Leitsatz (amtlich)

1. Das generelle Werbeverbot des § 8 HWG, bestimmte Arzneimittel im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Abs. 3 AMG zu beziehen, gilt auch ggü. Apotheken. Wird diesen eine Produktliste mit derartigen Arzneimitteln übersandt, so liegt darin eine unzulässige produktbezogene, aktive Absatzwerbung vor. Es geht insoweit nicht etwa um einen Schriftwechsel auf eine konkrete Anfrage zu einem bestimmten Arzneimittel. Andernfalls würde der Ausnahmecharakter des § 73 Abs. 3 AMG praktisch aufgegeben werden.

2. Art. 86 Abs. 2 Spiegelstrich 3 Richtlinie 2001/83/EG steht dem nicht entgegen, ebenso nicht der verfassungsrechtliche Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit.

 

Normenkette

AMG § 73 Abs. 3; HWG § 8; RL 2001/83/EG Art. 86 Abs. 2 Sp. 3; UWG § 4 Nr. 11

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 12.10.2004; Aktenzeichen 312 O 741/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragstellerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 12.10.2004 abgeändert, soweit nicht die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag in der Berufungsverhandlung nicht weiter verfolgt hat.

Die Beschlussverfügung des LG vom 9.8.2004 wird mit der Maßgabe erneut erlassen, dass der Antragsgegnerin bei Vermeidung der vom LG angedrohten Ordnungsmittel verboten wird, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Einzelimport von Arzneimitteln nach § 73 Abs. 3 AMG zu werben, wenn dies in allgemeinen Produktlisten erfolgt, die die Angabe des Arzneimittels, der Packungsgröße und des Preises enthalten, wie dies in der als Anlage AS 1 in Kopie vorgelegten Allgemeinen Produktliste der Antragsgegnerin geschehen ist, und zwar durch das Versenden von Preislisten an Apotheker.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Antragstellerin 1/5 und die Antragsgegnerin 4/5.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren zunächst auf 150.000 EUR festgesetzt, er ermäßigt sich nach der nur noch eingeschränkten Antragsstellung in der Berufungsverhandlung auf 120.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin ist eine Münchner Apotheke und bietet auch Arzneimittel im Einzelimport an. Die Antragsgegnerin vertreibt ebenfalls Arzneimittel im Einzelimport und steht mit der Antragstellerin im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin gibt eine "Allgemeine Produktliste der Firma B-... GmbH" (Anlage ASt AS 1 - im Folgenden: Produktliste) an Apotheken ab. Die Antragstellerin beanstandet das als eine unzulässige Werbung für den Einzelimport von Arzneimitteln nach § 73 Abs. 3 AMG.

Im vorliegenden Verfügungsverfahren wird die Antragsgegnerin deswegen auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die beanstandete Produktliste (Anlage ASt AS 1) ist in drei Spalten nach "Produktbezeichnung", "Einheit" und "Preis" gegliedert, unter der Rubrik: "Produktbezeichnung" sind die jeweiligen Arzneimittelbezeichnungen und unter "Einheit" die betreffenden Darrreichungsformen und Wirkstoffstärken aufgeführt (z.B. auf S. 1 für "Abilify" unter "Einheit": "30 Tab. - 20 mg). Die Antragstellerin verweist darauf, die Produktliste enthalte fast nur Arzneimittel, die in Deutschland nicht zugelassen seien und zulässigerweise nur im Wege des Einzelimports gem. § 73 Abs. 3 AMG bezogen werden könnten. Teilweise sei aus der Produktliste selbst ersichtlich, aus welchen Ländern der Import erfolgen solle (z.B. ASt AS 1, S. 1: "Alkeran - Italien"), aber auch bei den Arzneimitteln, die in der Produktliste ohne Länderangabe geführt sind, handele es sich um nicht in Deutschland zugelassene Arzneimittel (so z.B. dort auf S. 2 alle Arzneimittel, ausgenommen Avodart; vgl. dazu eidesstattliche Versicherung S.-...: Anlage ASt AS 5).

Im vorliegenden Verfügungsverfahren hat das LG mit seiner Beschlussverfügung vom 9.8.2004 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Einzelimport von Arzneimitteln nach § 73 Abs. 3 AMG zu werben, insb. wenn dies in allgemeinen Produktlisten erfolgt, die die Angabe des Arzneimittels, der Packungsgröße und des Preises enthalten, wie dies in der als Anlage AS 1 in Kopie vorgelegten Allgemeinen Produktliste der Antragsgegnerin geschehen ist.

Durch Urteil vom 12.10.2004 hat das LG seine Beschlussverfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrag zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin mit dem Antrag (ursprüngliche Antragsfassung: Bl. 98-99), unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beschlussverfügung mit der Maßgabe erneut zu erlassen, dass der Verbotsausspruch wie folgt lautet:

Im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Einzelimport von Arzneimitteln nach § 73 Abs. 3 AMG zu werben, wenn dies in allgemeinen Produktlisten erfolgt, die die Angabe des Arzneimittels, der Packungsgröße und des Preises enthalten, wie dies in der als Anlage AS 1 in Kopie vorgelegten Allgemeinen Produktliste der Antragsgegnerin geschehen ist, und zwar durch das Versenden von Preislisten an Apotheker.

Die Antragsgegn...

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