Entscheidungsstichwort (Thema)

Unechtes Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren; Schmerzensgeld bei vorsätzlichem Angriff auf Polizeibeamten

 

Normenkette

ZPO §§ 276, 331 Abs. 3; BGB § 847

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 36 O 631/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Berlin vom 27.2.2001 – 36 O 631/00 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000 DM nicht.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, § 543 Abs. 1 ZPO.)

 

Gründe

Die Berufung ist unbegründet. Sie war daher unbeachtet des Umstandes, dass der Beklagte anwaltlich nicht vertreten war, zurückzuweisen, § 542 Abs. 2 ZPO.

1. Soweit das LG nicht nach dem Antrag des Klägers erkannt hat, durfte es die Klage im Wege des so genannten unechten Versäumnisurteiles abweisen.

a) Ein solches Urteil ist auch im Rahmen des schriftlichen Vorverfahrens nach § 276 Abs. 1 ZPO zulässig. § 331 Abs. 3 ZPO gestattet die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Was unter „Entscheidung” zu verstehen ist, ergibt sich aus § 331 Abs. 2 ZPO. Danach hat das Gericht nach dem Antrag des Klägers zu erkennen, soweit das Vorbringen den Klageantrag rechtfertigt. Soweit dies nicht der Fall ist, ist die Klage abzuweisen. Dass dies nur geht, solange der Beklagte seine Verteidigungsabsicht nicht mitgeteilt hat, ändert nichts. In diesem Fall kann der Kläger eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beantragen. Dann muss er nach dem Willen des Gesetzgebers aber mit beiden Möglichkeiten der „Entscheidung” rechnen.

b) An einer derartigen Regelung war der Gesetzgeber nicht durch Verfassungsgrundsätze gehindert (vgl. BayVerfGH v. 7.12.1990 – Vf. 32 – VI/90, NJW 1990, 2078 zu Art. 91 Abs. 1 der Bayerischen Landesverfassung, der Art. 103 Abs. 1 GG entspricht; vgl. auch OLG Brandenburg v. 4.7.1997 – 4 U 264/96, MDR 1997, 1158 = OLGR Brandenburg 1997, 302).

c) Dem Kläger ist auch vorab rechtliches Gehör gewährt worden. Das LG hat ihm mit Verfügung vom 7.2.2001 darauf hingewiesen, dass sein Vortrag nach Auffassung der Kammer nur ein Schmerzensgeld von 2.500 DM rechtfertigt. Mit Schriftsatz vom 15.2.2001 hat der Kläger dennoch ausdrücklich um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.

2. Der vom LG zuerkannte Schmerzensgeldbetrag ist nicht zu niedrig. Dem Kläger wurde bei der Attacke des Beklagten der rechte Ringfinger gebrochen. Der Kläger war mehrere Wochen dienstunfähig und danach nur eingeschränkt für den polizeilichen Außendienst diensttauglich. Auch sechs Monate später konnte er den Ehering noch nicht wieder aufsetzen. Etwaige Komplikationen, Schmerzen oder sonstige Unannehmlichkeiten ergeben sich aus seinem Vorbringen nicht. Dauerschäden werden nicht geltend gemacht. Die erlittenen Beeinträchtigungen sind mit dem zugesprochenen Betrag angemessen abgegolten.

Ob die von deutschen Gerichten zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge bei schwersten Verletzungen, bleibenden Schäden oder Entstellungen, die durch Geld im Grunde gar nicht aufzuwiegen sind, in der Vergangenheit möglicherweise zu niedrig ausfielen, kann offen bleiben. Die Beeinträchtigungen, die der Kläger erlitten hat, fallen nicht in diese Kategorie.

3. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BGH oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab, § 546 Abs. 1 ZPO.

SchlengerWeyrichWagner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1111190

KG-Report 2002, 22

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