Leitsatz (amtlich)
- Ist eine ablehnende Entscheidung über einen Antrag auf Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach den Vorgaben des BVerfG vom 21.7.2010 den Anforderungen des neu gefassten § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB bereits gerecht geworden, so kann im Sinne der Kontinuität und Verlässlichkeit getroffener Regelungen, eine Abänderung nur unter den Voraussetzungen des § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB erfolgen.
- Wurde die gemeinsame elterliche Sorge in der Ausgangsentscheidung auf Grund fehlender Kommunikationsfähigkeit der Eltern abgelehnt, kann im Abänderungsverfahren die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht als geeignetes Instrument betrachtet werden, um das vom BVerfG für nötig gehaltene Mindestmaß an Übereinstimmung und Kooperationsfähigkeit herzustellen. Vielmehr sind umgekehrt im Sinne des Kindeswohls, zunächst diese Fähigkeiten einzuüben, bevor eine abändernde Entscheidung ergehen kann, denn die Gründe, die für eine Änderung sprechen, müssen die damit verbundenen Nachteile deutlich überwiegen.
Normenkette
BGB §§ 1626a, 1696 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Lampertheim (Beschluss vom 12.11.2013; Aktenzeichen 4 F 467/13 SO) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere unter Einhaltung der Beschwerdefrist des § 63 Abs. 1 FamFG eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das AG - Familiengericht - Lampertheim hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.11.2013 den Antrag des Antragstellers auf Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge für das betroffene Kind zurückgewiesen und es bei der alleinigen elterlichen Sorge der Kindesmutter belassen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss Bezug genommen.
Zuvor hatte das AG Lampertheim mit Beschluss vom 27.12.2010 unter dem Az. 4 F 640/10 SO einen gleichlautenden Antrag des Antragstellers vom 28.10.2010 zurückgewiesen. Einen weiteren Antrag des Antragstellers auf Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge vom 11.2.2013 hat das AG Lampertheim mit Beschluss vom 16.4.2013 unter dem Az. 4 F 86/13 SO zurückgewiesen.
Gegen den Beschluss vom 12.11.2013 richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Ziel weiter verfolgt. Dem Ansinnen des Antragstellers wird sowohl von der Antragsgegnerin als auch von Seiten des Jugendamtes und des Verfahrensbeistands im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Auf die Ausführungen des Jugendamtes vom 29.1.2014 und des Verfahrensbeistands vom 13.1.2014 wird Bezug genommen.
Der Senat schließt sich im Ergebnis der ausführlich begründeten Entscheidung des AG an.
Die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe gebieten eine Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht.
Es sind keine triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründe erkennbar, die eine Abänderung der vorhergehenden, das gemeinsame Sorgerecht ablehnenden, Entscheidungen des AG vom 27.12.2010 und 16.4.2013 bedingen, § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB.
Prüfungsmaßstab ist - insoweit weicht der Senat von der rechtlichen Einordnung des AG ab - nicht § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB, sondern § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Ausgangsentscheidung des AG vom 27.12.2010, in welcher erstmals der Antrag auf Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge für das betroffene Kind zurückgewiesen wurde, sich an den Vorgaben des BVerfG in seiner Entscheidung vom 21.7.2010 orientierte, wonach das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht (BVerfG FamRZ 2010, 1403, 1410). Der Gesetzgeber hat in der Folge in § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB, der am 19.5.2013 in Kraft getretenen ist, bestimmt, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam überträgt, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Die gesetzlichen Anforderungen an die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge sind damit niedriger als die vom BVerfG vorgegebenen, so dass sich die grundsätzliche Frage stellt, welcher Maßstab anzuwenden ist, wenn die Abänderung einer nach den Vorgaben des BVerfG ergangenen Entscheidung unter der Geltung des § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB n.F. begehrt wird.
In der vorliegenden Konstellation findet der Maßstab des § 1696 Abs. 1 S. 1 BGB Anwendung, da die Ausgangsentscheidung des AG vom 27.12.2010 den Voraussetzungen des § 1626a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB in der am 19.5.2013 in Kraft getretenen Fassung bereits gerecht geworden ist (so auch Dürbeck ZKJ 2013, 330, 335).
In der Ausgangsentscheidung vom 27.12.2010 hat das AG im Sinne einer negativen Kindeswohlprüfung festgestellt, dass Gründe vorliegen, die gegen die gemeinsam...