Leitsatz (amtlich)
Geht es um die Wahrnehmung der Rechte der (unbekannten) Nacherben gegenüber dem Testamentsvollstrecker und ist ihnen deshalb rechtliches Gehör zu gewähren (hier: sowohl vor der Entscheidung nach § 2216 Abs. 2 Satz 2 BGB als auch vor Erteilung eines entsprechenden Testamentsvollstreckerzeugnisses), so sind die unbekannten Nacherben in Bezug auf die Bestellung eines Nachlasspflegers fürsorgebedürftig.
Normenkette
BGB §§ 1913, 2216 Abs. 2 S. 2, § 2368 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 02.10.2009; Aktenzeichen 25 T 550/09) |
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.09.2009; Aktenzeichen 95 VIII E 8786) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 3.000,- Euro
Gründe
I.
Der Erblasser setzte durch Erbvertrag vom 26. März 1959 seine Ehefrau E. zur alleinigen Vorerbin ein. Zu Nacherben mit dem Ableben der Vorerbin zu je 1/4 wurden H. P., L. H., der - inzwischen verstorbene - E. E. sowie die Beschwerdeführerin bestimmt. Durch Erbvertrag vom 05. Dezember 1960 wurden zu Nacherben eines jeden in dem Erbvertrag vom 26. März 1959 bereits mit Namen eingesetzten Nacherben dessen eheliche Abkömmlinge eingesetzt und von dessen Nachkömmlingen wieder deren Abkömmlinge.
Die Nacherbfolge ist inzwischen eingetreten.
Das Testamentsvollstreckerzeugnis für die Beteiligte zu 1 vom 13. April 1977 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 14. September 2007 eingezogen; das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1 hiergegen blieb ohne Erfolg. Der Streit der Beteiligten ging um den Inhalt des Erbrechts und die Befugnisse des Testamentsvollstreckers sowie deren Aufnahme in das Testamentsvollstreckerzeugnis.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Senatsbeschluss I-3 Wx 24/08 vom 01. Juli 2009 Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 1 hat nun - unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats - unter dem 16. Juli 2009 um die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses mit folgenden Angaben nachgesucht:
"Testamentsvollstreckerin des Erblassers ist Frau S. S.. Es ist Dauervollstreckung angeordnet, solange und soweit ein Erbe mit der Nacherbfolge belastet ist. Während der Dauer des Teilungsverbotes ist der Testamentsvollstrecker gem. § 2208 BGB in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt."
sowie darüber hinaus beantragt,
die Verfügungsbeschränkung des Testamentsvollstreckers hinsichtlich zweier Grundstücke gemäß § 2216 Abs. 2 Satz 2 BGB aufzuheben und dem Testamentsvollstrecker die Verfügung über die genannten Grundstücke zu gestatten.
Mit Verfügung vom 27. Juli 2009 regte das Nachlassgericht bei dem Vormundschaftsgericht an, für die unbekannten Nacherben in dem Verfahren zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses einen Ergänzungspfleger zu bestellen.
Dem entsprechend hat das Vormundschaftsgericht - Rechtspfleger - am 10. August 2009 für die unbekannten Nacherben nach dem am 29. Dezember 1961 verstorbenen K. E. Rechtsanwalt C. J. zum Nachlasspfleger bestellt mit dem Wirkungskreis "Vertretung der unbekannten Nacherben in dem Verfahren zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses im Verfahren 90 VI 141/77".
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt.
Sie hat geltend gemacht, für die Bestellung des Verfahrenspflegers fehle es an dem erforderlichen Fürsorgebedürfnis. Die Belange der Nacherben würden bereits über § 2216 BGB durch den Testamentsvollstrecker wahrgenommen. Nach der testamentarischen Anordnung sei sie zur Testamentsvollstreckerin bestellt. Darüber hinaus sei durch die testamentarische Einsetzung der anderen Nacherben bereits eine ausreichende Vertretung der Interessen der Nacherben gegenüber der Testamentsvollstreckerin gewährleistet.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Vorlage an die Kammer gemäß Verfügung vom 22. September 2009 nicht abgeholfen.
Das Landgericht hat am 02. Oktober 2009 die Beschwerde zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie beantragt,
die Pflegerbestellung aufzuheben,
hilfsweise,
dieselbe auf die Wahrnehmung der Rechte der unbekannten Nacherben bei der Befreiung der Beschwerdeführerin von den Verfügungsbeschränkungen gemäß § 2216 Abs. 2 Satz 2 BGB zu beschränken,
hilfsweise,
R. S. und B. H. als Pfleger zu bestellen.
Sie macht weiter geltend, es fehle für die Nacherbenpflegerbestellung am Fürsorgebedürfnis; die Belange der Nacherben würden schon über § 2216 BGB durch den Testamentsvollstrecker, hier die Beteiligte zu 1, wahrgenommen. Durch die testamentarische Einsetzung der anderen Nacherben seien deren Interessen gegenüber der Testamentsvollstreckerin hinreichend vertreten. Der Pfleger könne zur Aufklärung des historischen Sachverhalts konkret nichts beitragen.
Jedenfalls sei der Beschluss des Amtsgerichts zur Pflegerbestellung hinsichtlich des Wirkungskreises zu weit gefasst.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist gemäß §§ 20, 27, 29 FGG zulässig.
Das vorliegende Verfahren richtet sich noch nach der bis zum 31. August 2009 gelte...