Leitsatz (amtlich)

Der Bereicherungsanspruch desjenigen, der auf einem fremden Grundstück Aufwendungen in der Erwartung macht, ihm werde das Grundstück dauerhaft unentgeltlich zur Nutzung überlassen, bemisst sich nur nach den Vorteilen, die der Eigentümer daraus erzielt, dass er das Objekt vorzeitig zurückerhält, indem er etwa nunmehr einen höheren Mietzins erzielt, wogegen die ggf. eingetretene Werterhöhung des Grundstücks nicht maßgeblich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 601, 683, 670, 812

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 21.12.2005; Aktenzeichen 9 O 294/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 9. Zivilkammer des LG Kassel vom 21.12.2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers auf Seiten der Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder der Streithelfer der Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die Ehefrau des Streithelfers und Schwiegertochter der Beklagten. Im Jahre 1980 gestattete die Beklagte der Klägerin und dem Streithelfer auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück ... weg ... in O1 die Errichtung eines unterkellerten Fertighauses. Noch vor Durchführung des Bauvorhabens nahm die Beklagte von einer ins Auge gefassten Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Klägerin und den Streithelfer Abstand. Das Bauvorhaben finanzierten die Klägerin und der Streithelfer durch Aufnahme eines Darlehens i.H.v. 200.000 DM, das u.a. durch eine zu Lasten des Grundstücks der Beklagten mit deren Einwilligung bestellte Grundschuld abgesichert wurde.

Das errichtete Fertighaus bewohnten die Klägerin und der Streithelfer in der Folgezeit gemeinsam. Im Jahre 2003 trennte sich der Streithelfer von der Klägerin und zog aus dem Haus aus. Seitdem wird das Haus nebst Grundstück von der Klägerin allein bewohnt und genutzt.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Wertersatz i.H.v. 50.000 EUR, hilfsweise auf Zahlung eines monatlichen Wertersatzes i.H.v. 350 EUR ab ihrem Auszug, hilfsweise auf Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zu ihren Gunsten und zugunsten des Streithelfers und schließlich hilfsweise auf Gestattung der Wegnahme des Hauses in Anspruch genommen. Zur Begründung hat die Klägerin angeführt, das Grundstück der Beklagten habe durch den Hausbau bis heute eine Werterhöhung von mindestens 100.000 EUR erfahren. Insoweit hat die Klägerin die Auffassung vertreten, von diesem Betrag stehe ihr die Hälfte zu, weil rechtlicher Grund und Geschäftsgrundlage für den Hausbau ihr eheliches Zusammenleben mit dem Streithelfer gewesen sei. Beides sei mit dem Auszug des Streithelfers und der Trennung von ihr weggefallen. Die Beklagte hat das von der Klägerin hilfsweise geltend gemachte Begehren, ihr und dem Streithelfer zu gestatten, das Haus nebst Einrichtungen vom Grundstück zu entfernen, anerkannt und bezüglich der weiter von der Klägerin gestellten Anträge beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird hinsichtlich des diesem Rechtsstreit zugrundeliegenden Sachverhalts auf die tatsächlichen Feststellungen des LG im angefochtenen Urteil vom 21.12.2005 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Durch dieses Teilanerkenntnis- und Schlussurteil, auf dessen Entscheidungsgründe ebenfalls Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte ihrem Anerkenntnis gem. verurteilt, es der Klägerin und dem Streithelfer zu gestatten, das Haus nebst Nebeneinrichtungen vom Grundstück zu entfernen. Die weitergehende Klage hat das LG abgewiesen und zur Begründung angeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von Wertersatz in Höhe eines einmaligen Betrages von 50.000 EUR oder in Form monatlicher Beträge von 350 EUR ab ihrem Auszug aus dem streitgegenständlichen Haus weder als Aufwendungsersatz aus einem zwischen den Parteien bestehenden Leihverhältnis noch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage und auch nicht nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften zu. Ebenso wenig könne die Klägerin von der Beklagten die Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts verlangen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie dessen Abänderung und Verurteilung der Beklagten über das Teilanerkenntnisurteil hinaus begehrt, an sie, zahlbar jeweils zum Ende eines jeden Monats, fällig erstmals zum ersten des auf ihren Auszug folgenden Monat, einen monatlichen Wertersatz i.H.v. zur Zeit 350 EUR pro Monat zu zahlen, hilfsweise an sie 50.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2005 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die fristgerecht nach Zustellung des landgerichtlichen Urt...

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