Leitsatz (amtlich)
1. Zum Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, wenn der Rechtsanwalt Honorar für eine fehlerhaft beantragte Verweisung des Rechtsstreits begehrt.
2. Neben einer bereits verdienten Prozessgebühr fällt eine Verkehrsanwaltsgebühr nach § 52 BRAGO nicht an.
3. An eine dem Mandanten günstige, wegen Unterschreitung gesetzlicher Gebühren unwirksame Honorarvereinbarung ist der Rechtsanwalt gem. § 242 BGB gebunden.
4. Zum Rückzahlungsanspruch des unterlegenen Prozessgegners im Falle einer das vereinbarte Honorar übersteigenden Kostenfestsetzung.
5. Zur Verzinsung von verspätet ausgekehrten Mandantengeldern.
6. Zum Umfang des Anspruchs des Mandanten auf Herausgabe der Handakten.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 04.02.2003; Aktenzeichen 9 O 63/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Parteien wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Rechtsmittel das am 4.2.2003 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden unter Abweisung der weiter gehenden Klage als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
a) 3.850,38 Euro nebst 4 % Zinsen aus 3.637,87 Euro vom 15.5. bis 30.6.2000 und aus 3.842,38 Euro vom 1.7.2000 bis 10.4.2002 sowie weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.850,38 Euro seit dem 11.4.2002 zu zahlen und
b) die Handakte zum Mandat L./. S (Az ...) herauszugeben, soweit es ihre Bestandteile aus dem Zeitraum vom 28.2.2000 bis 19.11.2001 betrifft.
2. Es wird unter Abweisung des weiter gehenden Begehrens festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist oder noch entstehen wird, dass die Beklagten bei der Abwicklung des Mandats L./. S (Az ...) die Klägerin nicht unverzüglich über Einleitung und Ergebnis des Kostenfestsetzungsverfahrens (3 O 374/98 LG Kleve/21 U 113/99 OLG Düsseldorf) unterrichtet und die für sie beigetriebenen Kosten nicht unverzüglich an sie weitergeleitet haben.
Die Kosten beider Rechtszüge werden der Klägerin zu 20 %, den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 80 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Klägerin hatte im Juni 1998 die beklagten, in (Außen-)Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälte (Sachbearbeiter der Beklagte zu 1), nachfolgend Beklagter genannt) damit beauftragt, eine Darlehensforderung (40.000 DM nebst Zinsen) gerichtlich geltend zu machen, nachdem die Darlehnsnehmerin gegen den von der Klägerin noch selbst erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hatte (nachfolgend auch Mandat genannt). Nachdem das angerufene LG Düsseldorf (10 O 110/98) den Rechtsstreit antragsgemäß an das für den aktuellen Wohnort der Schuldnerin zuständige LG Kleve (3 O 374/98) verwiesen hatte, beauftragte der Beklagte namens und mit Zustimmung der Klägerin die dort zugelassenen Rechtsanwälte M. (nachfolgend Rechtsanwalt M genannt) mit der weiteren Vertretung. Der Beklagte versprach der Klägerin, dass "Mehrkosten insoweit nicht (entstehen)" und dass "wir einheitlich abrechnen". Er und Rechtsanwalt M kamen intern überein, dass bei der zwischen ihnen üblichen Kostenaufteilung der Beklagte die Schriftsätze an das Gericht und den Schriftverkehr mit der Klägerin und Rechtsanwalt M die Vertretung vor dem LG Kleve besorgen werde. Als Vorschuss auf die künftig entstehenden Gebühren zahlte die Klägerin (teils an die Beklagten, teils an Rechtsanwalt M) 4.428,60 DM. An Gerichtskosten hatte die Klägerin im Januar 1998 870 DM und im Februar 2000 400 DM entrichtet.
Durch Urteil vom 25.5.1999 wies das LG Kleve die Klage nach Beweisaufnahme kostenpflichtig ab. Im Juni 1999 beauftragte die Klägerin die Beklagten (den Beklagten erneut als Sachbearbeiter), das Berufungsverfahren (21 U 113/99 OLG Düsseldorf) durchzuführen. Durch Urt. v. 22.2.2000 wurde dem Klagebegehren (bis auf einen Teil der Zinsforderung) stattgegeben. Der Beklagte überreichte der Klägerin mit Schreiben vom 20.3.2000 die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils (die Klägerin wollte selbst vollstrecken) und schloss das Mandat ohne weitere Abrechnung ab. Der Beklagte erwirkte namens der Klägerin bei dem LG Kleve am 12.4.2000 einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 8.310,24 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 13.3.2000, davon entfielen 4.448,60 DM auf die festgesetzten Kosten des ersten Rechtszuges (Rechnung Rechtsanwalt M v. 31.5.1999, GA 110) und 3.861,64 DM auf die festgesetzten Kosten des zweiten Rechtszuges (Abrechnung der Beklagten v. 8.3.2000). Die Rechtsschutzversicherung der (im Übrigen insolventen) Darlehnsnehmerin zahlte mit Wertstellung vom 28.4.2000 an Rechtsanwalt M die festgesetzte Hauptsumme; dieser leitete den Betrag Anfang Mai 2000 an die Beklagten weiter. Mit Wertstellung vom 15.6.2000 erstattete die Gerichtskasse einen Betrag von 400 DM zu Händen des Rechtsanwalts M, der ihn sogleich an die Beklagten weiter leitete (GA 27). Nachdem die Klägerin seit März 2001 den Beklagte...