Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung: Einigungsgebühr für den Prozessbevollmächtigten eines Streithelfers bei Abschluss eines Prozessvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers fällt eine Einigungsgebühr nur an, wenn der Streithelfer in dem Vergleich eine eigene Verpflichtung übernimmt bzw. für oder gegen ihn ein Recht begründet wird.(Rz. 12)

2. Es genügt auch nicht eine im Vergleich getroffene Vereinbarung über die Kosten der Streithilfe, wenn diese Vereinbarung keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung vorsieht, sondern nur die in § 101 Abs. 1 ZPO enthaltene Regelung wiedergibt (entgegen OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 15.12.2011, I-24 W 106/11, JurBüro 2012, 301, 302, und vom 26.8.2008, I-10 W 53/08, AGS 2008, 589-591).(Rz. 14)

 

Normenkette

ZPO §§ 66, 101 Abs. 1; RVG-VV Nr. 1000

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 16.08.2012; Aktenzeichen 8 O 3235/09)

 

Tenor

I. Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG Augsburg, Az. 8 O 3235/09, vom 16.8.2012 werden die von der Beklagtenpartei an Rechtsanwalt ... zu erstattenden Kosten auf EUR 1.083,14 nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 28.6.2012 festgesetzt.

II. Die Streithelfer tragen die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert der Beschwerde beträgt 237,95 EUR.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Am 23.5.2012 schlossen die Parteien mit Zustimmung der Streithelfer vor dem OLG München einen widerruflichen Vergleich, der von der zum Widerruf berechtigten Beklagten nicht widerrufen wurde. Dieser Vergleich enthält folgende Regelung:

"2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 92 % und die Beklagte 8 %.

3. Die Beklagte trägt 8 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer. Ihre sonstigen außergerichtlichen Kosten tragen die Streithelfer selbst."

Mit Schriftsatz vom 28.6.2012 beantragten die Streithelfer, bei der Kostenfestsetzung für beide Instanzen einen Gesamtbetrag von EUR 16.513,60 in Ansatz zu bringen. In diesem Betrag war eine 1,3-Einigungsgebühr i.H.v. EUR 2.974,40 für den in der Berufungsinstanz abgeschlossenen Vergleich enthalten.

Mit Beschluss vom 16.8.2012 setzte das LG die von der Beklagten nach dem Vergleich vom 23.5.2012 an die Streithelfer zu erstattenden Kosten auf EUR 1.321,09 (8 % aus der Gesamtantragssumme von EUR 16.513,60) fest.

Mit ihrer Beschwerde vom 10.9.2012 wendet sich die Beklagte gegen den Ansatz der Einigungsgebühr. Diese sei für die Streithelfer nicht angefallen, da sie an der Einigung nicht beteiligt gewesen seien.

Die Streithelfer beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.

Das LG hat mit Beschluss vom 9.10.2012 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Die geltend gemachte Einigungsgebühr von 2.974,40 EUR kann in die Berechnung des Erstattungsbetrages nicht einbezogen werden, weil eine Mitwirkung der Streithelfer im Sinne von Nr. 1000 RVG-VV am Abschluss des Vergleichs vom 23.5.2012 nicht vorliegt.

1.) Der Rechtspfleger stützt die Festsetzung der Einigungsgebühr auf die in der Sitzungsniederschrift vom 23.5.2012, S. 2 (Bl. 452 d.A.) gewählte Formulierung, wonach die Parteien mit Zustimmung der Streithelfer den Vergleich schlossen. Eine derartige Zustimmung zum Vergleichsabschluss genügt nicht für das Anfallen einer Einigungsgebühr bei den Streithelfern.

Nach Nr. 1000 Abs. 1 RVG-VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Die auf die Herbeiführung der Einigung gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts muss mindestens mitursächlich für das Zustandekommen der Einigung gewesen sein. Dem Rechtsanwalt des Streithelfers erwächst eine Einigungsgebühr, wenn er selbst an der Entstehung des Vertrages mitwirkt, z.B. für die Partei der Einigung beitritt oder zu einem Vergleichsvorschlag sein Einverständnis erklärt, außerdem muss aber zusätzlich eine Regelung hinsichtlich eines Rechtsverhältnisses des Streithelfers erfolgen (s. Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 1000 Rz. 283). Danach fällt für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers eine Einigungsgebühr nur dann an, wenn der zwischen den Prozessparteien abgeschlossene Vergleich auch einen seinem Auftraggeber zuzurechnenden Gegenstand im Verhältnis zu einer oder beiden Parteien regelt (Senatsbeschlüsse vom 15.12.2004 - Az. 11 W 2863/04 sowie vom 17.1.2007 - Az. 11 W 3075/06; OLG Koblenz MDR 2002, 296). Es genügt nicht, dass der Rechtsanwalt des Streithelfers bei dem Vergleich der Parteien nur mitgewirkt hat. Auch der Umstand allein, dass der Nebenintervenient vom Vergleich mittelbar betroffen sein kann, reicht nicht aus (s. Gerold/Schmidt, a.a.O., Rz. 102).

Im vorliegenden Fall wurde vor dem OLG München allein eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten zugunsten des Klägers geregelt. Die Streithelfer sind keinerl...

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