Leitsatz (amtlich)
Keine Rückabwicklung eines grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensgeschäfts, das zum Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken eingegangen wurde.
Normenkette
BGB pVV; HwiG § 1; HWiG § 3
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 3 O 27/05) |
Gründe
Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Darlehensvertrages, den er mit der Beklagten zur Finanzierung des Erwerbs zweier Eigentumswohnungen zu Steuersparzwecken abgeschlossen hat.
Mit notariellem Vertrag von 8.11.1999 erwarb der Kläger zwei Eigentumswohnungen in... zum Preis von 293.767 DM. Am 20.11.1999 schloss er mit der Beklagten zur Finanzierung zwei Darlehensverträge über 190.000 DM und 120.000 DM. Beide Darlehen wurden durch eine Grundschuld an den erworbenen Wohnungen abgesichert. Die Darlehensverträge enthalten eine Widerrufsbelehrung.
Nachdem der Kläger die Darlehensverträge zunächst vereinbarungsgemäß erfüllt hatte, widerrief er diese am 29.11.2002 unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Rückzahlung der Erwerbskosten und der auf das Darlehen erbrachten Zahlungen abzgl. der Mieteinnahmen, hilfsweise Zug um Zug gegen Übereignung der Wohnungen, sowie Rückgabe der Grundschulden und negative Feststellung. Das LG hat die Klage durch Urteil vom 26.5.2006, auf dessen tatsächliche Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, abgewiesen.
Gegen dieses, ihm am 14.6.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.7.2006 eingelegte und am 14.8.2006 begründete Berufung des Klägers, der an seinen erstinstanzlichen Anträgen festhält.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache indes keinen Erfolg.
I. Der Kläger kann seine Anträge nicht auf § 3 HWiG stützen. Dabei kann dahinstehen, ob dem Abschluss von Kauf- und Darlehensverträgen - wie der Kläger behauptet - tatsächlich Verhandlungen mit dem Vermittler in seiner Wohnung vorausgingen. Auch wenn man hiervon zugunsten des Klägers ausgeht, beruht der Abschluss der Darlehensverträge auf diesen Verhandlungen nicht mehr.
Ein Widerrufsrecht des Verbrauchers aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG besteht nur, wenn er durch mündliche Verhandlungen in einer Haustürsituation zu seiner späteren Vertragserklärung bestimmt worden ist. Dabei genügt es, dass er in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war (BGH, Urt. v. 20.1.2004 - XI ZR 460/02; Urteil vom 8.6.2004 - XI ZR 167/02; Urteil vom 9.5.2006 - XI ZR 119/05). Die Willenserklärung des Verbrauchers muss im entscheidenden Beweggrund durch die Haustürsituation veranlasst worden sein. Auch wenn dabei eine Mitverursachung genügt, so ist doch erforderlich, dass der Vertrag ohne die Überrumpelung nicht oder zumindest nicht so zustande gekommen wäre.
Ist die Vertragserklärung nicht unmittelbar in der Haustürsituation sondern zeitlich danach abgegeben worden, so muss im Einzelfall geprüft werden, ob das durch die Verhandlungen in der Privatwohnung geschaffene Überraschungsmoment noch fortgewirkt hat. Dazu ist enger zeitlicher Zusammenhang nicht unbedingt erforderlich (BGH, Urt. v. 26.10.1993 - XI ZR 42/3-; Urteil vom 16.1.1996 - XI ZR 116/95; Urteil vom 20.5.2003 - XI ZR 248/02). Liegt er vor, so kann auf das Fortwirken zwingend geschlossen werden. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand aber nimmt die Indizwirkung ab und entfällt schließlich ganz (BGH, Urt. v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02; Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02; Urteil vom 22.10.2003 -IV ZR 398/02; Urteil vom 9.5.2006 - XI ZR 119/05). In diesen Fällen kann auf die Kausalität der Überrumpelung nur noch durch Würdigung aller Umstände im Einzelfall geschlossen werden.
Welcher Zeitraum hierfür erforderlich ist und welche Bedeutung anderen Umständen im Rahmen der Kausalitätsprüfung zukommt, ist Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die in der Revision nur beschränkt überprüft werden kann (BGH, Urt. v. 21.1.2003 - XI ZR 125/02; Urteil vom 18.3.2003 - XI ZR 188/02; Urteil vom 20.5.2003 -ZR 248/02; Urteil vom 22.10.2003 -IV ZR 398/02; Urteil vom 20.1.2004 - XI ZR 460/02; Urteil vom 9.5.2006 - XI ZR 119/05), so dass insoweit den Entscheidungen des BGH nur bedingte Aussagekraft zukommt. In diesen Entscheidungen hat der BGH bislang offen gelassen, ob ein Anscheinsbeweis zugunsten des in einer Haustürsituation geworbenen Verbrauchers nach der allgemeinen Lebenserfahrung gewöhnlich schon nach einer Woche entfällt (BGH, Urt. v. 9.5.2006 - XI ZR 119/05), hat aber einen Zeitraum von knapp drei Wochen hierfür jedenfalls dann ausreichen lassen, wenn weitere, den Kausalverlauf in Frage stellende Umstände hinzutreten (BGH, Urt. v. 9.5.2006 - XI ZR 119/05).
Im vorliegenden Fall kann von einer Kausalität der Haustürsituation für den späteren Abschluss des Darlehensvertrages nicht mehr ausgegangen werden. Unter Zugrundelegung...