Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 3/11 O 74/02) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Klägerin.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Kostentragungspflicht nach Klagerücknahme wegen Wegfalls des Klageanlasses vor Rechtshängigkeit (§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO).
Die Klägerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung einer für die Beklagte eingetragenen Marke wegen Verfalls infolge fünfjähriger Nichtbenutzung (§§ 49, 53 MarkenG) beantragt. Nach Widerspruch durch die Beklagte hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Klägerin mit Schreiben vom 31.1.2002, zugestellt am 11.2.2002, auf den Weg der Löschungsklage vor den ordentlichen Gerichten (§ 55 MarkenG) verwiesen. Nachdem die Parteien über die Möglichkeit einer vergleichsweisen Regelung verhandelt hatten, wies die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 12.3.2002 und vom 23.4.2002 darauf hin, dass sie ungeachtet ihrer fortbestehenden Verhandlungsbereitschaft im Hinblick auf die Drei-Monats-Frist des § 49 Abs. 1 MarkenG gezwungen sei, bis zum 11.5.2002 Löschungsklage zu erheben, wenn eine Einigung bis zu diesem Zeitpunkt nicht zustande komme.
Am Montag, 13.5.2002, reichte die Klägerin die Löschungsklage ein. In der Klageschrift trug sie vor, dass die Beklagte die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre nicht benutzt habe. Mit Eingabe an das Deutsche Patent- und Markenamt vom 14.5.2002 verzichtete die Beklagte auf die Marke und unterrichtete die Klägerin über den Verzicht. Mit Telefax-Schriftsatz an das Gericht vom 21.5.2002 erklärte die Klägerin die Rücknahme der Klage und beantragte, der Beklagten gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kosten aufzuerlegen. Die Abschriften des Schriftsatzes vom 21.5.2002 und der Klageschrift wurden der Beklagten gemeinsam am 5.6.2002 zugestellt.
Die Beklagte hat beantragt, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Sie hat geltend gemacht, der Verzicht auf die Marke sei lediglich erfolgt, weil sie aus unternehmerischen Gründen ohnehin kein Interesse an der Marke mehr habe; diese Entscheidung sei ihr von den Anwälten ihrer amerikanischen Muttergesellschaft erst am 13.5.2002 übermittelt worden. Weiter hat die Beklagte im Einzelnen vorgetragen, wie und wann sie die Marke rechtserhaltend benutzt habe. Die Klägerin ist diesem Vortrag entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 28.8.2002 hat das LG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe eine rechtserhaltende Benutzung hinreichend dargelegt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der sofortigen Beschwerde.
II. Die zulässige Beschwerde hat i.E. keinen Erfolg.
Nachdem der Klageanlass vor Rechtshängigkeit weggefallen ist und die Klage daraufhin unverzüglich zurückgenommen worden ist, waren der Klägerin gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Denn unter Berücksichtigung des „bisherigen”, d.h. bis zum Zeitpunkt der Klagerücknahme bestehenden Sach- und Streitstandes kann nicht hinreichend sicher beurteilt werden, ob die Klage ohne den zum Wegfall des Klageanlasses führenden Verzicht der Beklagten auf die Marke voraussichtlich Erfolg gehabt hätte; unter diesen Umständen entspricht es nicht der Billigkeit, die Beklagte mit Kosten des Rechtsstreits zu belasten.
1. Im Rahmen einer nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung können nach Auffassung des erk. Senats dem Beklagten die Kosten nur dann aus Billigkeitsgründen auferlegt werden, wenn mit den Mitteln, die im Verfahren nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO zur Verfügung stehen, festgestellt werden kann, dass das Klagebegehren ursprünglich gerechtfertigt war. Denn wenn dem Kläger der geltend gemachte Anspruch objektiv nicht zustand, kann dem Beklagten grundsätzlich kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sich ggü. dem ungerechtfertigten Anspruchsbegehren des Klägers nicht, zu spät oder nicht deutlich genug verteidigt hat (vgl. hierzu BGH GRUR 1995, 167 [169] – Kosten bei unbegründeter Abmahnung; OLG Frankfurt v. 17.8.2001 – 6 W 91/01, OLGReport Frankfurt 2001, 281). Auch der Gesetzgeber ist bei Schaffung der Vorschrift des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO davon ausgegangen, dass eine Kostentragungspflicht des Beklagten jedenfalls voraussetzt, dass das Klagebegehren ursprünglich gerechtfertigt war. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Reform des Zivilprozesses soll die Neuregelung es ermöglichen, einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch des Klägers Rechnung zu tragen, ohne dass ein neues Verfahren erforderlich wird (BT-Drucks. 14/4722, 81). Ein solcher materiell-rechtlicher Anspruch auf Erstattung der Verfahrenskosten setzt aber – gleich aus welchem Rechtsgrund – ebenfalls voraus, dass das geltend gemachte Klagebegehren ursprünglich berechtigt war.
Die demnach für die Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO vorrangig zu klärende Frage, ob der Klageanspruch ursprünglich bestanden ...