Leitsatz (amtlich)
Ein selbständiges Beweisverfahren zwischen Wohnungseigentümern ist nach der WEG-Reform im Hinblick auf bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums (nur) dann zulässig, wenn der Antragsteller eine davon ausgehende Störung im Bereich seines Sondereigentums geltend macht.
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 12.08.2021; Aktenzeichen 91 H 25/20 (78)) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des AG Wiesbaden vom 12.08.2021 teilweise wie folgt abgeändert.
Es soll über folgende Behauptungen und Fragen des Antragstellers Beweis erhoben werden:
…
durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.
…
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Parteien sind Wohnungseigentümer. Die Antragsgegner sind Sondereigentümer der Wohnung, die über der Wohnung der Antragsteller gelegen ist. Im 1. Halbjahr 2020 nahmen die Antragsgegner bauliche Veränderungen in ihrer Sondereigentumseinheit vor. Die Antragsteller tragen vor, dass es nach den Arbeiten zu erheblichen Wassereintritten in ihrem Sondereigentumsbereich gekommen ist.
Mit Antrag vom 22. Juni 2020 begehrten die Antragsteller die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens, mit dem unter anderem Feststellungen dazu getroffen werden sollen, ob durch bauliche Veränderungen im Bereich der Sondereigentumseinheit der Antragsgegner (Austausch von Fenstern) eine Beschädigung der Abdichtungsschichten des Gemeinschaftseigentums hervorgerufen worden ist, wodurch es in der Wohnung der Antragsteller zu Feuchtigkeitsschäden gekommen ist.
Das Amtsgericht hatte zunächst durch Beschluss vom 25. August 2020 eine entsprechende Beweiserhebung angeordnet. Mit Beschluss vom 8. Oktober 2020 ist der Beweisbeschluss – soweit für das Beschwerdeverfahren relevant – erweitert worden um Fragen hinsichtlich des Belages und der Abdichtung des Balkons der Antragsgegner und der Dämmung im Spitzbodenbereich. Die Antragsteller sind hinsichtlich des Spitzbodens der Auffassung, dass aufgrund der dort durchgeführten umfangreichen Baumaßnahmen gegebenenfalls feuerpolizeiliche Anforderungen nicht eingehalten worden seien, hinsichtlich der Arbeiten am Balkon sind sie der Auffassung, dass hier keine ordnungsgemäße Dämmung erfolgt ist, was zu Wärmebrücken führen kann, welche zur Schimmelbildung in der Wohnung der Antragsteller führen könne.
Mit Beschluss vom 4. März 2021 hat das Amtsgericht den Beweisbeschluss, soweit Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, von Amts wegen aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, ein rechtliches Interesse an den Feststellungen bestehe nicht mehr, da durch die Änderung des WEG durch die WEG Reform die Antragsteller nicht mehr berechtigt seien, Beseitigungsansprüche im Hinblick auf das Gemeinschaftseigentum geltend zu machen.
Die Antragsteller haben unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes V ZR 299/19 sodann den erneuten Erlass eines Beweisbeschlusses in der ursprünglichen Form beantragt, dies hat das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss abgelehnt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Parteien zwar ein bereits vor dem 1.12.2020 anhängiges Streitverfahren verbinde, für welche die Fragen des selbständigen Beweisverfahrens Bedeutung hätten haben können, dieses Verfahren sei allerdings übereinstimmend für erledigt erklärt worden, so dass für dieses Verfahren die Feststellung des Beweisverfahrens ohne Relevanz seien. Soweit die Antragsteller nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens ein neues Verfahren in der Hauptsache anstreben würden, würde es sich um ein Verfahren handelt, für welches die Übergangsvorschrift § 48 Abs. 5 WEG nicht gelten würde, so dass insoweit das neue Recht maßgeblich sei, insoweit bestehen allerdings keine Prozessführungsbefugnis mehr für Mängel am Gemeinschaftseigentum.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsteller, die sich maßgeblich darauf stützt, dass es den Antragstellern auch offenstehen müsse, nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens im Rahmen einer Beschlussersetzungsklage gegen die Gemeinschaft vorzugehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 569, 568 ZPO). Nachdem das Amtsgericht den Beweisbeschluss aufgehoben hatte, lag in der Ablehnung des erneuten Antrages auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens eine anfechtbare Ablehnung des Antrages der Antragsteller (§ 490 ZPO).
Die sofortige Beschwerde hat in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang überwiegend Erfolg. Im Übrigen ist die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen für die Fragen bezüglich der Feuchtigkeitsschäden, betreffend die Fassade und den Balkon die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO vor. Ein rechtliches Inter...