Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Entgeltklausel für die Führung eines Pfändungsschutzkontos in Banken-AGB
Leitsatz (amtlich)
Eine Entgeltklausel, wonach für das Führen eines Pfändungsschutzkontos ein (weitaus) höheres monatliches Entgelt verlangt wird als für das Führen des allgemeinen Girokontos, stellt eine unangemessene Benachteiligung der privaten Kunden gem. § 307 Abs. 1 BGB dar, weil das - auf entsprechendes Verlangen des Kunden - Führen eines Girokontos als Pfändungsschutzkonto i.S.d. § 850k Abs. 7 Satz 2 ZPO eine Dienstleistung zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht darstellt, für die eine Bank auch dann kein Entgelt verlangen kann, wenn sie dadurch höhere Aufwendungen hat.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1, § 675f Abs. 2, 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.09.2011; Aktenzeichen 2/10 O 149/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 29.9.2011 abgeändert.
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu drei Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, für Bankgeschäfte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis und/oder Preisaushang die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Vergütungsklausel zu verwenden, soweit es sich nicht um Verträge mit einem Unternehmer handelt:
"Kapitel B
I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)
1. Preismodelle für Privatkunden
Pfändungsschutzkonto
Grundpreis p. M. 11,55 EUR".
2. Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist.
Die Beklagte verwendete bis zu deren späterer Änderung gegenüber ihren (privaten) Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen, die ein Preis- und Leistungsverzeichnis (Stand: 31.10.2009) enthielten (Anlage BB1 - im Anhang zur Berufungserwiderung). Unter Abschnitt B (Preise und Leistungsmerkmale bei der Kontoführung und der Erbringung von Zahlungsdiensten) wurde für ein "Girokonto Standard" ein Grundpreis von 1,55 EUR p. m. ausgewiesen. Hinzu kamen diverse Kostenpreise. Für ein "Pfändungsschutzkonto" wurde ein Grundpreis von 11,55 EUR berechnet. Beleghafte Überweisungen und Bargeschäfte an der Kasse wurden jeweils mit weiteren 2,50 EUR je Posten berechnet.
Der Kläger wendet sich gegen die Berechnung eines Grundpreises von 11,55 EUR für die Führung eines Pfändungsschutzkontos (im Folgenden: P-Konto).
Er hat die Beklagte wegen Verwendung der Regelung
"Kapitel B
I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)
1. Preismodelle für Privatkunden
Pfändungsschutzkonto
Grundpreis p. M. 11,55 EUR"
mit Schreiben vom 2.11.2010 vergeblich abgemahnt und mit der Klage von der Beklagten, soweit Bankgeschäfte mit privaten Kunden getätigt werden, die Unterlassung der Verwendung dieser (oder inhaltsgleicher) Vergütungsklauseln verlangt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Regelung handele es sich um eine der AGB-Kontrolle unterworfene Preisnebenabrede, mit der die Beklagte für eine Dienstleistung, die einer gesetzlichen Pflicht entspreche, ein nicht vorgesehenes Entgelt verlange, das zudem erheblich höher sei als das Entgelt für die Führung eines Standard-Girokontos.
Er hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu drei Monaten, zu vollstrecken an den Vorstandsmitgliedern, zu unterlassen, für Bankgeschäfte in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis und/oder Preisaushang die folgende oder eine dieser inhaltsgleiche Vergütungsklausel zu verwenden, soweit es sich nicht um Verträge mit einem Unternehmer handelt:
"Kapitel B
I. Persönliche Konten (Lohn, Gehalt, Rentenkonto)
1. Preismodelle für Privatkunden
Pfändungsschutzkonto
Grundpreis p. M. 11,55 EUR".
2. dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Beklagten auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im Übrigen auf eigene Kosten, bekannt zu machen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Preisklausel um eine nicht prüffähige Preishauptabrede handele, weil die Kontoführung auch dann eine Hauptleistung aus dem Giroverhältnis im Sinne eines Zahlungsdienstrahmenvertrages i.S.d. § 675 Abs. 2 BGB darstelle, wenn der Kunde zusätzlich die Führung eines P-Kontos beantrage. Zudem benachteilige die Entgeltbestimmung wegen des erheblichen Mehraufwands der Beklagten für...