Leitsatz (amtlich)

1. Die Zugangsbehinderung zu einem Ladenlokal infolge Baumaßnahmen stellt einen Mangel der Mietsache dar, auch wenn sie nicht durch vom Vermieter beeinflussbare Baumaßnahmen hervorgerufen wird (hier: völlige Zugangsversperrung wegen Bau einer U-Bahn-Trasse).

2. Zur Wirksamkeit von Mietvertragsklauseln in einem Geschäftsraummietvertrag

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.10.2006; Aktenzeichen 29 O 652/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.10.2006 verkündete Schlussurteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf weitere Mietzinszahlungen für die Monate August und September 2004.

1. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Mietsache in der Zeit vom 8.8. bis 30.9.2004 mit einem Mietmangel behaftet war und deshalb der Mietzins für diesen Zeitraum auf Null gemindert war.

Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Vertraglich geschuldete "Sollbeschaffenheit" der Mietsache ist danach ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch, wozu insbesondere ihre Eignung zu dem vertraglich vereinbarten Verwendungszweck gehört (BGH NJW 1982, 696; 1981, 2405; Bub/Treier/Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III.B., Rz. 1176; Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 535 BGB, Rz. 34). Ein Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn eine nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich geschuldeten vorliegt (BGH GE 2004, 1586). Es kommt darauf an, ob der nach § 535 BGB geschuldete Mietgebrauch beeinträchtigt wird, so dass der Fehler auch in einem tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnis bestehen kann, das nach der allgemeinen Verkehrsanschauung den Mietgebrauch unmittelbar beeinträchtigt (BGH NJW 1981, 2405; Bay OLG GE 1987, 397).

Die vertragsgemäße Gebrauchstauglichkeit der Mieträume als Ladengeschäft für Architekturfachliteratur, Reiseliteratur, Souvenirs, Film- und Photobedarf und Postkarten (vgl. Regelung im Mietvertrag § 2 Vertragszweck) war in dem angegebenen Zeitraum infolge der unstreitigen Sperrung des Ladenzugangsbereiches durch Baumaßnahmen und Abstellen mehrstöckiger Container aufgehoben.

Ohne Erfolg macht die Klägerin mit der Berufung geltend, dass nur eine mittelbare Beeinträchtigung vorlag und der nur geringere Kundenverkehr im allgemeinen unternehmerischen Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko des Mieters liege. Der ungehinderte Zugang zu den Mieträumen ist Voraussetzung für eine vertragsgemäße Nutzung insbesondere dann, wenn Gewerberäume vermietet wurden und das dort betriebene Gewerbe auf Kundenverkehr angewiesen ist (BGH NJW 1981, 2405 = ZMR 1981, 368 = GE 1982, 137). Die Zugangsbehinderung stellt daher grundsätzlich einen Mangel dar, auch wenn sie durch nicht vom Vermieter beeinflussbare Bauarbeiten hervorgerufen wird. Diese Fallkonstellation liegt insbesondere vor, wenn die öffentliche Hand beispielsweise Straßenbaumaßnahmen durchführt, die den Zugang zu Mietobjekt erheblich beeinträchtigen (Schmidt/Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 9. Aufl., § 536 BGB, Rz. 187; Bub/Treier/Kraemer, a.a.O., III.B., Rz. 1342; OLG Dresden NJW-RR 1999, 448; OLG Köln NJW 1972, 1814; LG Berlin GE 2003, 669; LG Düsseldorf NJW-RR 2003, 1594). § 536 BGB setzt ein Verschulden des Vermieters nicht voraus (Kinne/Schach/Kinne, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., Teil I, § 536 BGB, Rz. 4). Es ist völlig unerheblich, ob der Vermieter den Mangel bzw. die Tauglichkeitsminderung zu vertreten hat, sie beheben kann oder ihr Ursache überhaupt in seinem Einflussbereich liegt (Bub/Treier/Kraemer, a.a.O., III.B., Rz. 1363, 1330). Daher kommt es - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht darauf an, dass die Baumaßnahmen nicht von ihr veranlasst waren und sie ggü. dem Mieter keinen Informationsvorsprung bezüglich der Baumaßnahmen gehabt hat.

Soweit die Klägerin sich auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1998, 1236) beruft, steht diese Entscheidung dem nicht entgegen. Das OLG Düsseldorf hat die Frage, inwieweit eine Zugangsbehinderung durch hoheitliche Straßenbauarbeiten überhaupt einen mietrechtlichen Mangel darstellen nicht abschließend beurteilt. Es hat ausdrücklich offen gelassen, ob ein relevanter Mangel darin liegt, dass der Zugang zum Ladenlokal durch Bauarbeiten erheblich erschwert war; allerdings hat das OLG Düsseldorf dann weiter ausgeführt, dass hiergegen die den Mietvertragsparteien bekannte Tatsache spreche, dass der Vermieter gegen solche Baumaßnahmen nichts unternehmen könne. In dem konkreten Fall hat es aber das Ausmaß der Beeinträchtigung als unerheblich i.S.v. § 542 Abs. 2 BGB a.F. angesehen und daher ein...

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