Leitsatz (amtlich)
1. Die Frage, ob ein Erbe i.S.d. § 1960 BGB unbekannt ist, ist vom Standpunkt des Nachlassgerichts bei der Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen zu prüfen. Ermittlungen sind nur soweit zu erstrecken, dass sich beurteilen lässt, ob der Erbe derzeit unbekannt ist.
2. Bei der Frage, ob der Erbe bekannt ist, ist nicht letzte Gewissheit erforderlich, sondern es genügt schon eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person Erbe geworden ist.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.02.2004; Aktenzeichen 2/9 T 628/03) |
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 51-VI H 335/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 25.000 Euro.
Gründe
Die am ... 8.2002 verstorbene Erblasserin errichtete am 14.8.2002 ein notarielles Testament zu Urkundenrolle-Nr. .../2002 - des Notars E.F. in O1 (Bl. 7 f. der Testamentsakten), mit dem sie die Beteiligte zu 1) zur Alleinerbin einsetzte. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die gesetzlichen Erben; der Beteiligte zu 2) hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt. Der Beteiligte zu 2) bezweifelt die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments, wobei wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz v. 9.9.2002 nebst Anlagen (Bl. 1 f. d.A.) verwiesen wird.
Die Antragstellerin - die Beteiligte zu 1) - hat vor dem LG Frankfurt/M., Az.: 2-07 O 283/02, gegen den Beteiligten zu 2) Klage auf Feststellung ihres Erbrechts erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Beschluss v. 16.9.2002 hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 4) zum Nachlasspfleger bestellt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das LG mit Beschluss v. 29.10.2002 im Verfahren mit dem Aktenzeichen 2/9 T 536/02 (Bl. 46 ff. d.A.) mit der Begründung zurückgewiesen, die Anordnung der Nachlasspflegschaft sei zu Recht gem. § 1960 Abs. 1, 2 BGB zur Sicherung des Nachlasses für die unbekannten Erben angeordnet worden. "Unbekannt" im Sinne der Vorschrift seien die Erben auch dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht ohne umfangreiche Ermittlungen vom Nachlassgericht festgestellt werden könnten, was aufgrund des detaillierten und durch eidesstattliche Versicherungen untermauerten Vortrags des Beteiligten zu 2), der zumindest zu Zweifeln an der Testierfähigkeit der Erblasserin Anlass geboten habe, der Fall gewesen sei.
Nach Einreichung von Stellungnahmen des beurkundenden Notars F. v. 23.10.2002 (Bl. 53 d.A.) und des Hausarztes G.H. v. 7.11.2002 (Bl. 58 d.A.) hat die Antragstellerin am 23.12.2002 beantragt, die Nachlasspflegschaft aufzuheben. Diesen Antrag hat das AG durch Beschluss v. 21.1.2003 (Bl. 105 d.A.) zurückgewiesen.
Durch Verfügung v. 21.3.2003 (Bl. 328 d.A.) hat das AG das Erbscheinsverfahren entsprechend § 148 ZPO bis zur Erledigung des Rechtsstreits vor dem LG Frankfurt/M., (LG Frankfurt/M. - 2-07 O 283/02), wegen Feststellung des Erbrechts ausgesetzt.
Mit Schriftsatz v. 27.3.2003 (Bl. 330 ff. d.A.) hat die Antragstellerin beim Nachlassgericht angeregt, nochmals zu prüfen, ob die Nachlasspflegschaft aufzuheben sei. Auf Nachfrage des AG hat sie mit Schriftsatz v. 8.5.2003 (Bl. 345 ff. d.A.) mitteilen lassen, dass hierin weder ein Rechtsmittel noch ein Antrag zu sehen sei. Nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz v. 4.7.2003 (Bl. 359 ff. d.A.) eine eidesstattliche Versicherung einer Ärztin I.J. v. 25.10.2002 eingereicht hatte und mit Schriftsatz v. 19.9.2003 (Bl. 381 ff. d.A.) mitgeteilt hatte, dass in einem einstweiligen Verfügungsverfahren des LG Frankfurt/M. im Verfahren 2/18 O 360/02 eine vorhergehend erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben worden sei, hat sie wiederum angeregt, die Nachlasspflegschaft unverzüglich aufzuheben.
Mit Schriftsatz v. 28.10.2003 (Bl. 398 ff. d.A.) hat sie beantragt, die Nachlasspflegschaft aufzuheben. Diesen Antrag hat das AG durch Beschluss v. 30.10.2003 (Bl. 405 ff. d.A.), auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz v. 4.11.2003 (Bl. 417 ff. d.A.) Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Aufhebungsantrag mit der Begründung aufrecht erhält, angesichts der nunmehr vorliegenden schriftlichen Erklärungen des beurkundenden Notars v. 23.10.2002 und des Hausarztes v. 7.11.2002 sowie der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin J. v. 25.10.2002 könne ein ernsthafter Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zum 14.8.2002 nicht mehr bestehen.
Das AG hat der Beschwerde mit Verfügung v. 21.11.2003 nicht abgeholfen. Das LG hat die Akten des LG Frankfurt/M. 2-07 O 283/02 und 2/18 O 360/02 zu Informationszwecken beigezogen. Durch den angefochtenen Beschluss, auf den gleichfalls Bezug genommen wird, hat es sodann die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragstellerin zwar zuzugeben sei, dass nach derzeitiger Aktenlage eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Testierfähigkeit der Erblas...