Entscheidungsstichwort (Thema)
Übereinkommen zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz vom 13.4.1892 (RGBl. 1894 S. 511; 1903, S. 181) Art. 5
Leitsatz (amtlich)
1. Eine als rechtserhaltende Zeichennutzung i.S.d. § 26 Abs. 1 MarkenG in Abgrenzung zu rein formalen Benutzungshandlungen anzuerkennende wirtschaftlich sinnvolle Zeichenverwendung setzt nicht voraus, dass die mit der Marke versehenen Produkte in einer größeren Stückzahl hergestellt oder vertrieben werden. Auch der Vertrieb von gekennzeichneten Waren in verhältnismäßig geringem Umfang kann für den Rechtserhalt der eingetragenen Marke genügen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Verwendung des Zeichens in dieser Größenordnung ein wirtschaftlich sinnvolles Nutzungskonzept zugrunde liegt, und nichts dafür spricht, dass das Zeichen nur zum Zwecke der Rechtsverteidigung in Kraft gehalten werden soll.
2. Eine ernsthafte Markenbenutzung der Markeninhaberin ergibt sich nicht bereits daraus, dass ein Parallelimporteur in nicht unerheblichem Umfang die von der Markeninhaberin im EU-Ausland in den Verkehr gebrachte Ware nach Deutschland importiert und hier vertreibt. Die Nutzung der Marke im Wege des Parallelimports ist keine Nutzung i.S.d. § 26 Abs. 3 MarkenG, denn ein bloßes Dulden der Handlungen Dritter ist keine der Markeninhaberin zuzurechnende rechtserhaltende Benutzung.
3. Nach der Regelung des Art. 5 des Übereinkommens zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reich betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz vom 13.4.1892, welche von der Neufassung des MarkenG nicht tangiert worden ist, hat die Benutzung der Marke des ausländischen Unternehmens in seinem Heimatstaat (Schweiz) die Erhaltung des Markenrechts in Deutschland zur Folge. d.h. die Benutzung der Marke in der Schweiz für die registrierten Waren führt dazu, dass insoweit auch von einer Benutzung i.S.d. § 26 MarkenG auszugehen ist.
4. Zur Verwechslungsgefahr zwischen der Marke PADMASSINI und den Marken PADMA (auch als Bestandteil eines Serienzeichens) sowie PADMA DIGESTIN, PADMA LAX, PADMA 28 und PADMA BASIC.
Normenkette
MarkenG § 4 Nr. 1, § 5 Abs. 2, § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, § 15 Abs. 2, 4, §§ 26, 107; GMV Art. 9 Abs. 1 lit. b); PVÜ Art. 8
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 11.01.2005; Aktenzeichen 312 O 875/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 11.1.2005 - 312 O 875/04, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 4/5 und die Beklagte zu 1) allein zu 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung wegen des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in der genannten Höhe leistet. Wegen der Kosten können die Beklagten die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 250.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten vornehmlich aus Markenrecht auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung "PADMASSINI" und die Beklagte zu 1) auf Löschung ihrer gleichlautenden Marke in Anspruch
Die in der Schweiz (...) ansässige Klägerin (Anlage K 22) stellt pflanzliche Heilmittel und Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage tibetischer Rezepturen her (Anlage K 1). Vormals firmierte die Klägerin bis zum März 1999 unter der Bezeichnung "PADMA Aktiengesellschaft für tibetische Heilmittel" mit Sitz in Z. (Schweiz/Anlage K 22).
In der Schweiz vertreibt die Klägerin verschiedene PADMA-Arzneimittel, z.B. PADMA 28 (Anlage K 2), PADMA LAX, PADMA Grippe-Formel, PADMA Erkältungsformel, PADMA Husten-Formel etc. (Anlagen K 38 und K 39). Das Produkt "PADMA 28" wird in der Schweiz als zugelassenes Arzneimittel vertrieben (Anlage K 4). In Deutschland, wo dieses Produkt nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung verfügt, wird es von der Fa. P. GmbH, welche von der Klägerin beliefert wird (Anlage K 3), auf den Markt gebracht. Ebenso verhält es sich mit dem Präparat "PADMA LAX" (Anlagen K 3 und K 38).
Außerdem wird "PADMA 28" in einer etwas abgewandelten Zusammensetzung von der Klägerin in verschiedenen europäischen Ländern als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben. Nach Österreich liefert die Klägerin das Produkt "PADMA 28" in etwas geänderter Zusammensetzung als "Verzehrprodukt" im Sinne des Österreichischen LebensmittelG (Anlage K 5). Unter anderem von dort importiert es die Beklagte zu 1) nach Deutschland (Anlage K 6).
Über die PADMA-Produkte der Klägerin ist sowohl in verschiedenen deutschen Printmedien (Anlagen K 7 bis K 19), als auch in verschiedenen deutschen ...