Leitsatz (amtlich)

1. Das Fehlen einer für die gewerbliche Nutzung an sich erforderlichen Nutzungsgenehmigung führt allerdings nicht automatisch zur Annahme eines Mangels gem. § 536 BGB und damit zur Nichtgewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Voraussetzung ist vielmehr, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Eine solche liegt regelmäßig nur vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweit ernstlich zu erwarten ist.

2. Eine kündigungsrelevante Ungewissheit entsteht für den Mieter erst, wenn er Mieter aufgrund des Verhaltens der Behörde bzw. des Vermieters davon ausgehen muss, dass mit ungewissem Ausgang auf Jahre hinaus über die Möglichkeit einer seinen Betrieb stilllegenden Untersagungsverfügung oder - im Falle ihres Erlasses - über deren Wirksamkeit gestritten wird.

3. Zur Auslegung eines Schreibens des Bauaufsichtamtes als Anhörung gem. § 28 Abs. 1 VwVfGNRW.

4. Zur Frage, ob bei einer baurechtlich illegalen Nutzung von als Lagerhalle zum Betrieb einer Spedition eine Abhilfefrist gem. § 543 BGB erforderlich ist.

 

Normenkette

BGB § 536

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 27.05.2005; Aktenzeichen 6 O 395/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27.5.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22.909,62 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 6.4.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um rückständige Miete für den Monat April 2004 i.H.v. 22.909,62 EUR. Wegen der getroffenen Feststellungen wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen (GA 95 ff.). Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Mietverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten vom 8.3.2004 außerordentlich wirksam gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 zum 31.3.2003 (richtig: 31.3.2004) beendet worden, da der Beklagten der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache entzogen worden sei. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils dokumentierten, erfolglos gebliebenen Zahlungsantrag weiter verfolgt. Sie hält die Entscheidung des LG für rechtsfehlerhaft. Das LG habe fälschlicherweise die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB angenommen, die Vorschrift des § 543 Abs. 3 Nr. 1 BGB nicht beachtet und sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen, die vertraglichen Vereinbarungen seien von der Klägerin gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen und wegen § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam. Es habe eine rein formelle Baurechtswidrigkeit vorgelegen, deren Beseitigung in angemessener Frist möglich gewesen sei. Eine solche Frist habe die Beklagte - insoweit unstreitig - nicht gesetzt. Die Beklagte hätte die Verfügung des Bauaufsichtsamtes der Stadt D. vom 14.2.2004 mit einem Widerspruch anzufechten müssen. Außerdem verstoße die fristlose Kündigung gegen Treu und Glauben, da die Beklagte sie nicht zuvor von den Terminsbenachrichtigungen der Behörde und dem Begehungstermin unterrichtet habe.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und bittet um Zurückweisung der Berufung. Aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen sowohl für ihren Geschäftsbetrieb als auch der drohenden Gefahren aufgrund des ebenfalls monierten Verstoßes gegen Brandschutzvorschriften habe sie keine andere Wahl gesehen, als sofort Maßnahmen zur Räumung der Lagerhalle zu ergreifen und den behördlichen Anweisungen fristgerecht nachzukommen. Im Übrigen sei es nicht Sache des Mieters, sich auf einen Rechtsstreit mit den Behörden einzulassen oder auch nur die Rechtswirksamkeit einer ergangenen Verfügung zu prüfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze der Parteien einschließlich der zu den Akten gereichten schriftlichen Unterlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. § 535 Abs. 2 BGB ein betragsmäßig unstrittiger Mietzinsanspruch für den Monat April 2004 i.H.v. 22.909,62 EUR zu. Das Mietverhältnis der Parteien ist entgegen der Auffassung des LG nicht durch die "fristlose" Kündigung der Beklagten vom 8.3.2004 mit sofortiger Wirkung erloschen. Das beruht im Einzelnen auf folgenden Erwägungen:

Gemäß § 543 Abs....

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