Entscheidungsstichwort (Thema)
Kommissionsvertrag, Schadensersatzanspruch des Kommittenten gegen Kommissionär wegen Warenverlust; Verjährungshemmung durch Klage; demnächstige Zustellung
Leitsatz (amtlich)
1. Für den Schadensersatzanspruch nach § 390 Abs. 1 HGB hat der Kommittent (nur) darzulegen und zu beweisen, dass der Verlust oder die Beschädigung der Kommissionsware während der Verwahrungszeit eingetreten ist; der Kommissionär hat den Entlastungsbeweis zu erbringen, dass Verlust oder Beschädigung auf Umständen beruhen, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1 HGB) nicht abgewandt werden konnten (Anschluss an BGH, Urt. v. 1.3.2007 NJW-RR 2007, 1177).
2. Eine Klage ist "demnächst" i.S.d. § 167 ZPO zugestellt, wenn die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtumstände alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Das ist nicht mehr der Fall, wenn sie durch nachlässiges, wenn auch nur leicht fahrlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben. Als geringfügig in diesem Sinne sind in der Regel Zustellungsverzögerungen bis zu 14 Tagen anzusehen. Eine Zeitspanne von mehr als zwei Wochen, um die sich die Klagezustellung durch leichte Fahrlässigkeit verzögert, wird nicht mehr als unschädlich betrachtet
3. Eine Verzögerung der Zustellung, die darauf zurückzuführen ist, dass der Zustellungsempfänger nicht mehr unter der vom Kläger oder Antragsteller angegebenen Adresse wohnt, kann dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten nicht angelastet werden. Lediglich dann, wenn der Kläger Anhaltspunkte für die Annahme eines Wohnungswechsels hatte, ist in dem Unterlassen der Überprüfung der aktuellen Adresse eine Nachlässigkeit zu sehen.
4. Bei der Frage, ob eine Klagezustellung "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt ist, können Versäumnisse nur insoweit zugerechnet werden, wie sich feststellen lässt, dass die geforderte Handlung den Verfahrensgang verkürzt hätte, die Nachlässigkeit also kausal für die Verfahrensverzögerung geworden ist.
Normenkette
HGB § 390; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 167
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 06.11.2007; Aktenzeichen 6 O 232/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6.11.2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - 6 O 232/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 23.274,76 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.11.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Urteil abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages, sofern nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in derselben Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin betreibt in verschiedenen Städten in Deutschland in von ihr angemieteten Räumen unter der Bezeichnung T. großflächige Einzelhandelsmärkte, in denen Sonderposten aller Art angeboten werden. Am 14.11.2000 schlossen die Parteien einen von der Klägerin vorformulierten schriftlichen Vertrag. Hiernach sollte die Beklagte den Einzelhandelsmarkt der Klägerin in D. in einem Kommissionsverhältnis betreiben. In dem Vertrag wurden der Beklagten genaue Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise des Geschäftsbetriebes gemacht. Die Klägerin stellte der Beklagten den Namen und die Geschäftsbezeichnung, die Ladeneinrichtung sowie ihr Know-how auf dem Gebiet des Vertriebs, des Marketings und der Werbung zur Verfügung. Die Beklagte verpflichtete sich, von der Klägerin die Verkaufsware zu beziehen und andere Waren nur mit Genehmigung der Klägerin ins Sortiment zu nehmen. Sie hatte sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Marktes, mit Ausnahme der Kosten für größere Reparaturen, notwendige Versicherungen, Zeitungswerbung und die Miete zu tragen. Weiter sind im Vertrag Klauseln zum Schwund von Warenbeständen und deren Auswirkungen auf die gegenseitigen Ansprüche enthalten: u.a. § 6 Nr. 4: "Dem Unternehmer wird von der Bestandsaufnahme zu Bestandsaufnahme ein Schwund von 2 % vom Verkaufserlös eingeräumT. Alle Fehlmengen über 2 % vom Umsatz sind vom Unternehmer zu ersetzen. P ist berechtigt, den Fehlbetrag bei der nächstfolgenden Provision in Abzug zu bringen."
Die Beklagte betrieb den Markt in D. vom 1.12.2000 bis zum 27.7.2002. Unter dem 18.6.2002 kündigte sei den Vertrag mit Wirkung zum 20.9.2002. Am 17.7.2002 stellte sie ihre Tätigkeit mit sofortiger Wirkung ein.
Bei zwei von der Klägerin in dem von der Beklagten geführten Markt durchgeführten Inventuren waren über 2 % des jeweiligen Umsatzes liegende Schwunddifferenzen festgestellt worden und zwar bei einer Inventur am 5.1.2002 für den Zeitraum vom 25.3.2001 bis zum 5.1.2002 i.H.v. 3,2 % des Umsatz und bei einer Inventur am 27.7.2002 für den Zeitraum vom 7.4.2002 bis zum 27.7.2002 eine Schwund-differenz...