Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.03.2000; Aktenzeichen 32 O 662/99) |
LG Berlin (Urteil vom 22.12.1999; Aktenzeichen 32 O 208/99) |
Tenor
Die Berufungen des Beklagten gegen die am 22. Dezember 1999 – 32 O 208/99 – und am 7. März 2000 – 32 O 662/99 – verkündeten Urteile der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin werden auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeausspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 160.000 DM und im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.
Der Wert der Beschwer übersteigt 60.000 DM.
Tatbestand
Die Kläger haben zum Geschäftszeichen 32 O 208/99 von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe eines Imbisses (Ladenraum) nebst Toilette mit Vorraum (Mietvertrag vom 3. Juni 1996) sowie eines Kellerraums (Mietvertrag vom 4. Juni 1998) begehrt. Ferner haben sie die Zahlung rückständigen Mietzins für die Monate Januar, Februar und März 1999 (3 * 5.981,56 DM) hinsichtlich des Imbisses sowie für die Monate Juni 1998 bis März 1999 (10 * 81,20 DM) hinsichtlich des Kellerraums, insgesamt 18.756,68 DM, gefordert.
Zum Geschäftszeichen 32 O 662/99 haben die Kläger Zahlung von 32.742,57 DM begehrt, und zwar näher berechnete Rückstände in Höhe von 28.497,28 DM hinsichtlich des Mietzinses für den Imbiss (Oktober 1997 bis Dezember 1998) sowie Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen 1996 und 1997 von 1.018,81 DM bzw. 3.226,48 DM.
Die Parteien streiten darüber, ob der vereinbarte Mietzins sittenwidrig sei, woraus der Beklagte die Verminderung auf den ortsüblichen Mietzins ableitet.
Wegen des Parteivorbringens erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf die Tatbestände der angefochtenen Urteile Bezug genommen.
Das Landgericht hat zum Geschäftszeichen 32 O 208/99 mit am 22. Dezember 1999 verkündeten Urteil dem Herausgabe- und Räumungsantrag sowie dem Zahlungsantrag in Höhe von 17.712,68 DM stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zum Geschäftszeichen 32 O 662/99 hat das Landgericht mit am 7. März 2000 verkündeten Urteil der weiteren Zahlungsklage in Höhe von 31.002,57 DM stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat hinsichtlich der Sittenwidrigkeit jeweils ausgeführt, dass die vereinbarte Miete zwar nach der Behauptung des Beklagten die ortsübliche Miete um 110 % übersteige, sodass der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB erfüllt sein möge. Es fehle aber jegliche Darlegung zur vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Ausnutzung der wirtschaftlich schwächeren Lage des Vertragspartners; eine Vermutung für die verwerfliche Gesinnung bestehe jedoch erst dann, wenn der Wert der Leistung den der Gegenleistung um mehr als 200 % übersteige. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründungen wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Urteile verwiesen.
Mit seinen rechtzeitigen Berufungen macht der Beklagte geltend, er wende sich gegen die Feststellung, der Mietvertrag vom 3. Juni 1996 (32 O 662/99) bzw. 4. Juni 1998 (32 O 208/99) sei nicht wegen Wuchers nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Er meint, aus einer Entscheidung des 22. Zivilsenats ableiten zu können, dass ein Vertragsmietzins den ortsüblichen um 200 % überschreite, wenn er um 100 % über ihm liege.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung der angefochtenen Urteile die Klagen insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufungen zurückzuweisen.
Sie bestreiten, dass der vereinbarte Mietzins überhöht sei, und greifen das von dem Beklagten in erster Instanz eingereichte Gutachten an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen Berufungen sind unbegründet.
I.
Den Klägern steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im EG und Keller belegenen, vermieteten Räume zu, ohne dass es auf die Beurteilung der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB ankommt.
1. Bei Annahme einer nicht sittenwidrig überhöhten Mietzinsvereinbarung folgt dies aus § 556 Abs. 1 BGB a.F. bzw. § 546 Abs. 1 BGB n.F., weil der Mietvertrag aufgrund der dann gemäß §§ 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F. berechtigten fristlosen Kündigung wirksam beendet wurde.
2. Bei Annahme der Sittenwidrigkeit der Mietzinsvereinbarung ergibt sich der Anspruch aus §§ 985 [Herausgabe], 1004 Abs. 1 S. 1 [Räumung] BGB, denn wenn der Mietzins überhöht wäre, dann wäre der Mietvertrag insgesamt nichtig (vgl. Bub in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Kap. II Rn. 721; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., Nach §§ 535, 536 BGB Rn. 108; OLG NJW-RR 1993, 645; KG mit Beschluss vom 21. September 1999 – 22 U 4952/99 –, S. 3 f.; vgl. auch BGH NJW 1999, 3187 ff., der die Entscheidung der Vorinstanz zur angenommenen Gesamtnichtigkeit ebenfalls nicht beanstandet),...