Leitsatz (amtlich)
1. Durch den Abschuss eines Prozessvergleichs verdient der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers eine Einigungsgebühr, wenn ein Rechtsverhältnis der einen oder anderen Partei zu dem Streithelfer geregelt worden ist, und sei es auch nur zu den Kosten der Streithilfe.
2. Die für die Entstehung einer Gebühr maßgeblichen Umstände müssen unstreitig oder den Verfahrensakten zu entnehmen sein.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1-2; BGB § 779
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 07.10.2011; Aktenzeichen 13 O 287/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Streithelferin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Rechtspflegerin - vom 7.10.2011 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Streithelferin.
Beschwerdewert: 420,80 EUR
Gründe
Die am 25.10.2011 bei Gericht eingegangene Beschwerde der Streithelferin der Klägerin gegen den ihr am 19.10.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.10.2011 ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, aber nicht begründet.
1. Für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin ist eine Einigungsgebühr nach RVG VV-Nr. 1000 Abs. 1 nicht angefallen.
a) Eine Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung bei Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Im Hinblick auf die Nebenintervention setzt dies nach allgemeiner Auffassung voraus, dass der Vertrag auch die Regelung eines Rechtsverhältnisses des Streithelfers im Verhältnis zu einer der beiden Prozessparteien enthält (OLG Düsseldorf, 10. Zivilsenat, AGS 2008,589 = OLGR 2009,94; OLG Brandenburg Beck RS 2008, 11354; KG JurBüro 2007, 360; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 447; OLG Koblenz MDR 2002, 296; Göttlich/Mümmler, RVG 2. Aufl., Seite 645; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., VV Nr. 1000, Rz. 102; Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., VV 1000 Rz. 21). Dafür reicht aus, dass die Kosten der Nebenintervention im Vergleich mitgeregelt worden sind (OLG Düsseldorf, a.a.O.; KG, a.a.O., Es genügt nicht, wenn der Streithelfer bei dem Vergleich der Parteien mitwirkt (Mayer/Kroiß, a.a.O., Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, a.a.O.) b) So liegen die Dinge hier zum Nachteil der Streithelferin. Dass sie an dem Vergleich der Parteien des Rechtsstreits vom 27.6.2011 nicht beteiligt ist, ergibt sich eindeutig aus dessen Inhalt. Ein Rechtsverhältnis der einen oder anderen Partei zu der Streithelferin ist nicht geregelt worden. Auch eine Vereinbarung der Prozessbeteiligten zu den Kosten der Streithelferin ist nicht getroffen worden. Folgerichtig ist über die Kosten der Streithilfe durch Beschluss des LG - Einzelrichters - nachträglich von Amts wegen entschieden worden (vgl. dazu OLG Koblenz Beck RS 2011, 20552; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 101 Rz. 14 m.w.N.).
2. Allerdings entsteht die Einigungsgebühr gemäß RVG VV 1000 Abs. 2 auch für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrags i.S.d. Abs. 1 nicht ursächlich war. Es kann dahinstehen, ob eine Mitwirkung in diesem Sinne nur in Betracht kommt, wenn wie beim Vergleichsschluss selbst die Verhandlungen mit dem Ziel der Einbeziehung des Streithelfers in den Vergleich geführt werden. Würde zur Anwendung von RVG-VV 1000 Abs. 2 auch ein nachfolgender Abschluss ohne eine Beteiligung des Streithelfers ausreichen, hätten die Prozessbevollmächtigten der Streithelferin die Gebühr allenfalls dann verdient, wenn sie bei den Verhandlungen im Termin vom 27.6.2011 ursächlich zum Vergleichsabschluss der Parteien beigetragen hätten. Das lässt sich jedoch nicht feststellen.
Während die entsprechende Behauptung der Streithelferin von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestätigt wird, leugnet der Prozessbevollmächtigte des Beklagten eine für den Vergleichsschluss ursächliche Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten der Streithelferin. Der Senat ist nicht gehalten, darüber Beweis zu erheben. Denn die für die Entstehung einer Gebühr maßgeblichen Umstände müssen gem. § 288 Abs. 1 ZPO zugestanden sein (BGH NJW-RR 2007, 286) oder den Verfahrensakten zu entnehmen sein (vgl. BGH NJW 2002, 3713). Ebenso ist zu entscheiden, wenn der Gegner sich zu dem den Gebührentatbestand begründenden, ihm zur Stellungnahme überreichten Vortrag nicht erklärt und dieser daher gem. § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig anzusehen ist (BGH NJW 2008, 2993; NJW-RR 2007, 787). Müssen die für die Kostenfestsetzung zuständigen Organe im Streitfall Beweis über tatsächliche Vorgänge erheben, wird die Kostenfestsetzung erschwert und verliert ihren Charakter als Mittel zum zügigen Ausgleich von Verfahrenskosten (vgl. BGH NJW-RR 2007, 286). So liegen die Dinge hier zum Nachteil der Streithelferin. Sie hätte diese Beweislage unschwer dadurch vermeiden können, dass sie die für ihren Kostenerstattungsanspruch bedeutsamen Umstände im Zusammenhang mit dem Vergleichsabschluss in das Sitzungsprotokoll hätte aufnehmen lass...