Leitsatz (amtlich)

1. Der Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist grundsätzlich nicht berechtigt, eine der Gesamthand zustehende Forderung gegen einen Dritten im eigenen Namen allein geltend zu machen.

2. Ausnahmsweise kann der einzelne Gesellschafter allerdings prozessführungsbefugt und damit zur Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung im eigenen Namen berechtigt sein, wenn der andere Gesellschafter sich aus gesellschaftswidrigen Gründen weigert, an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung mitzuwirken und zudem der verklagte Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist.

3. Die Tatsachen, die die Prozessführungsbefugnis des Mitgesellschafters begründen, müssen positiv feststehen und noch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorliegen.

4. Zur Begründung der Prozessführungsbefugnis kann ein Mitgesellschafter sich auf eine Notkompetenz analog § 744 Abs. 2 BGB nur berufen, wenn gerade die von ihm erhobene Klage als eine Maßnahme anzusehen ist, die im Interesse der Gesellschaft zur Erhaltung der Substanz oder des wirtschaftlichen Wertes des Gegenstandes der Gesellschaft im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 744, 709, 432

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 4/10)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

2. Der für den 5.6.2012 geplante Senatstermin entfällt.

3. Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 16.000 EUR

(9.534,64 EUR zzgl. Kosteninteresse)

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine der Klägerin günstigere Entscheidung.

I. Das LG hat zu Recht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Bewertung.

Die Klägerin macht mit ihrer Klage einen Anspruch der Maria E. P. und G. O. GbR (im Folgenden: "GbR") in eigenem Namen geltend. Hierfür fehlt ihr die Prozessführungsbefugnis.

1. Als Gesellschafterin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die Klägerin allein nicht berechtigt, eine der Gesamthand zustehende Forderung gegen einen Dritten im eigenen Namen geltend zu machen. Der einzelne Gesellschafter einer GbR hat nämlich grundsätzlich nicht die Befugnis, gem. § 432 BGB eine Gesellschaftsforderung allein geltend zu machen. Vielmehr können nach § 709 Abs. 1 BGB die Gesellschafter, falls nicht ein anderes vereinbart ist, die Geschäfte der Gesellschaft nur gemeinschaftlich führen, mithin auch nur gemeinschaftlich eine Forderung der Gesellschaft einklagen (vgl. etwa BGHZ 39, 14, 15; 102, 152, 154 m.w.N.). Eine Einzelvertretungsbefugnis der Klägerin sieht der Gesellschaftsvertrag zwischen ihr und ihrem Mitgesellschafter (im Folgenden: "O.") unstreitig nicht vor.

2. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der einzelne Gesellschafter allerdings in besonders gelagerten Fällen prozessführungsbefugt und damit zur Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung im eigenen Namen berechtigt, wenn der andere Gesellschafter sich aus gesellschaftswidrigen Gründen weigert, an der Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung mitzuwirken und zudem der verklagte Gesellschaftsschuldner an dem gesellschaftswidrigen Verhalten beteiligt ist (BGH, NJW-RR 2008, 1484; NJW 2000, 734; NJW 1988, 558; BGHZ 102, 152, 155; 39, 14, 16 f.; ebenso OLG Düsseldorf [10. OLG Düsseldorf], ZMR 2001, 182, 183; NZG 2003, 323; OLG Dresden, NZG 2000, 248; OLG Koblenz, NZG 1999, 250). Den klagenden Gesellschafter auf den umständlichen Weg zu verweisen, zunächst die anderen Gesellschafter auf Mitwirkung an der Geltendmachung der Forderung zu verklagen, wäre bei Beteiligung des Beklagten am gesellschaftswidrigen Verhalten ein unnötiger Umweg (vgl. BGHZ 39, 14, 20).

Die so beschriebenen Voraussetzungen einer Prozessführungsbefugnis der Klägerin müssen, um diese bejahen zu können, positiv feststehen, und zwar für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (vgl. BGHZ 125, 196, 201). Anderenfalls ist die Klage durch Prozessurteil abzuweisen (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1484; auch BGH NJW 2000, 738 f.).

Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin orientiert an diesen Vorgaben nicht prozessführungsbefugt ist; die Voraussetzungen für eine Einzelklagebefugnis lagen weder bei Einleitung des Verfahrens vor noch sind sie aktuell gegeben.

a) Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Mitgesellschafter O. die Zustimmung zu der Prozessführung aus gesellschaftswidrigen Gründen verweigert.

(1) Die Gesellschafter sind in der Entscheidung darüber, ob sie der von einem Mitgesellschafter beabsichtigten Maßnahme zustimmen wollen, grundsätzlich frei. Jedem geschäftsführenden Gesellschafter ist das Widerspruchsrecht gegeben, dami...

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