Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfahren aus Tankstellenausfahrt rechts neben ausfahrendem Tanklaster

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vorgang des Ausfahrens aus einem Grundstück in eine öffentliche Straße ist erst dann beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat oder verkehrsgerecht am Fahrbahnrand oder an anderer Stelle abgestellt worden ist.

Das Ausfahren wird nicht schon dadurch beendet, dass das ausfahrende Fahrzeug etwa zwei bis drei Minuten in der Position gestanden hat, in der sich die Kollision ereignet hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 655/04)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Kläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.

1. Der Kläger macht mit der Berufung geltend, die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil sei unzutreffend, da das LG den Bekundungen des Zeugen Sch. (Beifahrer im Pkw des Erstbeklagten) keinerlei Glauben hätte schenken dürfen, da sie in sich widersprüchlich seien und auch in Widerspruch zu den Aussagen der Zeugen B. und M. (Mitfahrer im Pkw des Klägers) stünden.

Diese Argumentation verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Beweiswürdigung des LG aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird auch in der Sache vom Senat gebilligt.

a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269; vgl. auch KG [22. ZS], KG v. 3.11.2003 - 22 U 136/03, KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533; KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269).

§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen oder trotz mehrerer bestätigender Zeugenaussagen das Gegenteil einer Beweisbehauptung feststellen (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 286 Rz. 13).

Die leitenden Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte für seine Überzeugungsbildung hat das Gericht nachvollziehbar im Urteil darzulegen. Dabei ist es nicht erforderlich, auf jedes einzelne Parteivorbringen und Beweismittel ausführlich einzugehen; es genügt, dass nach der Gesamtheit der Gründe eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 286 Rz. 3, 5).

b) An diese Regeln der freien Beweiswürdigung hat das LG sich gehalten.

Auf die Erwägungen des LG auf S. 5-6 des abgefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Allein daraus, dass der Kläger selbst das Beweisergebnis anders wertet, folgt kein Rechtsfehler des LG.

Auch der Senat ist hinsichtlich des Beweisergebnisses derselben Auffassung wie das Erstgericht. Zutreffend hat das LG hervorgehoben, dass die Unfallversion des Klägers nicht bewiesen ist.

Es steht auch nicht fest - wie der Kläger auf S. 2 der Berufungsbegründung meint, dass der Erstbeklagte wegen in einer Entfernung von etwa 100 bis 150 m in rechten Fahrstreifen haltenden Fahrzeugen, seine Geschwindigkeit so weit hätte reduzieren müssen, dass er jederzeit sofort hätte anhalten können, also quasi sich ihnen nur in Schrittgeschwindigkeit hätte nähern dürfen, selbst wenn eines der Fahrzeuge ein großer Tanklastzug war; derartiges wird ohne konkreten Anlass nicht einmal gefordert für das Vorbeifahren an Fußgängern auf einer Verkehrsinsel (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 23.4.2002 - VI ZR 180/01, BGH v. 23.4.2002 - VI Zr 180/01, BGHReport 2002, 870 = MDR 2002, 942 = NJW 2002, 2324 = DAR 2002, 348 = NZV 2002, 365 = VersR 2002, 911).

Der Erstbeklagte durfte vielmehr als Bevorrechtigter darauf vertrauen, dass keine wartepflichtigen Fahrzeuge - aus einer Grundstückseinfahrt kommend - g...

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