Leitsatz (amtlich)
1. Neben dem Einwendungsdurchgriff nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG kommt ein allgemeiner Einwendungsdurchgriff nach § 242 BGB nicht in Betracht, weil § 9 VerbrKrG als abschließende Sonderregelung zu sehen ist (Anschluss an BGH v. 27.1.2004 - XI ZR 37/03, MDR 2004, 641 = BGHReport 2004, 819 = NJW 2004, 1376).
2. Für einen Wissensvorsprung der Bank, der eine Aufklärungspflichtverletzung begründen kann, kann relevant sein, dass ein ganz erheblicher Teil des Kaufpreises für Provisionen gezahlt wurde und die Bank erkennt, dass dies zu einer so wesentlichen Verschiebung zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, die als sittenwidrige Übervorteilung des Käufers angesehen werden muss (hier: 33 %).
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 02.05.2002; Aktenzeichen 3 O 74/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Darmstadt vom 2.5.2002 nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Darmstadt zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank den Verzicht auf Ansprüche aus Darlehensverträgen, Rückzahlung eines Teils der auf das Darlehen geleisteter Zahlungen und die Feststellungen, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftig noch entstehende Schäden zu ersetzten.
Die Klägerin kaufte von der Firma ABC Immobilien GmbH (ABC) eine Eigentumswohnung in O1 bei ... für 299.988 DM. Der am 18.10.1993 von der Klägerin persönlich vor dem streitverkündeten Notar N1 geschlossene notarielle Kaufvertrag (Bl. 32 ff. d.A.) kam auf Vermittlung des Immobilienmaklers Y bzw. dessen Firma Z zustande. Die Eigentumsübertragung ist bis heute nicht vollzogen. Mit Herrn Y schloss die Klägerin unter dem 21.12.93 zugleich einen "Mietvermittlungs- und Mietgarantievertrag" (Bl. 60 ff. d.A.), der eine Mietzinsgarantie von 1.216 DM monatlich für die Dauer von fünf Jahren enthält.
Die ABC hatte das Grundstück 1992 erworben. Eine damals auf die ... bank eingetragene Globalgrundschuld über 1 Mio. DM wurde unter dem 2.7.93 an die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die ...-Bank AG (...-Bank), abgetreten. Die Bauträgerfinanzierung O1 wurde im Juli 1993 mit einem Kontokorrentkredit über 3,5 Mio. DM durch die ...-Bank-Mitarbeiter Z1 und Z2 genehmigt.
Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die Klägerin - ebenfalls persönlich - mit der ...-Bank am 17. 11./23.12.93 (Bl. 50 ff. d.A.) und 21./23.12.93 (Bl. 53 ff. d.A.) zwei Darlehensverträge über 212.000 DM und 25.000 DM. Diese Verträge kamen auf Vermittlung des Herrn Z3 (bzw. dessen Firma T) zustande, der die erforderlichen Formulare zur Verfügung hatte, nach Ausfüllen bei der ...-Bank einreichte und hierfür von dieser eine Provision erhielt.
Die Klägerin widerrief diese Darlehensverträge mit Schreiben vom 10.10.2000.
Wegen des Sachverhalts im Weiteren und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Zu ergänzen ist:
Gegen den Vermittler Z3 und den Streithelfer sind von der StA Mannheim (615 Js 13925/99) bzw. Darmstadt (14 Js 24291/96) jeweils Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Gegen den Streithelfer ist im Februar 2002 Anklage wegen Bestechlichkeit erhoben worden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit Urteil vom 2.5.2002 hat das LG die Klage abgewiesen. Wegen der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 384 ff. d.A.) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin.
Der streitverkündete Notar N1 hat mit Schriftsatz vom 2.7.2002 (Bl. 482 d.A.) in zweiter Instanz seinen Beitritt zum Rechtsstreit aufseiten der Beklagten erklärt.
Die Klägerin trägt vor:
Das LG hätte über die Behauptungen der Klägerin Beweis erheben müsse, Herr Z3 bzw. dessen Firma T GmbH sei sowohl als Darlehens- als auch als Objektvermittler tätig gewesen und Herr Y als Untervermittler aufgetreten; Herr Z3 sei vonseiten der ...-Bank für den Vertrieb der vollfinanzierten Kapitalanlageimmobilie beauftragt und bevollmächtigt gewesen sei und es ihm ausdrücklich erlaubt gewesen sei, mit der Bezeichnung ihrer Bank zu werben; Herr Z3 habe seit 1992 ein Büro in den Räumen der ...-Bank O2 unterhalten und dort freien Zugang zur EDV-Anlage sowie allen Bankformularen und Geschäftsunterlagen gehabt.
Darüber hinaus habe das LG unter Missachtung des klägerischen Sachvortrages festgestellt, dass eine Haustürsituation nicht hinreichend dargestellt worden sei. Dabei ignoriere das Gericht entsprechenden Sachvortrag vonseiten der Klägerin.
Das LG sei aufgrund der unterlassenen Beweisaufnahme zu dem falschen Ergebnis gelangt, dass der Kaufpreis für die Eigentumswohnung nicht sittenwidrig überhöht gewesen sei. Diese Beweisaufnahme sei aber bereits deshalb erforderlich gewesen, weil sowohl die handelnden Bankmitarbeiter als auch der beurkundende Notar Schmier- und Bestechungsgelder erhalten hätte.
Darüber hinaus sei das LG zu dem falschen Ergebnis gelangt, dass nicht...