Entscheidungsstichwort (Thema)

Namenserteilung, Einbenennung, Ersetzung der Einwilligung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu besonderen Umständen, unter denen die Namenserteilung nach § 1618 S. 1 BGB zum Wohl des Kindes erforderlich und die Einwilligung des nichtsorgeberechtigten Elternteils daher zu ersetzen ist.

 

Normenkette

BGB § 1618 S. 4

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen-Blumenthal vom 20.9.2000 wie folgt abgeändert:

Die Einwilligung des Kindesvaters in die am 14.3.2000 vor dem Standesamt Bremen-Nord erfolgte Namenserteilung wird ersetzt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Das 1991 geborene Kind J hat bisher den früheren Ehenamen seiner Eltern, K, geführt. Nach der Scheidung der Ehe der Eltern im Dezember 1994 hat J zunächst bei ihrem Vater gelebt, der auch Inhaber der elterlichen Sorge war. Im August 1998 ist der Kindesmutter das Sorgerecht übertragen worden. J lebt seitdem im Haushalt der Mutter, die seit 1995 wieder verheiratet ist und seitdem den Namen ihres jetzigen Ehemannes B fuhrt. Die Kindesmutter und ihr Ehemann haben dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten am 14.3.2000 ihren Ehenamen erteilt. Das Kind hat in die Namenserteilung eingewilligt, der Kindesvater verweigert die Einwilligung.

Das Familiengericht hat durch den Rechtspfleger mit Beschluß vom 20.9.2000 den Antrag der Kindesmutter, die Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung zu ersetzen, abgelehnt. Die dagegen gerichtete, fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige befristete Beschwerde (§§ 621 e, 621 I Nr. 1 ZPO) der Kindesmutter ist begründet.

Im Ausgangspunkt zu Recht geht das Familiengericht davon aus, daß es für eine Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Namensänderung (Einbenennung) nach § 1618 S. 4 BGB nicht ausreicht, wenn die Namensänderung lediglich dem Kindeswohl dient. Sie muß vielmehr für das Kindeswohl erforderlich sein (vgl. Senatsbeschluß vom 19.5.1999, MDR 1999, 1139; Oelkers/Kreutzfeldt, FamRZ 2000, 645, 647 f. m.w.RsprNw.). Der Gesetzgeber hat die Eingriffsschwelle hoch angesetzt, um zu verhindern, daß über die Belange des nicht sorgeberechtigten Elternteils zu leicht hinweggegangen wird (vgl. Schwab/Wagenitz, Das neue Familienrecht, FamRZ-Buch 11, S. 145). Ein Fall, in dem das Kindeswohl die Einbenennung erfordert, ist hier aber aufgrund besonderer Umstände gegeben. Dabei spielen zwei Gesichtspunkte eine ausschlaggebende Rolle.

Zum einen leidet J unter der Angst, ihr Vater könne sie leichter zu sich zurückholen, wenn sie weiter seinen Namen trägt. Es handelt sich dabei, wie nicht nur dem Jugendamt bei dessen verschiedenen Kontakten mit dem Kind, sondern auch dem Berichterstatter bei dessen Anhörung J's deutlich geworden ist, um eine tiefsitzende, das Kind quälende Angst, die im wesentlichen mit dem Ablauf der Trennungskonflikte der Eltern und auch einem unzureichenden Einfühlungsvermögen des Vaters in die Gefühlswelt des Kindes zu erklären ist.

Die Kindeseltern haben nach der Trennung und Scheidung bis ins Jahr 1998 heftig in mehreren Sorgerechtsverfahren um die elterliche Sorge gestritten und durch die Art ihrer Auseinandersetzung J in schwere Loyalitätskonflikte gebracht, wie sich insbesondere den beiden Anfang 1997 und Ende 1997 im Verfahren 72 F 506/96, Amtsgericht Bremen-Blumenthal, eingeholten Sachverständigengutachten und einem Bericht der Erziehungsberatungsstelle des Amtes für Soziale Dienste von Januar 1999 entnehmen läßt. Der Kindesvater war dabei nicht in der Lage, das nötige Verständnis für das Bedürfnis J's nach Nähe zur Mutter aufzubringen. Das ist z. B. an seiner Äußerung gegenüber der Sachverständigen deutlich geworden, J werde ihn das letzte Mal gesehen haben, falls sie zur Mutter komme, weil er dann die Beziehung komplett abbrechen werde. Dementsprechend ist auch der Kontakt des Kindes zum Vater nach dem Wechsel zur Mutter vollständig zum Erliegen gekommen, sieht man von einem Anruf des Vaters am Geburtstag des Kindes und von einem über das Jugendamt vermittelten Geschenk zu Weihnachten 1998 oder 1999 ab. J lehnt inzwischen jeden Kontakt zum Vater ab. Sie hat nach dem Wechsel zur Mutter starke Ängste entwickelt, wieder von ihr getrennt zu werden, und mit Panikattacken reagiert. Aus diesem Grunde befand sie sich bis zum Frühjahr 2000 in kinderpsychologischer Behandlung und hat darüber hinaus psychologische Hilfe der Erziehungsberatungsstelle in Anspruch genommen.

Als Folge der Angst, wieder von der Mutter getrennt zu werden, ist in J der Wunsch entstanden, wie die Mutter und deren Ehemann zu heißen. Nach den stimmigen und gut nachvollziehbaren Schilderungen des Kindes bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter ist davon auszugehen, daß es J war, die die Namensfrage aufgeworfen und dem Ehemann der Mutter, den sie nach ihren Äußerungen „gern”, ja „lieb” hat, gesagt hat, sie würde auch gern B heißen. J nennt sich schon seit einiger Zei...

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