Entscheidungsstichwort (Thema)
Bruchteilsrestitutionsanspruch: Anspruch auf Verzinsung des auszukehrenden Erlöses
Leitsatz (amtlich)
Das treuhandähnliche Verhältnis zwischen dem Restitutionsberechtigten und dem Verfügungsberechtigten mit der Pflicht, den Erlös (§ 3 Abs. 4 Satz 3 VermG) zu separieren und diesen bei Unterlassen oder Aufgabe der Separierung in entsprechender Anwendung der §§ 681 Satz 2, 668 BGB zu verzinsen, beginnt für den Anspruch auf Bruchteilsrestitution im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4, Halbsatz 2 VermG ab Inkrafttreten des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes (WoModSiG) vom 17. Juli 1997 (BGBl. I S. 1823) am 24. Juli 1997. (Rn. 22)
Normenkette
BGB §§ 668, 681 S. 2; VermG § 3 Abs. 1 S. 4 Hs. 2, Abs. 4 S. 3
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. August 2018 - 67 O 5/18 -abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 3.471,87 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2018 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin war durch NS-Unrecht enteignet worden und beantragte die Rückübertragung von Bruchteilseigentum an Grundstücken, die vormals zu enteigneten Unternehmensanteilen gehört hatten. Da diese Grundstücke bereits verkauft worden waren, wurde zugunsten der Klägerin mit Bescheiden des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 19. November 2013 und vom 21. März 2014 ein Anspruch auf anteilige Erlösauskehr festgestellt. Nach Einigung der Parteien über die Höhe eines Abgeltungsbetrages bezüglich des anteiligen Erlöses kehrte die Beklagte diesen Betrag an die Klägerin aus. Nunmehr streiten die Parteien über einen von der Klägerin reklamierten Anspruch auf Leistung von Zinsen auf diesen Erlös.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und Folgendes ergänzt:
Unter dem 23. März 2015 vereinbarten die Parteien die vollständige und endgültige Abgeltung des zuerkannten bzw. künftig noch zuzuerkennenden Anspruchs auf Erlösauskehr. Die Höhe des Abgeltungsbetrages wurde auf der Grundlage des Verhältnisses der Fläche der restitutionsbehafteten Bruchteilsansprüche an den Grundstücken zur Gesamtfläche und zum Gesamtkaufpreis berechnet. Die Flächen der vom anteiligen Restitutionsanspruch der Klägerin umfassten Grundstücke ergeben sich aus den Bescheiden vom 19. November 2013 und vom 21. März 2014, auf die die Vereinbarung vom 23. März 2015 Bezug nimmt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K6 sowie die Anlagen K3 und K4 Bezug genommen.
Die Parteien vereinbarten zu § 3 Nr. 2 des Vertrages vom 23. März 2015:
"Die Antragstellerin fordert unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 26. September 2013 zu dessen Az. V ZR 295/12 darüber hinaus die Verzinsung des in Abs. 1 bezifferten Abgeltungsbetrages. Die ... ist der Auffassung, dass ein solcher Anspruch nicht besteht. Vor diesem Hintergrund behält sich die Antragstellerin vor, derlei Zinsansprüche gerichtlich geltend zu machen."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K6 Bezug genommen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2020 auf die Erklärung der Beklagten, dass es in diesem Fall nie Verhandlungen über den Zinsanspruch gegeben habe, erklärt:
"Ja, das ist grundsätzlich richtig so. Ganz am Anfang gab es Gespräche mit der Beklagten über den gesamten Komplex. Hier hat die Beklagte die Zinsansprüche generell abgelehnt. Daher gab es dann in diesem konkreten Fall keine Gespräche mehr und keine Verhandlungen über den Zinsanspruch, weil die Beklagte dieses grundsätzlich ablehnte."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 2020, Bd. II, Bl. 120 ff. Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch weiter.
Die Klägerin beantragt, nachdem sie im Termin zur mündlichen Verhandlung am 17. Januar 2020 die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Prozesszinsen teilweise zurückgenommen hat,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie EUR 16.613,04 zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
II. Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässig, insbesondere ist sie fris...