Entscheidungsstichwort (Thema)

Namenserteilung für ein nachgeborenes Kind nicht verheirateter Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bindungswirkung der Namenserteilung für ein erstgeborenes Kind nicht verheirateter Eltern (§ 1617 Abs. 1 S. 3 BGB) tritt nur für solche nachgeborenen Kinder ein, für die eine gemeinsame elterliche Sorge begründet wird.

2. Solange eine gemeinsame elterliche Sorge nicht besteht, ist die Mutter nicht gehindert, einem nachgeborenen Kind gem. § 1617a Abs. 2 BGB den Namen des Vaters zu erteilen. Einer solchen Namenserteilung kann nicht durch eine analoge Anwendung des § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB entgegengetreten werden.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 01.12.2003; Aktenzeichen 23 T 655/03)

AG Bielefeld (Aktenzeichen 3 III 106/03)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf die erste Beschwerde des Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des AG vom 25.9.2003 abgeändert.

Der Standesbeamte des Standesamts C. wird angewiesen, dem Eintrag Nr. ... im Geburtenbuch des Standesamtes C. einen Vermerk des Inhalts beizuschreiben, dass das Kind D. den Familiennamen "S." führt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind nicht miteinander verheiratet und haben vier gemeinsame Kinder. Die erstgeborene Tochter B. kam am 6.2.1999 in M. zur Weil und führt den Familiennamen ihrer Mutter als Geburtsnamen ("T."). Die Geburt wurde am 22.2.1999 vom Standesamt M. beurkundet. Zum Zeitpunkt der Beurkundung lagen dort auch die Vaterschaftsanerkennung und die Erklärung über die gemeinsame Sorge vom gleichen Tage vor. Eine Neubestimmung des Geburtsnamens des Kindes B. ist nicht erfolgt.

Am 22.2.2000 wurde die zweite gemeinsame Tochter L. geboren. Die Geburt wurde am 10.3.2000 beim Standesamt C. beurkundet. In dem Geburtseintrag 957/2000 des Standesamtes ist vermerkt, das Kind L. führe den Familiennamen "S.". Zum Beurkundungszeitpunkt lagen die Vaterschaftsanerkennung und die Erklärung über die gemeinsame Sorge vom 9.3.2000 vor (nach Angabe des Beteiligten zu 3) ist insoweit ein Berichtigungsantrag in Vorbereitung).

Am 17.6.2003 wurden in C. die Zwillinge D1 und D. geboren. In den Geburtseinträgen für beide Kinder wurde am 20.6.2003 der Familienname "T." eingetragen. Am gleichen Tag hat der Beteiligte zu 2) für beide Kinder die Vaterschaft anerkannt. Die Beteiligte zu 1) hat den Anerkennungen am 1.7.2003 zugestimmt. Gleichzeitig erteilte sie mit Einwilligung des Beteiligten zu 2) dem Kind D. den Familiennamen des Vaters als Geburtsnamen. Die Zwillingstochter D1 soll nach dem Willen der Beteiligten zu 1) und 2) jedoch den Familiennamen nach der Mutter als Geburtsnamen behalten. Die Beteiligten zu 1) und 2) streben an, dass die Hälfte der Familienmitglieder den Namen nach der Mutter und die andere Hälfte den Namen nach dem Vater erhält. Eine Erklärung hinsichtlich des gemeinsamen Sorgerechts für die Zwillinge liegt - bislang - nicht vor, ist aber beabsichtigt.

Der Standesbeamte des Standesamtes C. hat mit Schreiben vom 3.7.2003 die Sache gem. § 45 Abs. 2 PStG dem AG zur Entscheidung vorgelegt im Hinblick auf Zweifel an der Wirksamkeit der Erklärungen zur Namenserteilung für das Kind D. Der Beteiligte zu 3) hat die Vorlage des Standesbeamten mit Schreiben vom 10.7.2003 an das AG weitergeleitet und darauf hingewiesen, dass die Bindungswirkung der Namenserteilung für das erstgeborene Kind B. infolge der Sorgeerklärung der Beteiligten zu 1) und 2) sich auch auf das zweitgeborene Kind L. erstreckt habe. Zweifelhaft sei, ob diese Bindungswirkung unabhängig von den bislang nicht abgegebenen Sorgeerklärungen auch für die letztgeborenen Zwillingskinder gelte.

Das AG hat es durch Beschluss vom 25.9.2003 abgelehnt, den Standesbeamten zur Beischreibung eines Randvermerks des Inhalts anzuweisen, dass das Kind D. den Familiennamen S. führt. Die hiergegen im Interesse einer einheitlichen und geordneten Amtsführung im Standesamtswesen durch den Beteiligten zu 3) am 8.10.2003 eingelegte Beschwerde hat das LG durch Beschluss vom 1.12.2003 zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) mit dem Ziel der Herbeiführung einer obergerichtlichen Entscheidung dazu, ob im Rahmen der Vorschrift des § 1617a BGB eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 1617 Abs. 1 S. 3 BGB über die Namenserstreckung möglich ist.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 S. 2 PStG, 277, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Der Beteiligte zu 3) hat als Standesamtsaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 2 PStG ein von einer Beschwer unabhängiges Beschwerderecht, von dem er Gebrauch machen kann, um über eine Streitfrage eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (BGH v. 2.3.1979 - IV ZB 41/78, BGHZ 73, 370, [371] = NJW 1979, 1775).

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer gem. § 49 Abs. 1 S. 2 PStG zulässigen Erstbeschwerde des ...

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