Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit eines Verkaufs mit Rückanmietung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Kaufvertrag über einen Pkw und ein zugleich geschlossener Vertrag über die Rückanmietung des Pkw durch den Verkäufer von dem Käufer, der dem Verkäufer die faktische Möglichkeit gewährt, das Fahrzeug nach Ende des Mietverhältnisses zurückzuerwerben, sind wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO unwirksam, wenn die von dem Mieter vertraglich zu erbringenden Leistungen über einen Nutzungsersatz für das Fahrzeug und den als Kapital überlassenen Kaufpreis hinausgehen.

2. Kauf- und Mietvertrag, die nur gemeinsam geschlossen werden, sind dabei als Einheit zu betrachten.

3. Aufwendungen, die hypothetisch bei einer Pfandleihe angefallen wären, sind nicht zusätzlich zu berücksichtigen.

4. Bei der Rückabwicklung hat der Verkäufer den Kaufpreis zu erstatten.

5. Die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verträge erfasst auch das dingliche Rechtsgeschäft der Eigentumsübertragung an dem Fahrzeug auf den Käufer und Vermieter.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 S. 1, §§ 535, 817 S. 1; GewO § 34 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 24.09.2020; Aktenzeichen 2-26 O 44/20)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.11.2022; Aktenzeichen VIII ZR 290/21)

BGH (Beschluss vom 04.10.2022; Aktenzeichen VIII ZR 290/21)

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. - 26. Zivilkammer - vom 24.9.2020 (Az.: 2-26 O 44/20) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils hinsichtlich der beiden genannten Daten des 12.1.2020 wegen offenbarer Unrichtigkeit jeweils berichtigt wird in 7.1.2020 und dass als Datum der Rechtshängigkeit, von dem an Zinsen zu zahlen sind, der 13.3.2020 festgesetzt wird.

Auf die Hilfswiderklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 3.000,- EUR zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Zweitschlüssel und der Zulassungsbescheinigung Teil II für das im Tenor des Urteils des Landgerichts genannte Fahrzeug. Im Übrigen wird die Hilfswiderklage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz hat die Beklagte zu tragen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 13 % und die Beklagte 87 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.693,- EUR festgesetzt.

I. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO:

Die Beklage betreibt bundesweit mit 20 Filialen ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus mit online-Anbindung. Sie verfolgt das Geschäftsmodell, dass sie Eigentümern von Kraftfahrzeugen dieses Kraftfahrzeug abkauft und es ihnen für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt unmittelbar zur Miete überlässt. Nach Ende der Mietzeit soll sie das Fahrzeug öffentlich versteigern. Für die Fälle, in denen der Mieter das Fahrzeug nach Ablauf des Mietvertrages nicht zurückgibt, unterhält sie in Stadt1 eine Abteilung, das sogenannte Rückführungsmanagement. Diese Abteilung bearbeitet die zu 'Protest' gegangenen Mietverträge, bereitet die Rückführung der Fahrzeuge vor, führt diese durch und überwacht sie, lässt die Fahrzeuge begutachten, lagert sie ein und meldet sie zur Versteigerung an. Die Versteigerungen erfolgen immer in Stadt1.

Die Klägerin war Eigentümerin des Pkw Marke2 Typ2, Erstzulassung 29.9.2017, amtliches Kennzeichen ..., (Blatt 155, 247 der Akte). Unter dem 7.1.2020 schlossen die Parteien in einer Filiale der Beklagten in Stadt1 zwei Verträge. Mit dem Kaufvertrag veräußerte die Klägerin ihren Pkw bei einem Kilometerstand von 57 771 zum Preis von 3.000,- EUR an die Beklagte. Das Eigentum an dem Fahrzeug sollte mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages auf die Beklagte übergehen. Gemäß § 6 a des Vertrages beabsichtigte die Klägerin, das Fahrzeug von der Beklagten zur Nutzung zurückzumieten. Ferner ist in dem Vertrag auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagte verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Anlage K1, Blatt 41 ff. der Akte) Bezug genommen.

Mit Mietvertrag vom selben Tage mietete die Klägerin das Fahrzeug von der Beklagten "im Rahmen des Vertragsmodells 'sale-and-rent-back'" für die Zeit vom Vertragsschluss am 7.1.2020 an bis zum 7.7.2020. Der monatliche Mietzins, der ein reines Entgelt für die Gebrauchsüberlassung ohne Kapitalrückzahlung darstellen sollte, betrug gemäß § 5 des Mietvertrages 415,80 EUR, gemäß § 7 d) des Mietvertrages durch die Übernahme der Kosten für Steuern, Versicherung, Wartung und Reparaturen durch die Klägerin rabattiert um 118,80 EUR auf monatlich 297,- EUR. Gemäß § 5 e), g) des Mietvertrages waren die erste Miete eingehend bei der Beklagten 14 Tage nach Abschluss des Mietver...

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