berufung verfolgt K seinen Klageantrag weiter. Nach einem Hinweis, der Verwalter sei für die Leistungsklage nach der WEG-Reform nicht mehr "passivlegitimiert", stellt K seinen Antrag um und erklärt, die Klage richte sich jetzt gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (= B2). Einem Parteiwechsel widersprechen beide Beklagten. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG erklären K und B1 dann aber das Berufungsverfahren hinsichtlich der B1 übereinstimmend für erledigt. Das LG stellt durch Zwischenurteil fest, Beklagte sei jetzt B2. Mit der Revision erstrebt B2 die Zurückweisung der gegen sie gerichteten Berufung.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Habe ein Wohnungseigentümer vor dem 1.12.2020 Klage auf Erstellung der Jahresabrechnung gegen den Verwalter erhoben und erkläre er im Hinblick auf die während des Berufungsverfahrens zum 1.12.2020 eingetretene Rechtsänderung einen Parteiwechsel auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, sei deren Verweigerung der Zustimmung zu dem Parteiwechsel regelmäßig rechtsmissbräuchlich. Nach bisherigem Recht sei der Verwalter verpflichtet gewesen, die Jahresabrechnung zu erstellen. Jetzt richte sich der Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Dies beruhe darauf, dass die Aufstellung der Jahresabrechnung zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehöre, auf die der Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen Anspruch habe. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe wegen der engen Verbindung mit dem Rechtsstreit kein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Klage abgewiesen werde mit der Folge, dass es eines neuen Prozesses bedürfe, in dem dieselben Tat- und Rechtsfragen erneut behandelt werden müssten.
5 Hinweis
Problemüberblick
Neben prozessualen Fragen – der Wechsel des Beklagten in der Berufungsinstanz – geht es vor allem um die Frage, wer seit dem 1.12.2020 die Jahresabrechnung schuldet.
Individualanspruch auf Jahresabrechnung
Der BGH geht davon aus, dass ein Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Individualanspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung hat. Diese Sichtweise entspricht, gibt es einen Verwalter, der herrschenden Meinung. Der Anspruch folgt dann, wie auch der BGH meint, aus § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG.
Fälligkeit des Anspruches aus § 18 Abs. 2 WEG
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss die Jahresabrechnung nach herrschender Meinung entsprechend § 264 Abs. 1 HGB spätestens im 2. Quartal des Folgejahres vorlegen. Eine Minderansicht, die behauptet, es reiche das Ende des 3. Quartals, überzeugt eher nicht. Denn es geht nicht nur um vermietende Wohnungseigentümer, sondern darum, den Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG zu "verstehen".
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Eine Verwaltung muss wissen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – und damit sie selbst – nach herrschender Meinung die Jahresabrechnung am Ende des 2. Quartals des Folgejahres des abzurechnenden Jahres vorlegen sollte. Verpasst die Verwaltung diese Pflicht, schuldet sie der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Schadensersatz, wenn sie die Verspätung zu vertreten hat. Dies ist eine Frage des Einzelfalls. Liefert beispielsweise ein Messdienstleister trotz mehrerer Mahnungen keine Daten, sehe ich selbst kein Verschulden.
6 Entscheidung
BGH, Urteil v. 19.4.2024, V ZR 167/23