Leitsatz (amtlich)
1. An das Vorliegen "begründeter Zweifel" im Sinne von § 4a Abs. 2 UKlaG sind strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst die effektive Durchsetzung der Ansprüche aus §§ 1, 2 UKlaG und § 8 Abs. 1 UWG gefährdet wäre (Urteilsgründe A. 3.3). Aus einer bloß abweichenden rechtlichen Beurteilung der vom Bundesamt für Justiz bereits geprüften und nicht für eintragungsschädlich gehaltenen Umstände ergeben sich grundsätzlich keine "begründeten Zweifel" im Sinne von § 4a Abs. 2 UKlaG (Urteilsgründe A. 3.3 b. aa.). (Rn. 42)
2. Die mit Inkrafttreten des "Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs" zum 2. Dezember 2020 wirksam gewordene Fassung des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 lit. a) UKlaG hat die Anforderungen an die personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung der qualifizierten Einrichtungen nicht verschärft, sondern nur klargestellt, da die nun normierten Voraussetzungen schon immer ungeschriebene Tatbestandsmerkmale waren (Urteilsgründe A. 3.3 b. bb. (1) (a)). (Rn. 44)
3. Die Abweisung der durch einen gewerblichen Prozessfinanzierer finanzierten Gewinnabschöpfungsklage einer qualifizierten Einrichtung als rechtsmissbräuchlich führt nicht dazu, dass auch eine nachfolgende, selbst finanzierte Klage der qualifizierten Einrichtung zur Geltendmachung desselben Gewinnabschöpfungsanspruchs rechtsmissbräuchlich ist (Urteilsgründe A. 5.2 b. bb. (4). (Rn. 64)
4. Auch die Erhebung einer rechtsmissbräuchlichen Klage hemmt gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs (Urteilsgründe A. 5.2 b. cc.).(Rn. 73) Nur ausnahmsweise kann sich der Anspruchsinhaber gem. § 242 BGB nicht auf die verjährungshemmende Wirkung berufen, wenn der Rechtsmissbrauchsvorwurf gerade in einer unredlichen Herbeiführung der verjährungshemmenden Wirkung besteht (Urteilsgründe A. 5.2 b. dd.). (Rn. 77)
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1, §§ 242, 309 Nr. 5; UKlaG §§ 1-2, 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 4a Abs. 2; UWG § 8 Abs. 1, §§ 8c, 10 Abs. 1, § 11 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 23.06.2021; Aktenzeichen 12 O 188/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten wird das am 23. Juni 2021 verkündete Teilurteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 12 O 188/18 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. Juli 2021 unter Zurückweisung des jeweils weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, bei der Abwicklung von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen von Verbrauchern
a. für eine Rücklastschrift einen Pauschalbetrag in Höhe von 4,50 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diesen in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Rücklastschrift anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen,
b. für eine Mahnung einen Pauschalbetrag in Höhe von 2,80 EUR oder einen höheren Pauschalbetrag zu verlangen, insbesondere diesen in maschinell erzeugten Rechnungen auszuweisen,
es sei denn, die Beklagte hat mit dem betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über eine pauschale Abgeltung des ihr durch eine Mahnung anfallenden Schadens mindestens in Höhe der verlangten Pauschale getroffen;
2. die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, insbesondere Preislisten, zum Abschluss von Verträgen über Telekommunikationsdienstleistungen gegenüber Verbrauchern folgende oder diesen inhaltsgleiche Klauseln zu verwenden oder sich bei der Abwicklung entsprechender Verträge auf solche Klauseln zu berufen:
a. Leistungen |
Preis |
Takt |
Je Rücklastschrift |
4,50 EUR |
|
b. Leistungen |
Preis |
Takt |
Mahngebühr 1. Mahnung |
2,80 EUR |
|
Mahngebühr 2. Mahnung |
2,80 EUR |
3. die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu geben, welche Gewinne sie
a. seit dem 29.01.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern bei der Abwicklung von Telekommunikationsverträgen für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von mindestens 13,00 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von mindestens 9,00 EUR und
b. seit dem 13.09.2013 dadurch erzielt hat, dass sie von Verbrauchern für Rücklastschriften einen Pauschalbetrag von 9,50 EUR oder für Mahnungen einen Pauschalbetrag von 6,50 EUR
vereinnahmt hat, ohne dass sie mit dem jeweils betroffenen Verbraucher eine Individualabrede über die pauschale Abgeltung des Rücklastschrift- bzw. Mahnschadens mindestens in der Höhe der vere...