Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 01.08.2005; Aktenzeichen 881 XIV B 225/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit die Anordnung der Ingewahrsamnahme des Betroffenen begehrt wird (Hauptantrag).
Im Übrigen, nämlich soweit beantragt wird die Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 1.8.05 festzustellen (Hilfsantrag), wird die Beschwerde verworfen.
Tatbestand
I.
Am 01.08.05 um 11.45 Uhr bettelte der Betroffene auf dem Marienplatz in München … von der Polizeiinspektion 11 um einen Euro an. Nachdem der Betroffene bereits am 01.04.05, 18.04.05, 13.07.05, 14.07.05, 16.07.05, 20.07.05, 28.07.05 und 01.08.05 darüber belehrt worden war, dass das Betteln in der Fußgängerzone verboten ist, wurde der Betroffene gemäß Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 PAG zur Durchsetzung des Platzverweises in Gewahrsam genommen. Durch Beschluss vom 01.08.05 wies das Amtsgericht München den polizeilichen Antrag vom 01.08.05 auf richterliche Entscheidung gemäß Art. 1 PAG zurück. Das Amtsgericht München führte aus, dass keine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit gemäß Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 PAG vorliege. Seit 03.08.05 befindet sich der Betroffene wegen Raubes in Untersuchungshaft in der JVA München-Stadelheim. Das Ermittlungsverfahren wird von der Staatsanwaltschaft München I unter Az.: 244 Js 222944/05 geführt. Nach Auskunft von Staatsanwältin … gegenüber der Berichterstatterin wurde die Anklage am 31.08.05 erhoben. Ein Hauptverhandlungstermin steht noch nicht fest. Der Betroffene muss mit einer Vollzugsstrafe rechnen.
Das Polizeipräsidium München legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 01.08.2005 mit Schreiben vom 09.08.05, Beschwerde ein und begründete diese mit Schreiben vom 30.08.05. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass zur Durchsetzung des Platzverweises gemäß Art. 17 Abs. 1 Nr. 3 PAG die Ingewahrsamnahme erforderlich war. Es liege eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit gemäß Art. 7 Abs. 1 Nr. 2 PAG vor. Dies folge einerseits daraus, dass sich der Betroffene von mehreren Belehrungen und Platzverweisen nicht habe beeindrucken lassen und andererseits, dass die Münchner Bürger von slowakischen Bettlern zunehmend belästigt würden. Polizeiliche Ermittlungen hätten ergeben, dass von … aus ca. 15 „Betteltouren” organisiert worden seien. Die organisierten Bettler träten in Kleingruppen bis zu 5 Personen auf. Bis zu 3 Personen der Gruppe würden aktiv betteln, andere vor mögliche Kontrollen warnen. Das erbettelte Geld werde von den Aufpassern regelmäßig abkassiert und würde weit überwiegend in die Taschen der Organisatoren fließen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde gemäß Art. 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 PAG, §§ 6 und 7 FEVG ist im Hauptantrag unbegründet, im Hilfsantrag unzulässig.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt. Denn die sofortige Beschwerde vom 09.08.05 ging am selben Tag per Telefax beim Landgericht München I ein und wurde durch Schreiben vom 30.08.05, eingegangen am 06.09.05, begründet.
Trotz gerichtlichen Hinweises wurde in der Beschwerdebegründung kein konkreter Antrag gestellt. Aus der Beschwerdebegründung kann jedoch im Wege der Auslegung analog § 133 BGB entnommen werden, dass die Anordnung der Ingewahrsamsnahme nach Art. 17 PAG, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 1.8.05 begehrt wird.
Die Voraussetzungen der Anordnung der Ingewahrsamsnahme nach Art. 17 PAG liegen nicht vor.
Denn der Betroffene befindet sich derzeit in Untersuchungshaft in der JVA München-Stadelheim und hat daher nicht die Möglichkeit, in der Fußgängerzone zu betteln.
Die sofortige Beschwerde ist demzufolge im Hauptantrag unbegründet.
Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zurückweisungsbeschlusses vom 01.08.05 ist unzulässig.
Nach Art. 18 Abs. 2 PAG kann die festgehaltene Person innerhalb eines Monats nach Beendigung der Freiheitsentziehung die Feststellung beantragen, dass die Freiheitsentziehung rechtswidrig gewesen ist, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse besteht. Diese Regelung ist notwendig zur Erfüllung verfassungsrechtlicher Gebote. Der Gewahrsam nach Art. 17 PAG stellt einen erheblichen Grundrechtseingriff dar. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung des Art. 18 Abs. 2 Satz 1 PAG zu sehen. Der Freistaat Bayern oder das Polizeipräsidium kann der. Natur der Sache nach nicht in eigenen Grundrechten verletzt sein, so dass eine analoge Anwendung von Art. 18 Abs. 2 PAG nicht in Betracht kommt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen