Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung der Schlüssigkeit oder Begründetheit der Klage bei sofortigem Anerkenntnis
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurteilung, ob ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vorliegt, kommt es für die Frage, ob der Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, auf die Schlüssigkeit der Klage oder darauf, ob der geltend gemachte Anspruch im Zeitpunkt des Anerkenntnisses materiell-rechtlich bestanden hat, nicht an.
2. Erkennt der Beklagte an, obwohl sich am Klägervortrag nichts Entscheidungserhebliches geändert hat, ist es für die Beurteilung der Frage, ob das Anerkenntnis "sofort" im Sinne des § 93 ZPO erklärt worden ist, unerheblich, ob die Klage schlüssig war.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 4 O 989/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bremen vom 06.10.2017 - Az. 4 O 989/17 - wird auf Kosten des Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte wendet sich gegen die Kostengrundentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landgerichts Bremen vom 06.10.2017.
Der Kläger nimmt den Beklagten in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des C. B., gestorben am 15.08.1994, auf Freigabe von zum Nachlass zählender Grundstücke in Anspruch. Zum Nachlass des Erblassers C. B. zählte ein landwirtschaftlicher Besitz in X, der als Hof im Sinne der Höfeordnung qualifiziert ist. In der Abteilung II Nr. 6 des Grundbuchs der entsprechenden Grundstücke ist die Anordnung der Testamentsvollstreckung vermerkt. Hoferbin war zunächst die Tochter des Erblassers, Frau H. Diese wurde nach ihrem Tod von mehreren Personen, u.a. dem Kläger beerbt; der Kläger allein wurde aber Hoferbe und ist als Eigentümer im Grundbuch der streitbefangenen Grundstücke eingetragen. Mit Schreiben vom 02.05.2017, ergänzt mit Schreiben vom 10.05.2017, forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 17.05.2017 zur Freigabe einiger zum Hof zählender Grundstücke aus der Nachlasshaftung auf, weil er, der Kläger, diese Grundstücke veräußern wolle. Vorsorglich erklärte er, den Beklagten von etwaigen Ansprüchen der Miterben freistellen zu wollen. Der Beklagte reagierte hierauf nicht. Mit Klageschrift vom 11.07.2017 verfolgte der Kläger sein Begehren im Klagewege. Das Landgericht ordnete mit Verfügung vom 12.07.2017 das schriftliche Vorverfahren an und bestimmte die weitere Frist zur Klageerwiderung auf drei Wochen. Die Klageschrift wurde dem Beklagten am 25.07.2017 zugestellt. Erst am 11.08.2017 ging der Schriftsatz des Beklagten vom 08.08.2017 ein, mit dem der Beklagte seine Verteidigungsbereitschaft anzeigte und sich ein Anerkenntnis vorbehielt. Die Klageerwiderungsfrist ließ der Beklagte ohne weitere Erklärungen im Prozess verstreichen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.09.2017 erkannte der Beklagte den Anspruch unter Protest gegen die Kostenlast an.
Mit Anerkenntnisurteil vom 06.10.2017 - Az. 4 O 989/17 - verurteilte das Landgericht den Beklagten antragsgemäß zur Freigabe der im einzelnen bezeichneten streitgegenständlichen Grundstücke und zu deren Entlassung aus der Haft des in Abteilung II Nr. 6 des Grundbuchs eingetragenen Rechts. Die Kosten des Rechtsstreits erlegte es dem Beklagten nach § 91 ZPO auf. § 93 ZPO finde keine Anwendung zugunsten des Beklagten. Denn dieser habe Anlass zur Klageerhebung gegeben, indem er auf die vorgerichtlichen Leistungsaufforderungen unter Fristsetzung nicht reagiert habe, auch nicht derart, dass er eine Fristverlängerung zur Prüfung verlangt hätte. Daher sei dem Kläger nichts anderes übrig geblieben, als den Freigabeanspruch - wie schon zuvor in anderen Fällen - klageweise geltend zu machen. Das Anerkenntnis sei auch nicht sofort erklärt worden, weil es hierfür spätestens bis zum Ablauf der Klageerwiderungsfrist hätte erklärt werden müssen.
Das Urteil wurde dem Beklagten am 15.12.2017 zugestellt. Mit der am 22.12.2017 eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet der Beklagte sich gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils und begehrt, die Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Anlass zur Klageerhebung habe er nicht gegeben, denn das Freigabeverlangen sei von Anfang an unbegründet gewesen. Gründe für eine Freigabe seien nicht dargelegt worden. Erst nach eingehender Prüfung habe der Beklagte festgestellt, dass die Grundstücke zur Sicherung von Nachlassforderungen nicht mehr benötigt würden. Außerdem sei das Freigabeverlangen nicht von allen Miterben der Erbengemeinschaft nach Frau H. gestellt worden. Das Anerkenntnis stelle daher nur eine freiwillige Überlassung von Nachlassgegenständen an einen Erben dar. Das Anerkenntnis sei auch rechtzeitig erklärt worden, schließlich habe der Beklagte sich mit der Verteidigungsanzeige ein solches Anerkenntnis ausdrücklich vorbehalten. Außerdem habe dem Beklagten eine hinreichend la...