Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 64 VI 553/89)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg – Rechtspflegerin – vom 12. Januar 2004 – 64 VI 553/89 – wird bei einem Wert von 1.000,– EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

Mit Schreiben vom 23. Juni 1998 Hat die … das Nachlassgericht um Auskunft über die gesetzlichen Erben der Erblasserin und deren Anschrift und gegebenenfalls Testamentserben und deren Anschrift gebeten. Mit weiterem Schreiben vom 31. Juli 1998 hat sie ihr Anliegen dahin konkretisiert, ein französischer Notar habe sie mit der Ermittlung der Erben mütterlicherseits nach einer am … in Paris verstorbenen … beauftragt. Die … teilt dazu mit, bei der Erblasserin handele es sich um die Tochter von … die eine Schwester der hiesigen Erblasserin sei.

Die Rechtspflegerin hat mit Verfügung vom 17. August 1998 den sich aus der Akte ergebenden testamentarischen Alleinerben, den Testamentsvollstecker und das als gesetzliche Erbin angegebene Kind der Erblasserin mitgeteilt.

Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 13. August 2003 die Übersendung der Nachlassakten nach der Erblasserin zur Einsichtnahme. Auf die Verfügung des Rechtspflegers, mit der der Testamentsvollstrecker und testamentarische Erbe benannt und um die Einreichung einer Vollmacht des berechtigten Erben gebeten wurde, erwiderte der Antragsteller mit Schreiben vom 15. September 2003 und 28. Oktober 2003, aus den Nachlassakten Hinweise auf Blutsverwandte der Erblasserin für einen ausländischen Nachlass entnehmen zu wollen. Ein berechtigtes Interesse ergebe sich bereits aus den wirtschaftlichen Interessen seiner Berufstätigkeit sowie aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag für den zu ermittelnden Erben, der später selbst entscheiden könne, ob er an dem Nachlass beteiligt werden wolle.

Mit Beschluss vom 12. Januar 2004 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Antrag auf Akteneinsicht zurückgewiesen, da ein Genealoge kein eigenes Antragsrecht habe und von keinem Berechtigten beauftragt worden sei und auch nicht im Auftrag der unbekannten Erben oder als deren Vertreter handele. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 21. Januar 2004, der vorträgt, er habe von einem französischen Notar eine Vollmacht erhalten.

Diese Vollmacht reiche aus, um Unterbevollmächtigte hinzuzuziehen, zumal auch ein Nachlasspfleger einen Erbenermittler bevollmächtigen könne. Es sei von einem vermuteten Einverständnis des möglichen Erben, über die Nachlassangelegenheit informiert zu werden, auszugehen.

Der Rechtspfleger hat die Akte dem Landgericht Berlin zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, 19, 20, 21 FGG zulässig.

Sie ist jedoch unbegründet.

Der Beschwerdeführer hat weder ein Recht auf Einsicht in die Nachlassakten noch auf Übersendung dieser in seine Büroräume nach § 34 FGG.

Die Gewährung von Akteneinsicht setzt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 FGG ein berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus.

Der Begriff des berechtigten Interesses ist in § 34 FGG zwar nicht näher gestimmt. Er unterscheidet sich jedoch von einem subjektiven Recht (§ 20 Abs. 1 FGG), das dem Beschwerdeführer als eigenes materielles Recht zustehen muss, und dem rechtlichen Interesse (z.B. in § 57 Abs. 1 Nr. 1, § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG, § 299 Abs. 2 ZPO), das sich auf ein bereits vorhandenes Recht stützen muss (vgl. dazu m.w.N. Keidel/Kahl FGG 15. Aufl. § 34 Rz. 13).

Nach allgemeiner Ansicht liegt ein berechtigtes Interesse – über ein rechtliches Interesse hinaus – schon dann vor, wenn der Antragsteller ein vernünftiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse hat, das auch wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art sein kann. Es muss sich auch nicht auf den Gegenstand beziehen, für den die Akten gebildet wurden, und ist im Allgemeinen gegeben, wenn ein künftiges Verhalten des Antragstellers vom Akteninhalt beeinflusst werden kann. Auch ist nicht Voraussetzung, dass die Akteneinsicht notwendig ist, um die gewünschten Erkenntnisse zu erhalten (vgl. zu Vorstehendem BayObLG FG Prax 1995, 72/75; FamRZ 1998, 638, 639; Keidel/Kahl a.a.O.). Ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in Nachlassakten hat, wer glaubhaft macht, als gesetzlicher oder testamentarischer Erbe, als Pflichtteilsberechtigter oder als Vermächtnisnehmer in Betracht zu kommen (Keidel/Kahl, a.a.O. § 34 Rz. 17 m.w.N.).

Nicht berechtigt ist hingegen ein Interesse, wenn es lediglich auf die Ermittlung einzelner, in der Akte möglicherweise enthaltener Fakten gerichtet ist (OLG Hamm NJW-RR 1997, 1489). Auch wird ein berechtigtes Interesse zur Einsicht in Nachlassakten – um die es hier geht – nicht schon durch bloße Verwandtschaft mit dem Erblasser begründet; vielmehr ist ein darüber hinausgehendes rechtliches oder ein sonstiges berechtigtes Interesse erforderlich, was auch der Schutz der Erben vor bloßer Neugier und unberechtigter Einblicknahme in persönliche Angelegenheiten gebietet (vgl. BayObLG Rpfle...

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