Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllungsgarantie auf erstes Anfordern; Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme einer Erfüllungsgarantie auf erstes Anfordern
Leitsatz (amtlich)
Kennzeichnend für eine Garantie auf erstes Anfordern ist, dass die Zahlungsaufforderung durch den Begünstigten formalisiert ist und nach dem Grundsatz der Garantiestrenge so abgegeben werden muss, wie sie in der Garantieurkunde festgelegt ist.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen 3-9 O 19/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main vom 24.2.2015 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Ergänzend ist festzuhalten, dass die streitgegenständliche Erfüllungsgarantie vertragsgemäß bis zum 3.10.2011 befristet war.
Das LG hat die Klage auf Zahlung aus einer von der Beklagten übernommenen Erfüllungsgarantie (Performance Guarantee) abgewiesen mit der Begründung, dass die Inanspruchnahme der Erfüllungsgarantie durch die Klägerin formal fehlerhaft sei. Weder das Inanspruchnahme-Schreiben der Klägerin vom 2.3.2011 noch das Schreiben vom 29.3.2011 enthielten den in der Garantieurkunde verlangten Erklärungsgehalt. Die Klägerin habe auch bis zum 3.10.2011 kein die Voraussetzungen der Garantieurkunde erfüllendes Anspruchsschreiben an die Beklagte gerichtet.
Bei der von der Beklagten gegenüber der Klägerin abgegebenen Garantie handele es sich um eine solche auf erstes Anfordern. Der Zahlungsanspruch bestehe in diesem Fall ohne Prüfung der materiellen Voraussetzungen bereits dann, wenn der Begünstigte behaupte, der Garantiefall sei eingetreten. Weil die Garantie auf erstes Anfordern lediglich auf den formalen Garantiefall abstelle, gelte für die Erfüllung der Voraussetzungen der Anforderungen der Garantieurkunde eine besondere Formenstrenge.
Zwar entspreche die Formulierung in dem Schreiben vom 2.3.2011 "secured by you" dem Wortlaut der Garantieurkunde, nicht jedoch der nach dieser Urkunde abzugebenden Erklärung der Begünstigten, wonach die Klägerin im Anspruchsschreiben "secured by us" hätte formulieren müssen. Diese Abweichung könnte entgegen der Klägerin auch nicht als unerheblich angesehen werden. Sehe eine Bankgarantie auf erstes Anfordern für die Inanspruchnahme der Garantie bestimmte Angaben vor, ohne den Wortlaut vorzuschreiben, so könnten die Angaben zwar auch durch Bezugnahme auf die Garantieurkunde gemacht werden (BGH, Urteil vom 10.10.2000, XI ZR 344/99), jedoch verlange die Garantieurkunde vorliegend eine besondere Bestätigung der Klägerin, dass die X als Contractor haftbar geworden sei für eine Forderung, die durch die Klägerin gesichert sei. Diese Anforderung der Garantieurkunde könne nicht durch Bezugnahme auf die Urkunde selbst erfüllt werden. Hinzu komme, dass es auch materiell einen Unterschied mache, ob die in Bezug genommene Forderung durch die Klägerin oder die Beklagte gesichert sei.
Die Klägerin hat am 25.3.2015 gegen das ihr am 26.2.2015 zugestellte Urteil des LG fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 27.4.2015 (Montag) fristgerecht begründet.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter.
Zur Begründung der Berufung führt die Klägerin an, dass die Inanspruchnahme formell wirksam durch Bezugnahme auf die Garantieurkunde erfolgt sei. Anstelle der in der Erfüllungsgarantie geforderten Erklärung, dass der Zahlungsanspruch von der Klägerin garantiert wurde, habe die Klägerin im Schreiben vom 2.3.2011 versehentlich formuliert, dass der Zahlungsanspruch von der Beklagten garantiert wurde. Zutreffend habe aber das LG gesehen, dass Angaben, die vom Garantiebegünstigten für die Inanspruchnahme der Garantie verlangt werden, nach der Rechtsprechung des BGH (XI ZR 344/99, NJW 2001, 282 [BGH 10.10.2000 - XI ZR 344/99]) durch Bezugnahme auf die Garantieurkunde gemacht werden können. Dann habe das LG jedoch erklärt, dass eine von der Garantieurkunde verlangte Erklärung nicht durch Bezugnahme auf die Garantieurkunde gemacht werden könne, was als Differenzierung nicht nachvollziehbar sei.
Das vom LG geforderte Bedürfnis nach einer gesonderten Bestätigung der Garantiebegünstigten ergebe sich nicht aus der Garantieurkunde. Auch der BGH (a.a.O.) erlaube für die Abgabe von Erklärungen durch den Garantiebegünstigten die Bezugnahme auf die Garantieurkunde; im dort...