Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten für die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten bei Bestehen einer überörtlichen Sozietät
Leitsatz (amtlich)
1. Kosten eines Unterbevollmächtigten sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, soweit dadurch erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden.
2. Bei Bestehen einer überörtlichen Sozietät des Hauptbevollmächtigten sind die insoweit erstattungsfähigen Reisekosten nach oben begrenzt auf die fiktiven Reisekosten des dem Gerichtsort nächstgelegenen niedergelassenen Mitglieds der Sozietät.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Aschaffenburg (Beschluss vom 26.02.2004; Aktenzeichen 1 HKO 33/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Aschafffenburg vom 26.2.2004 abgeändert.
Die von der Beklagten an die Klägerin nach dem rechtswirksamen Vergleich des LG Aschaffenburg vom 10.10.2003 zu erstattenden Kosten werden auf 430,12 Euro nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 20.10.2003 festgesetzt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Gegentandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 97,91 Euro festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin hat die Beklagte in erster Instanz aus zwei Mietverträgen über Fernsprechnebenstellenanlagen und einem Kaufvertrag über ein Ansagegerät auf Zahlung i.H.v. 9.629,89 Euro nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Klägerin, ein in München ansässiges Unternehmen, beauftragte mit ihrer Vertretung im Prozess eine Anwaltssozietät, die u.a. Büros in München und Frankfurt am Main unterhält. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin, Büro München, beauftragten in Untervollmacht eine Anwaltskanzlei in Aschaffenburg, welche die beiden Verhandlungstermine vor dem LG Aschaffenburg am 15.7.2003 und am 9.9.2003 wahrgenommen hat. Die Parteien beendeten den Rechtsstreit durch einen gem. § 278 Abs. 6 ZPO wirksamen Prozessvergleich.
Mit Beschluss vom 26.2.004 hat der Rechtspfleger des LG Aschaffenburg die von der Beklagten an die Klägerin nach dem rechtswirksamen Vergleich des LG Aschaffenburg vom 10.10.2003 zu erstattenden Kosten auf 527,73 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 20.10.2003 festgesetzt.
Maßgeblich für die Kostenfestsetzung in dieser Höhe war, dass das LG Aschaffenburg an außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus dem Gegenstandswert von 9.629,89 Euro neben vier vollen Gebühren (Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr, Beweisgebühr und Vergleichsgebühr) i.H.v. jeweils 486 Euro und eine Auslagenpauschale i.H.v. 20 Euro, insgesamt somit 1.964 Euro, Mehrkosten für die Terminswahrnehmung durch die Unterbevollmächtigten i.H.v. 246,62 Euro als erstattungsfähig anerkannt hat. Dabei wurden die von den Unterbevollmächtigten i.H.v. 1.235 Euro geltend gemachten Kosten bis zu Höhe der Kosten als erstattungsfähig anerkannt, die angefallen wären, wenn ein Anwalt aus München den Termin vor dem LG Aschaffenburg selbst wahrgenommen hätte. Diese Kosten wurden fiktiv auf 246,62 Euro festgesetzt (353 km × 2 × 0,27 Euro = 190,62 Euro; Abwesenheitsgeld: 56 Euro).
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 2.3.2004 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.2.2004 hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8.3.2004, eingegangen beim LG Aschaffenburg am selben Tage, Erinnerung eingelegt. Die Beklagte wendet sich gegen die fiktiven Fahrtkosten in der festgesetzten Höhe. Sie ist der Ansicht, die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten für die Wahrnehmung der Gerichtstermine die Rechtsanwälte im Büro Frankfurt am Main der überörtlichen Sozietät beauftragen müssen, da dann statt der geltend gemachten Kosten der Unterbevollmächtigten lediglich zweimal Fahrtkosten sowie Abwesenheitsgelder ausgehend von Frankfurt am Main angefallen wären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 8.3.2004 (Bl. 84, 85 d.A.) und vom 7.6.2004 (Bl. 88, 89 d.A.) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 2.6.2004, auf dessen Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird, hat das LG Aschaffenburg der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässig. Die Falschbezeichnung des Rechtsmittels als Erinnerung ist dabei unschädlich.
2. Die sofortige Beschwerde ist auch in vollem Umfang begründet.
a) Die von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten für die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten am Gerichtsort Aschaffenburg sind lediglich i.H.v. 75,36 Euro erstattungsfähig, da es sich nur insoweit um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten i.S.v. § 91 Abs. 2 S. 1, Halbs. 2 ZPO handelt.
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