Verfahrensgang

LG Bückeburg (Aktenzeichen 1 O 90/19)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 12. Februar 2021 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Das angefochtene landgerichtliche Urteil sowie das vorliegende Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

3. Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf bis 16.000 EUR festgesetzt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug in Anspruch.

Mit Kaufvertrag vom 5. August 2015 kaufte der Kläger einen VW T6 Multivan Comfortline 2.0 TDI, in dem der Motor EA 288 verbaut ist, zum Preis von 42.037,94 EUR (Auftragsbestätigung vom 5. August 2015, Anlage K 1, Bl. 18f Band I).

Am 19. Mai 2020 veräußerte der Kläger das Fahrzeug für 24.100 EUR weiter.

Durch Urteil vom 12. Februar 2021 (Bl. 6 ff. Band II) auf das wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts, der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der der Sache nach sein erstinstanzliches Ziel weiterverfolgt.

Auf die weitere Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO verzichtet.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche zu. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob auf Seiten des Klägers ein verbleibender Schaden feststellbar ist.

1. Zwar kommt, wenn unter Täuschung im EG-Typengenehmigungsverfahren bewusst eine unzulässige Motorsteuerungssoftware verbaut wird, eine deliktische Haftung des Herstellers nach §§ 826, 31 BGB grundsätzlich in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19 -, juris ; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19 -, juris; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 367/19 -, juris; Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 397/19 -, juris ; Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20 -, juris; Urteil vom 19. Januar 2021 - VI ZR 8/20 -, juris; vgl. ferner: OLG Celle, Urteile vom 20. November 2019 - 7 U 244/18 -, juris, Rn. 26 ff. und vom 22. Januar 2020 - 7 U 445/18 -, juris).

Zwar sind nach der Rechtsprechung des für das Kaufrecht zuständigen VIII. Zivilsenats des BGH keine zu hohen Anforderungen an die Substanz des Klägervortrags zu stellen, sondern der Tatrichter sei dazu berufen, den Sachverhalt, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, aufzuklären.

Insofern hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 28. Januar 2020 (Az.: VIII ZR 57/19, juris Rn. 7) ausgeführt, dass ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs bereits dann schlüssig und erheblich sei, wenn die Partei Tatsachen vortrage, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich seien, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten sei nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung seien. Das gelte insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen habe. Das Gericht müsse nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorlägen. Seien diese Anforderungen erfüllt, sei es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.

Trotz dieser vergleichsweise geringen Anforderungen an die Vortrags- und Substantiierungslast der Klagepartei ist das Bestehen einer unzulässigen Abschaltvorrichtung aber dann zu verneinen, wenn das KBA den streitgegenständlichen betroffenen Motortyp bereits (nachträglich) überprüft hat und hierbei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorliegen und darüber hinaus auch keine anderweitigen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass im betroffenen Fahrzeug gleichwohl eine unzulässige, im EG-Typengenehmigungsverfahren verschwiegene und auch bei der nachträglichen Prüfung unentdeckt gebliebene Abschalteinrichtung vorhanden ist, aufgrund der in der - näheren oder ferneren - Zukunft eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung gem. § 5 Abs. 1 FZV drohen könnte. Denn eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung scheidet aus, wenn der beklagte Hersteller im Typengenehmigungsverfahren gegenüber dem KBA alle erforderlichen Angaben wahrheitsgemäß und vollständig gemacht und das KBA auf dieser Grundlage die Typengenehmigung in bewusster Billigung der vorhandenen Abschalteinrichtungen erteilt hat. Dann ist zum einen wegen der sog. Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes im Zivilprozess von einer wirksamen Genehmigung auszugehen, soda...

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