Leitsatz (amtlich)
Ist dem gewerblichen Vermieter vertraglich ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, ist dessen Ausübung ohne weitergehende Anhaltspunkte selbst dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er mit der Kündigung zugleich bezweckt haben sollte, einem (berechtigen) Mängelbeseitigungsverlangen seines Mieters nicht mehr nachkommen zu müssen.
Normenkette
BGB § 242; ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 5 O 417/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das LG hat dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zu Recht versagt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung.
Gemäß § 114 ZPO erhält eine beklagte Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf ihren Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtige Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das LG hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen - wie der Beklagte meint - in einem echten Eventualverhältnis stehen. Die Räumungsklage hätte jedenfalls selbst dann Erfolg gehabt, wenn die zunächst erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs sich als unbegründet erwiesen hätte, denn dann ist das Mietverhältnis der Parteien jedenfalls durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 28.10.2009 gemäß der vereinbarten sechsmonatigen Kündigungsfrist zum 30.4.2010 beendet worden. Diese Frist war im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung abgelaufen, so dass das LG nicht gehindert war, den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten mit der gegebenen Begründung zurückzuweisen.
Die ordentliche Kündigung der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Ausübung eines Kündigungsrechts kann zwar rechtsmissbräuchlich sein, wenn derjenige, der das Recht geltend gemacht, die Voraussetzungen dafür in anstößiger, mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbarer Weise geschaffen oder (mit-)verursacht hat (BGH, Beschl. v. 25.4.2008, GuT 2009, 110 = NZM 2008, 728 - LwZR 10/07). Das beruht auf dem allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. § 162 BGB), dass niemand aus einer von ihm treuwidrig herbeigeführten Rechtslage Vorteile ziehen soll. An die Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Kündigung werden jedoch strenge Anforderungen gestellt. Ihr Vorliegen hat Ausnahmecharakter und erfordert den Nachweis von in hohem Maß verwerflichen Beweggründen (Geschäftsraummiete/Oprée, 2. Aufl., Kap. 15, Rz. 88; vgl. BGH, Urt. v. 26.2.1979, NJW 1970, 855 - KZR 17/68 zur Sittenwidrigkeit der Kündigung eines Tankstellenverwalter-Vertrages). So wird z.B. angenommen, dass eine Kündigung unwirksam sein kann, wenn es dem Vermieter allein darum geht, seiner Verärgerung darüber freien Lauf zu lassen, dass der Mieter ihm gegenüber Rechte in angemessener Form wahrgenommen hat (Oprée, a.a.O., m.w.N.) oder im umgekehrten Fall, wenn der Vermieter dafür "Rache nehmen" will, dass sich der Mieter geweigert hat, unberechtigte Ansprüche zu erfüllen (BGH, a.a.O.). Hieran gemessen verstößt die Ausübung des ordentlichen Kündigungsrechts im Streitfall nicht gegen § 242 BGB. Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in allgemeinen Erwägungen zur Motivation der Klägerin ohne hierzu auf den Streitfall bezogene konkrete Tatsachen vorzutragen. Es mag zwar sein, dass der Vermieter, der sich - wie hier - die Klägerin mit einem Mängelbeseitigungsverlangen oder einem Minderungsanspruch des Mieters konfrontiert sieht, mit einer ordentlichen Kündigung zugleich auch seiner Gebrauchsgewährungspflicht ausweichen kann. Hierin liegt jedoch nicht per se eine treuwidrige Herbeiführung des Kündigungsrechts. Die Parteien haben in dem schriftlichen Mietvertrag vom 10.12.2007 vereinbart, dass das Mietverhältnis nach Ablauf der zweijährigen Befristung jederzeit von beiden Seiten mit einer 6-monatigen Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Einer Begründung der ordentlichen Kündigung bedarf es nach den getroffenen Vereinbarungen nicht. Dies entspricht nicht nur der vorzitierten BGH-Rechtsprechnung, sondern auch der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber hat eine Begründung auch der ordentlichen Kündigung gem. § 573 Abs. 4 BGB nur für den Bereich der Wohnraummiete nicht aber für die hier streitgegenständliche Anmietung einer Lagerhalle vorgesehen. Ist dem gewerblichen Vermieter aber vertraglich ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, ist dessen Ausübung ohne - hier von dem Beklagten nicht dargelegte - weitergehende Anhaltspunkte selbst dann nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er mit der Kündigung zugleich bezweckt...