Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungsverfahren: Wiederbeauftragung des bereits erstinstanzlich tätigen Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten, die dadurch entstehen, dass eine Partei für das Berufungsverfahren den bereits erstinstanzlich tätigen Rechtsanwalt, der in der Nähe des Geschäftssitzes der Partei seine Kanzlei unterhält, mit der Vertretung beauftragt, sind grundsätzlich erstattungsfähig.

2. Tritt in einem solchen Fall in der mündlichen Verhandlung ein Unterbevollmächtigter für den Hauptbevollmächtigten auf, sind auch die hierdurch entstehenden Kosten zu erstatten, soweit sie durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstanden sind und die ersparten erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (Anschluss an BGH JurBüro 2003, 202 ff.).

3. Ist der Hauptbevollmächtigte an der Wahrnehmung des Termins aus objektiv zwingenden Gründen verhindert, sind auch die darüber hinausgehenden Kosten nach § 91 ZPO jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn sie nicht in einer angesichts der Bedeutung der Sache und angesichts des Streitwerts für die unterlegene Partei unzumutbaren Höhe entstehen.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1 a.F.

 

Verfahrensgang

LG Aschaffenburg (Beschluss vom 08.09.2004; Aktenzeichen 1 O 207/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des LG Aschaffenburg vom 8.9.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerverfahrens tragen die Beklagten.

III. Der Gegenstandswert der sofortigen Beschwerde wird auf 683,80 Euro festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagten wenden sich gegen den Ansatz einer Korrespondenzanwaltsgebühr für den auf der Klägerseite in Untervollmacht für die Hauptbevollmächtigten Rechtsanwälte ... und ... in der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem OLG Bamberg aufgetretenen Rechtsanwalt ...

Das LG Aschaffenburg hat mit Beschlüssen vom 8.9.2004 die Kosten für den zwischen den Parteien in erster und zweiter Instanz geführten Rechtsstreit festgesetzt. Dabei hat es auf der Klägerseite jeweils eine 13/10 Korrespondenzanwaltsgebühr nach § 52 BRAGO i.H.v. 683,80 Euro für einen in der mündlichen Verhandlung vom 29.1.2004 vor dem OLG Bamberg mit Untervollmacht ausgestatteten und in Bamberg ansässigen Rechtsanwalt als erstattungsfähig anerkannt.

Gegen diese Beschlüsse, den Beklagten per Verfügung vom 8.9.2004 zugestellt am 13.9.2004 bzw. am 23.9.2004, legten die Beklagten mit Schreiben vom 24.9.2004, eingegangen beim LG Aschaffenburg am selben Tag, "Erinnerung/Beschwerde" ein. Trotz der bloßen ausdrücklichen Bezugnahme in der Beschwerdeschrift auf den am 13.9.2004 der Beklagten zu 1) zugestellten Beschluss ist davon auszugehen, dass sich beide Beklagte gegen die entsprechende Kostenfestsetzung zur Wehr setzen. Dies ergibt sich daraus, dass im Schriftsatz vom 24.9.2004 der Rechtsbehelf namens "der Beklagten" ohne konkrete Begrenzung nur auf die Beklagte zu 1) eingelegt wurde und sich die angegriffene Anerkennung der Erstattungsfähigkeit gegen beide vom selben anwaltlichen Vertreter vertretene Beklagten nachteilig auswirkt. Bestätigt wird diese Annahme des Senats durch den Wechsel in der Bezeichnung des Betreffs in der Beschwerdeschrift - hier ist die Beklagte zu 1) ausdrücklich aufgeführt - und in der später eingereichten Stellungnahme des Beklagtenvertreters, in der die Beklagte zu 2) namentlich benannt ist.

Das LG Aschaffenburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 22.10.2004 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss des LG Aschaffenburg vom 8.9.2004 und auf den Vorlagebeschluss des LG Aschaffenburg vom 22.10.2004 Bezug genommen.

II.1. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des LG Aschaffenburg ist zulässig. Sie wurde in der gesetzlichen Frist und Form eingelegt (§§ 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO). Der mit "Erinnerung/sofortige Beschwerde" bezeichnete Schriftsatz ist als sofortige Beschwerde zu behandeln, da diese den statthaften Rechtsbehelf darstellt.

2. Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das LG hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass für den die Klägerin im Termin des OLG Bamberg vom 29.1.2004 in Untervollmacht vertretenden Rechtsanwalt Gebühren i.H.v. 341,90 Euro und zusätzlich i.H.v. 683,80 Euro entstanden sind.

a) Zuzugeben ist den Beschwerdeführern, dass die Voraussetzungen für den Anfall einer Korrespondenzanwaltsgebühr nicht gegeben sind. Bei dieser und der nachfolgenden Bewertung ist von folgendem Sachverhalt auszugehen.

Mit der Prozessführung im Berufungsrechtszug waren als Hauptbevollmächtigte die Rechtsanwälte ... und Kollegen mit Kanzleisitz in ... betraut. Da es ihnen aufgrund massiven Schneefalls auch nach den Angaben der Beschwerdeführer (Bl. 196 d.A.) nicht möglich war, zum anberaumten Termin anzureisen, beauftragten sie am Morgen des 29.1.2004 den in Bamberg ansässigen Rechtsanwalt ... mit...

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