Entscheidungsstichwort (Thema)
Notarhaftung bei Verstoß gegen Treuhandvertrag
Normenkette
BNotO § 19 Abs. 1, § 23
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 4 O 316/03) |
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz in Anspruch, weil er im Zusammenhang mit der Abwicklung von drei Grundstückskaufverträgen gegen bestehende Auflagen aus den Treuhandaufträgen verstoßen habe.
Die Klägerin war die jeweils kreditfinanzierende Bank der Grundstückskäufer B einerseits und A andererseits. Der Beklagte beurkundete am 28.8.2000 zu UR-Nr. ... einen Kaufvertrag zwischen den Eheleuten B und der Firma D-gesellschaft mbH über eine mit der Nr. ... bezeichnete Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus in O1 zum Preis von 108.394 DM. Am 4.9.2000 beurkundete der Beklagte zu UR-Nr. ... und UR-Nr. ... zwei Grundstückskaufverträge zwischen dem Käufer A und der Firma D-gesellschaft mbH über zwei Eigentumswohnungen in O1. Die Wohnung mit der Nr. ... wurde zu einem Kaufpreis von 233.376 DM und die Wohnung mit der Nr. ... zu einem Preis von 202.956 DM veräußert. Sämtliche Kaufverträge enthalten die jeweils gleichlautende Bestimmung, wonach alle Zahlungen auf ein noch zu benennendes Konto des amtierenden Notars bei der K-bank O2 eG erfolgen sollten. Wegen der weiteren Einzelheiten der jeweiligen Grundstückskaufverträge wird auf die Anlagen K 6, K 13 und K 14 zur Klageschrift Bezug genommen. In allen drei Fällen wurden die Kaufverträge beurkundet, ohne dass dabei die Kaufvertragsparteien persönlich anwesend waren; vielmehr wurden diese jeweils von Frau Z1, einer Notariatsangestellten des Beklagten, zunächst vollmachtlos vertreten, wobei die abgegebenen Willenserklärungen später von den Kaufvertragsparteien genehmigt wurden. Die Klägerin gewährte den Käufern B ein Darlehen i.H.v. 86.565 DM (= 44.259,98 EUR) und dem Käufer A zwei Darlehen über
188.055 DM (= 96.150,99 EUR für die Wohnung Nr. ...) und über
163.180 DM (= 83.432,61 EUR für die Wohnung Nr. ...).
In allen drei Fällen schloss die Klägerin mit dem Beklagten Treuhandverträge ab, die u.a. vorsahen, dass über den Darlehensbetrag nur verfügt werden dürfe, wenn der "gesamte Kaufpreis belegt ist". Wegen der Einzelheiten der Vertragsgrundlagen wird auf die Anlagen K 5 und K 17 zur Klageschrift verwiesen. Noch vor Abschluss der beiden Treuhandaufträge in Sachen A hatte der Beklagte von der Firma D-gesellschaft per Telefax vom 29.9.2000 zwei "unwiderrufliche Zahlungsanweisungen" erhalten, wonach hinsichtlich der Wohnung Nr. ... ein Teilbetrag über 37.611 DM und hinsichtlich der Wohnung Nr. ... ein Teilbetrag i.H.v. 32.636 DM aus der Hinterlegungssumme an den Käufer A überwiesen werden sollten. Ebenfalls noch vor Abschluss der Treuhandaufträge B und A Nr. ... beziehungsweise zeitgleich mit Abschluss des Treuhandauftrages A Nr. ... erhielt der Beklagte von der D-gesellschaft mbH jeweils in etwa gleichlautende Telefaxschreiben, wonach die von den Käufern geschuldeten Restkaufpreise gezahlt worden seien. Unter anderem diese Zahlungsbestätigungen nahm der Beklagte zum Anlass, über die von der Klägerin auf den Notaranderkonten hinterlegten Darlehensbeträge entsprechend den Weisungen der Verkäuferin zu verfügen. Im Übrigen wird hinsichtlich der konkreten Abwicklung der jeweiligen Kauf- und Treuhandaufträge auf die ausführliche Darstellung im Tatbestand des Urteils des LG Limburg vom 7.9.2004 Bezug genommen. Die den Käufern gewährten Kredite wurden notleidend; die Klägerin ließ die Ansprüche ihrer Darlehensnehmer zwischenzeitlich pfänden und an sich überweisen.
In erster Instanz hat die Klägerin den Beklagten im Hauptantrag auf Schadensersatz i.H.v. EUR 224.065,99 in Anspruch genommen, hilfsweise Zug um Zug gegen Abgabe eines jeweils notariellen Angebots zur Übertragung der auf den jeweiligen Wohnungen lastenden Grundschulden sowie gegen Abtretung der Ansprüche aus den jeweiligen Darlehensverträgen. Sie hat vorgetragen, der Beklagte habe seine Amtspflichten verletzt, weil er die Darlehensvaluta in allen drei Fällen bereits vor Erfüllung sämtlicher Treuhandauflagen ausgezahlt habe. Zugleich wirft sie dem Beklagten betrügerisches Verhalten und Amtsmissbrauch vor und stützt ihren Anspruch ergänzend aus übergegangenem Recht auf behauptete Amtspflichtverletzungen ggü. den Grundstückskäufern.
Das LG hat der Klage auf den Hilfsantrag hin im Wesentlichen stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von 223.843,58 EUR Zug um Zug gegen Abgabe notarieller Angebote zur Übertragung der jeweils mithaftenden Grundschulden sowie gegen Abtretung der Ansprüche aus den Darlehensverträgen verurteilt. Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat zur Begründung ausgeführt, der Beklagte habe seine Pflichten aus den jeweiligen Treuhandverträgen verletzt, weil er die auf den Notaranderkonten zur Verfügung gestellten Darlehensbeträge ausgezahlt habe, obgleich die Treuhandauflage "Belegung des gesamten Kaufpreises" nicht erfüllt gewesen sei. Diese Treuhandauflage sei ...